Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
Gier nach Geld und der Verlust eines inneren Gleichgewichts, zum Verlust des Du in mir selbst.
Das Nein als absolute Weigerung begriffen, führt in die Isolation. Es kommt darauf an, das Nein als eine notwendige Abgrenzung einzusetzen, und zwar durchaus konsequent, ein Ja aber bereitzuhalten, mit dem ich
mich wieder einem Austausch nähern kann, dem Austausch mit anderen Menschen, dem Austausch von Ideen, dem Austausch von Gefühlen. Das heißt nicht nur, sich den anderen mitteilen zu können, sondern auch mit ihnen zu teilen. Wir wissen ja, wer als der »Geist, der stets verneint« im Mythos lebt. In der Fähigkeit, Nein sagen zu können, ohne ein Neinsager zu werden, liegt der richtige Umgang mit Ja und Nein, mit Nähe und Distanz.
Selbstablehnung
Das Nein existiert nicht nur zwischen mir und den anderen, zwischen mir und meiner Umgebung, sondern auch, heute vielleicht mehr denn je, als Nein zu sich selbst. Es wirkt besonders zerstörerisch. Das Nein zu mir selbst lässt sich auch als ein Ich ohne Du betrachten, denn es bedeutet, dass ich es nie zu einem inneren Dialog kommen lasse. Es gibt Menschen, die ihr Aussehen oder ihren Körper nicht akzeptieren. Ein Nein zu mir selbst, zu meinem Körper, zu meinem Gesicht oder zu meiner Art zu sein, setzt ein Werk der Zerstörung in Gang. Es fördert negative Gefühle in mir, und wenn ich mich selbst nicht akzeptiere, kann ich auch nicht in Austausch mit anderen treten. Vielleicht akzeptiere ich Teile in mir, aber da ich den Dialog verweigere, kommt es nicht zu Veränderungen, kann ich nichts kompensieren. Ich werde gar nicht danach fragen, ob das, was mir an mir selbst nicht gefällt, notwendigerweise auch anderen nicht gefallen muss. Vielleicht gefällt es ja anderen - und das wäre für mich ein Kapital, das ich zum Austausch einsetzen könnte. Stattdessen sehen wir, welchen Zuspruch die plastische Chirurgie heute verbuchen kann, wie sich junge Mädchen krank hungern, nur weil sie ein paar Pfunde zu viel am Leib nicht akzeptieren. Wenn ich jeden Morgen in den Spiegel schaue und mich nicht akzeptieren kann, kein Ja zu mir sagen kann, ist mir der Tag verdorben. Ich habe ein fremdes Bild, ein Wunschbild, in mir aufgebaut, wie ich mich sehen möchte, aber die Realität sieht anders aus. Ich verbanne mich selbst, mein wirkliches Bild, in diesem Moment. Dieses andere Ich, dieses Wunschbild meiner Fantasie, kommt mit meinem eigenen Ich in keinen Dialog. Ich distanziere mich durch dieses Nein von mir selbst und kann mich mir selbst nicht mehr
nahebringen. Ich entwickle mir selbst gegenüber ein Fremdgefühl, eine Distanz, die an mir nagt und zu einer Verkümmerung meines wahren Ich, meiner ursprünglichen Persönlichkeit führen kann, weil kein Austausch stattfindet. Vielleicht lohnt es sich einmal zu versuchen, auch die Erscheinungsformen an mir zu akzeptieren, die mir vielleicht nie recht gefallen haben, vielleicht bemühe ich mich einmal, die Vorteile herauszufinden, die mir eine solch ungeliebte Seite an mir bringen könnte. Denn es existiert nichts an uns, was durch Kompensation mit etwas anderem nicht vorteilhaft für uns sein könnte, weil ein Minus auf der einen Seite fast regelmäßig ein Plus auf einer anderen Seite entwickelt. Wenn ich diesen Austausch akzeptiere, wenn ich weiß, dass gewisse Lebensumstände oder ein bestimmtes Aussehen, das mir nicht gefällt, im Zuge einer Überlebensstrategie auf der anderen Seite positive Kräfte für mich entwickeln. Wenn ich diese Seite in mir anzunehmen bereit bin, habe ich ein Ich gewonnen, das mit einem Du in mir in Dialog treten kann, um neue Möglichkeiten zu entdecken. Wir sollten so weit kommen, dass wir uns morgens im Spiegel anschauen und sagen können: »Du gefällst mir! Du bist in Ordnung!«
Natürlich lässt sich dieses Selbstverständnis nicht verallgemeinern. Verhilft ein chirurgischer Eingriff tatsächlich zu der beschriebenen positiven Akzeptanz unserer selbst, ist er gerechtfertigt. Die positive Einstellung zu uns selbst sollte stets Vorrang erhalten.
Wichtig ist mir auch, dass wir lernen, uns von manchen unserer Gedanken, von manchen unserer Taten zu distanzieren. Gewiss könnten wir sie auch nur kritisch betrachten. Es kommt aber vor allem darauf an, in einen inneren Dialog zu finden, der mir die Frage nahelegt: »Wie kann ich in einen Austausch mit den positiven Seiten in mir zu einem Ergebnis gelangen, das nichts unterschlägt und doch meiner Entwicklung zugute kommt?« Halten wir diese positiven
Weitere Kostenlose Bücher