Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
Aspekte sozusagen unter Verschluss und rühren lieber gar nicht daran, sodass es zu keiner inneren Balance kommen kann, tragen sie zur Entwicklung eines kalten Egoismus bei, führen in eine negative Verschlossenheit, die positive Kommunikation unterbindet. Denn wenn ich mich nicht mit mir selbst identifiziere, distanziere ich mich von mir. Wenn wir jedoch lernen, zu uns selbst zu stehen, das eigene Ich zu akzeptieren, bleiben wir zu uneingeschränkter Kommunikation fähig. Wir sollten also unsere ungeliebten Seiten nicht
totschweigen. Denn das bedeutet nicht mehr und nicht weniger als ihre Verbannung. Es ist besser, sich den inneren Widerspruch einzugestehen als ihn zu leugnen. Erst die Auseinandersetzung mit den Eigenschaften, die uns stören, verschafft uns die Möglichkeit, mit ihnen umzugehen und das ihnen gegenüber entwickelte Distanzgefühl zu verarbeiten. Jene Disassoziierung, die einer gewissen Distanz von uns selbst oder bestimmten Eigenschaften, also einer Verleugnung, entspricht, kann uns eine größere Einsicht in unsere innere Struktur verschaffen, uns positive und negative Strömungen, die uns bewegen, genauer erkennen lassen. Was wir zu fürchten haben, ist immer nur der Stillstand durch Verbannung. Wie anders wäre die berühmte Geschichte aus dem antiken Mythos verlaufen, hätte König Laios von Theben, der Vater des Ödipus, nicht einen Teil von sich verbannt, nur weil eine Prophezeiung (ein Orakel) sagte, er werde einst von Sohneshand sterben? Statt sich mit dem Orakelspruch auseinanderzusetzen und nach positiven Alternativen zu suchen, hat er seinen Sohn verbannt, ihn ausgesetzt, damit er zu Tode käme. Als sich beide viele Jahre später an einem Kreuzweg wieder trafen, erkannten sie einander nicht. König Laios war für Ödipus ein Fremder, sie gerieten in Streit, und Ödipus erschlug den alten Mann, unwissend, dass es sein leiblicher Vater war. Wie wäre die Geschichte ausgegangen, hätte Laios den Sohn damals nicht verbannt oder hätte Ödipus gewusst, dass der alte Mann sein Vater war, hätte er ihn dann im Streit erschlagen? Ödipus, der sich noch tiefer in Unheil und Schuld verstrickte, bestrafte sich schließlich selbst. Er stach sich die Augen aus. Die Verbannung, die ihm widerfahren war, hatte ihn in Unkenntnis gezwungen. Was wir zur Unkenntnis verbannen, bringt regelmäßig nur Zerstörung mit sich zurück. König Laios hatte die Nähe zu seinem Sohn verworfen, sie verbannt, indem er Ödipus im rauen Gebirge aussetzen ließ. Was zurückkam, war Zerstörung und Blindheit. Der Mythos von Ödipus hat zu zahllosen Gleichnissen Anlass zu geben. Mir kam er im Zusammenhang mit der Verbannung von Teilen unseres eigenen Ich in den Sinn, mit der wir Schwierigkeiten aus dem Weg gehen wollen und doch nur Zerstörung anrichten, statt Austausch und einen Ausweg zu finden. Nur wenn wir uns den Anzeichen negativer Eigenschaften stellen und eine Nähe zu ihnen suchen, statt sie zu verbannen und zu negieren, können wir auch Optionen einer positiven Wandlung finden.
Angst - das lebensfeindliche Element
Angst begleitet uns von früh an durch unser soziales Leben, weil wir von vornherein unter dem Druck stehen, Erwartungen anderer zu erfüllen und später auch selbst gesteckte Ziele uns bedrängen. Die landläufige Regel: »Wie es in mir aussieht, geht niemanden etwas an«, schafft bereits das erste Feindbild von der Gesellschaft. Man füttert uns eher mit Misstrauen und Angst als mit Hoffnung, Liebe und Vertrauen. Menschen, die von dieser Angst, ausgelöst von eigenen schlechten und natürlich stark dramatisierten Erfahrungen, geprägt sind, distanzieren sich vom Leben selbst. Sie haben Angst davor, etwas zu erleben, überhaupt Kontakt mit anderen aufzunehmen, und kultivieren in sich selbst permanent negative Gefühle. Sie sind voller Misstrauen. Und Misstrauen schafft immer Distanz.
Der Standpunkt eines Menschen ist eine wesentliche Position. Wo stehe ich? Wer keinen Standpunkt hat, ist auch nicht in der Lage zu definieren, wem er nahe ist und was ihm fernsteht. Nur wenn ich mich positioniere, lerne ich meine Postion zu den anderen kennen. Nur wenn ich mich in meinem Denken, in meiner Weltanschauung, in meiner Beziehung zu Menschen und Ideen festlege, kann ich erkennen, wo ich stehe. Wobei dieser Standpunkt nicht unveränderbar sein muss. Ich sage immer wieder: Starrheit ist Tod, Leben heißt immer Bewegung, heißt immer Veränderung. Nur das, was sich verändert, wirkt auf uns, nur das, was wir beim
Weitere Kostenlose Bücher