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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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Jugend verschlungen.
    Mir widerfuhr es, daß ich als erstes Buch den Band »Ich« bekam, als zwölfjähriger. Und deshalb kann von Faszinosum in meiner Kindheit keine Rede sein. »Winnetou« las ich nicht, weil mir das Unhappy-Ending zuvor mitgeteilt worden war. Aber dann geriet ich an den Roman »Durch das Land der Skipetaren«, der heute wieder zu trauriger Aktualität gekommen ist. Der Mübarek hat mich denn doch sehr gefesselt. Auch die anderen Orientgeschichten, die Abenteuer des Kara Ben Nemsi, habe ich gelesen: »Durch die Wüste«, »Durchs wilde Kurdistan«, »Von Bagdad nach Stambul«, »In den Schluchten des Balkan«, »Der Schut«. Doch leider erinnere ich mich an nichts mehr. Die Schulkameraden konnten natürlich sämtliche Namen Hadschi Halef Omars herleiern, ich beteiligte mich daran nicht.
    In Antiquariaten steht noch ab und zu eine Erstausgabe, der unverwechselbare Einband fällt ja sofort auf, ziemlich
irrsinnig teuer, von graumelierten Herren mit Spitzbart sehr gesucht. Die Nachdrucke im gleichen Gewande, aber vereinfacht und neu, stehen daneben als Meterware. Ich kann mich nicht überwinden, die Bücher noch einmal zur Hand zu nehmen.
    Karl Mays Flunkern, das so manchen abgestoßen hat, störte mich nie. Auch nicht die Aufschneidereien. Ich kann allerdings nicht sagen, daß mir die endlose Reihe seiner Publikationen besonderen Eindruck gemacht hätte. Aber wer weiß denn, was für Geschichten er seinen Mithäftlingen auftischte. Ich sehe sie noch in Bautzen sitzen, im Schneidersitz, und ihren Kameraden die Zeit verkürzen, die Geschichtenerzähler … Und das hat er sicher auch getan, in seinen acht Gefängnisjahren. Diese Erfindergabe sondergleichen, das unbegreiflich Menschliche aus dem Nichts zu schaffen, die Nuß zu öffnen und ein goldenes Spinnrad herauszuholen, die Geburt der Literatur aus der komprimierten Kraft einer Zelle, das hat etwas Urzeitliches, das mich stets gerührt hat.

Herman Melville
    Herman Melville, der Mann mit dem Rauschebart, war schottischer Abstammung. Seine Vorfahren spielten in der amerikanischen Revolution eine große Rolle; ein Großvater war Mitglied der Boston Tea Party, der andere ein Freund von James Fenimore Cooper (Lederstrumpf!), sein Vater ein reicher Kaufmann in New York.
    Bankrott und früher Tod des Vaters beendeten eine glückliche Kindheit, Verwandte mußten die notleidende Familie unterstützen. Melville verließ im Alter von fünfzehn Jahren die Schule und arbeitete bei einer Bank, dann auf der Farm eines Onkels in Pittsfield, Massachusetts.
    Weil er keine richtige Arbeit fand, ging er drei Jahre später als Schiffsjunge zur See, fuhr auf dem Handelsschiff »St. Lawrence« nach Liverpool, dann auf dem Walfänger »Acushnet« von New Bedford aus in die Südsee. Im Juli 1842 sprang er vor den Marquesas-Inseln (Französisch-Polynesien) zusammen mit einem Kumpan über Bord, lebte vier Monate bei Kannibalen. In seinem ersten Roman, »Taipi«, hat er diese Zeit beschrieben, das Leben
der Eingeborenen als idyllische Gegenwelt zur Zivilisation.
    Wieder heuerte er auf einem Walfänger an, wurde in eine Meuterei verstrickt und auf Tahiti ins Gefängnis geworfen, aus dem er aber ohne Schwierigkeiten entfloh. Seine letzte Walfangfahrt machte er als Harpunier auf der »Charles & Henry«.
    Die Veröffentlichung von »Taipi« (eine Taschenbuchausgabe gibt es bei Aufbau zu kaufen) im Jahr 1846 wurde ein großer Erfolg, so daß Melville das Wagnis einging, als freier Schriftsteller zu leben. Er heiratete die Tochter des Chief Justice of Massachusetts und unternahm längere Reisen nach Europa und in den vorderen Orient. Weitere Südseegeschichten wurden gedruckt. Man feierte ihn bald als einen der berühmtesten Schriftsteller Amerikas. Aber sein Ruhm war nicht von Dauer. »Moby Dick oder Der Wal«, 1851 zuerst in London erschienen, fand bei Kritik und Lesern wenig Beachtung. Bei einem Brand wurden die Matrizen seiner Bücher vernichtet. Als auch weitere Veröffentlichungen ohne Resonanz blieben, verstummte er als Schriftsteller.
    In seinen letzten Jahren war es still um ihn. Er lebte, von seinen Zeitgenossen vergessen, als Zollinspektor in New York, von Schicksalsschlägen blieb er nicht verschont. Sein Sohn Malcolm erschoß sich, der andere, Stanwix (unsereiner heißt bloß Walter!), auch ein Seemann, starb nach langer Krankheit. Melville schrieb jetzt vor allem Gedichte,
über den Bürgerkrieg, über die Seefahrt, die er als Privatdrucke verbreitete. Als er starb,

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