Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
druckte die Zeitung nur eine kleine Notiz.
Sein bedeutendstes Werk, »Moby Dick oder Der Wal«, hat ihm einen Platz in der Geschichte der Weltliteratur gesichert. Es gilt als die größte symbolistische Prosadichtung Amerikas und neben Homers Odyssee als eine der bedeutendsten Seegeschichten der Weltliteratur.
Mich wundert, daß in unserem tierschützerischen Mitteleuropa dieses Buch noch immer nicht verpönt ist. Sind doch die Wale seit über hundert Jahren vom Aussterben bedroht. Außerdem ärgert es mich, aber das hat nichts mit Melville zu tun, daß die jungen Walschutzmädchen silberne Nachbildungen dieser Tiere mit dem Schwanz nach oben an ihre Kettchen hängen.
Henry Miller
Henry Miller, der große amerikanische Autor, der bei Rowohlt in der Coca-Cola-Fabrik Tischtennis spielte mit Ledig (in Hosenträgern) und der in seiner Prosa so weit ging, uns das Geräusch zu beschreiben, das das Öffnen einer Scheide verursacht, stammte aus deutscher Familie. Der Großvater war aus Hessen eingewandert. Seine Eltern, selbst in New York geboren, gaben ihm den Namen Heinrich Valentin. »Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe«, stand in deutscher Sprache über dem Taufschein.
Die Gegend in Brooklyn wurde »Klein Deutschland« genannt, Biergärten, Bäckereien, Schneider, Friseure, Zeitungen, alles war deutsch. Miller hat im Alter festgestellt: »Bevor ich zur Schule ging, sprach ich nur Deutsch, und die Atmosphäre, in der ich aufwuchs, war durch und durch deutsch.« Seine Kindheit verbrachte er als »typischer junger Gangsteramerikaner«: auf der Straße, zwischen Konservendosenfabrik und Fischräucherei. Der Slang der Vorstadt war die erste Sprache, die er begierig erlernte.
Schon früh hatte er Frauengeschichten, suchte das weibliche Idealbild und hielt sich doch an Reelles, begeisterte sich fürs Boxen und fuhr mit Gleichgesinnten Radrennen, ein aus Chemnitz importiertes Modell der Marke »Presto« bevorzugte er. Später in Paris sah er sich dann die Tour de France im Kino an. Er lebte von Gelegenheitsarbeiten, verdiente zwanzig Cents die Stunde in einer Zementfabrik, im Kriegsministerium, als Telegrammbote, und er verkaufte Gedichte an der Haustür.
Unter dem Eindruck der russischen Anarchistin Emma Goldman, deren Vorträge er besuchte, wandelte er sich zum Intellektuellen, las die moderne europäische Literatur, Dostojewski, Hamsun, Ibsen, Hauptmann, Wedekind, besonders Nietzsche wurde ihm wichtig.
Miller kehrte für wenige Jahre in die Schneiderwerkstatt des Vaters zurück, wo er den Angestellten Interpretationen des »Zarathustra« vortrug. Er las und schrieb unaufhörlich, debattierte nächtelang mit Freunden und zog durch Bars, Sporthallen und Bordelle. Die verzweifelte Mutter wünschte ihn sich statt dessen als Arbeiter, Gräben aushebend.
Die »ordentliche« Existenz lag ihm nicht, die amerikanische Gesellschaft war ihm verhaßt, das Kleinbürgerlich-Enge. Von 1930 an bis zum Krieg lebte er in Europa, meist in Paris, wo er mit zehn Dollar in der Tasche ankam und einem halbfertigen Roman. Er fand einen Verleger, der das Manuskript sofort verlor. Miller begann eine
intensive intellektuelle und erotische Beziehung mit der zwölf Jahre jüngeren spanischen Schriftstellerin Anaïs Nin, fand seinen Stil und schrieb seinen ersten erfolgreichen Roman, »Wendekreis des Krebses«. Im von den Deutschen besetzten Frankreich erschienen seine Werke ungehindert, erreichten hohe Auflagen und brachten ihm viel Geld ein.
Nach dem Krieg wurden die Bücher von amerikanischen Soldaten in seine Heimat eingeschmuggelt, wo die Zensur fast über dreißig Jahre die Veröffentlichung verbot. Erst der große »Pornographie«-Prozeß von 1962 brachte eine Wende. »Sexus«, der erste Teil einer autobiographischen Trilogie, die das wilde Leben der New Yorker Boheme, die sieben Jahre vor seiner Flucht nach Europa, beschreibt, konnte 1949 nur in Paris erscheinen, zu einer Zeit, als in unseren Kinos die Knef eine Viertelsekunde lang nackt zu sehen war. Millers für damalige Zeiten schockierend freizügige Behandlung der Sexualität erschloß für die große Literatur ein neues Thema. Er behandelte den Tabubruch als Auflehnung gegen die Bevormundung des Individuums durch Konventionen und moralische Instanzen der bürgerlichen Gesellschaft.
Auch als Maler war Miller produktiv und erfolgreich. Im Jahr 1943 soll er zwei- bis dreihundert Aquarelle gemalt haben, die heute bis zu zwanzigtausend Dollar kosten. Seiner
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