umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
sein«, sagte Winnie. »Warten wir doch mal die Untersuchungsergebnisse der Rechtsmediziner und der Spurensicherung ab. Noch ist alles Spekulation.«
»Für reine Spekulation haben wir aber jede Menge Ärger«, gab ich zu bedenken. »Der Seidel knotet aus den Hypothesen schon die Schlinge für unsere Hälse.«
»Hey, das war gerade reine Poesie, Maggie.« Elli kicherte und nahm sich noch einen Brause-Buddha.
Die Geschichte, die Winnie erzählt hatte, war schlüssig. Jedenfalls schlüssiger als das, was Borowski versucht hatte, uns weiszumachen. In Winnies Version passten die Puzzleteile wieder zusammen. Borowski war nicht zuerst im Musikzimmer gewesen. Es war, wie so oft, einfach genau andersherum. Und Borowski, wie immer, ein ziemlich schlechter Lügner.
»Bleiben immer noch der Flachmann und die Fingerabdrücke. So schnell holt der Seidel seine Zähne nicht aus Rudis Nacken«, sagte ich.
»Aber Frau Abendroth, dafür bin ich doch da.«
»Das ist aber auch das Einzige, was mich an der Sache beruhigt, Dr. Herzig.«
»Und wer hat jetzt wirklich den Van der Baack umgebracht?«, fragte Elli.
»Und wo ist dat Porzellan aus Herrmanns’ Laube?«, setzte Berti nach. »Und wer hat die angezündet? Warss du dat, Maggie?«
»Nein, das war ich nicht. Bestimmt nicht … Was ist eigentlich in dem Safe, den du aus dem Schutt gerettet hast?«, fragte ich Berti.
»Dat weiß ich nich, ’n Safe is’n Safe, weil man den nich so schnell aufkricht. Verstehsse? Der Winnie kümmert sich drum.«
Winnie guckte seine Oma fragend an.
»Erzähl ich dir später. Und wer hat gezz diese Fiedel? Um die geht et doch, oder? Der Teller is doch gar nich geklaut? Bleibt doch nur die Fidel und Herrmanns’ Porzellan.«
»Viola d’amore. Die Polizei muss den Fahrer des Wagens finden, mit dem Herrmanns umgenietet wurde. Winnie, du musst diese Frau Heckel vorladen und verhören. Vielleicht gibt sie auch endlich zu, dass der Van der Baack den Herrmanns zur Geldübergabe geschickt hat. Die weiß viel mehr, als sie sagt. Ich bin mir sicher, die hat den Herrmanns zur Geldübergabe gefahren. Wenn sie nicht sowieso hinter allem selber steckt.«
»Erstens bin ich gar nicht im Dienst«, sagte Winnie. »Noch habe ich offiziell Urlaub. Und zweitens ist das nicht mein Fall, sondern der von meinem Kollegen Seidel.«
»Ha, ha, von Seidel, aber Karin und Peter …?«
»Was sagte ich gerade? Offiziell nicht mein Fall, Frau Abendroth.«
»Gezz hab dich ma nich so, Winnie. Et hat schon zwei Tote gegeben, und dein Kollege Seidel befindet sich schwer auffem Holzweg. Und ich hab ein Interesse da dran, rauszukriegen, wat da passiert is. Herrmanns und Borowski sind schließlich meine Freunde, und einer is gezz tot. Gib mich ma’n Cognac, Elli. Dat is mir allet zu viel.«
»Berti, wir reden nachher darüber. Bitte. Und mir auch einen Cognac, wenn du schon mal dabei bist«, sagte Winnie.
»Wenn du et nich machs, dann krich ich dat raus, Winnie, dat schwör ich dir.«
Herzig hob zaghaft seine rechte Hand. Elli nickte und ging zum Wohnzimmerschrank, öffnete eine Tür und holte Gläser und eine Flasche ohne Etikett mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit heraus. Sie sah mich fragend an. Ich schüttelte den Kopf. »Für mich nicht, Elli.«
Als sie eingeschenkt hatte, hoben alle ihr Glas und ich meine Teetasse. Berti sagte: »Auf Borowski.«
Nach einer angemessenen Gedenkminute brach ich das Schweigen: »Weißt du was, Winnie? Ich habe da eine ganz inoffizielle Idee. Matti und ich haben einen Hemdenknopf, könnte aber auch ein Blusenknopf sein, auf der Treppe in Van der Baacks Villa gesehen. Interessant zu wissen, an wessen Hemd der wohl fehlt.«
»Schon notiert, Miss Marple. Ich ruf gleich mal in der Rechtsmedizin an, ob am Hemd von Borowski ein Knopf fehlt – oder an Van der Baacks …«
»Und lass dir die Blusen von der Heckel zeigen …«
»… die Leiche von Borowski müsste mittlerweile …«
»Winnie! Weisse wat? Dat is mir grad zu viel Information. Bring mich nach Hause, Lieblingsenkel. Bitte.«
Berti war ganz grau um die Augen, aber sie versuchte immer noch, tapfer durchzuhalten. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie die alte Dame es schaffte, einen Tiefschlag nach dem nächsten so ruhig wegzustecken. »So«, sagte Herzig, »… Frau Abendroth. Es wird Zeit. Wir gehen jetzt zu Seidel und nehmen das Beweismaterial mit.« Er schaute auf seine Uhr. »Ich denke, das, was wir zu sagen haben, ist interessant genug, dafür steht Herr Seidel gerne
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