umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
war ein Witz. Habe ich doch gern getan. Allerdings …«, Herzig klopfte mit den Fingern auf das Lenkrad und machte ein Gesicht, als müsse er eine schwere Entscheidung treffen, »… wenn ich mir Ihre Abenteuerbilanz der letzten Monate so anschaue, plädiere ich für den Abschluss einer Rechtschutzversicherung.«
»Ich werde drüber nachdenken«, sagte ich und schlug die Beifahrertür des Rover zu, die mit einem satten Klack ins Schloss fiel. Danke für den Tipp. Wenn ich zu Geld komme, gerne, aber noch kann man die Prämien für seine Versicherungen nicht im Ehrenfelder Eck auf den Deckel schreiben lassen.
Als ich hereinkam, saß Mia an ihrem Schreibtisch, die Augen starr auf den Computer-Bildschirm gerichtet. Ihre Lesebrille war ihr auf die Nasenspitze gerutscht. Neben der Tastatur stand ein dampfender Becher Kaffee.
»Hallo, Mia.«
Sie nahm die Brille ab und zwinkerte mich an.
»Wie siehst du denn aus?«
»Kann ich den Schlüssel zu Mattis Wohnung haben? Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Grüße von Carmen, übrigens.«
»Danke. Wir sind heute Nachmittag verabredet.«
»Spielst du jetzt auch in der Golf-Klasse?«
»Quatsch. Ich geh mit ihr zu Berti. Eigentlich dachten wir, Berti bräuchte Unterstützung wegen Borowskis Beerdigung, aber nix da. Wir knacken heute einen Safe, hat sie gesagt. Was ist denn jetzt mit Matti und Rudi? Hast du Neuigkeiten?«
Irgendwie irritierte mich die Information, dass die drei Damen, anstatt eine Totenwache zu halten, zum Tee lieber einen Safe knacken wollten. Bertis Gefühle würden mir wohl immer ein Rätsel bleiben.
»Herzig sagt, spätestens morgen hast du sie wieder. Der Seidel hat mich ausgequetscht. Was für eine Nacht. Erzähl ich dir alles später. Was macht deine Internetrecherche? Du kannst den Teller übrigens von der Liste streichen.«
»Hat Berti mir schon erzählt. Also dieser Borowski …«
»Tja, da fehlen einem die Worte, was?«
»Das sag ich dir. So, und jetzt zum Internet. Ich habe noch keine Ergebnisse für die Tassensammlung. Aber das will nichts heißen. Ich bleibe dran.«
Mia öffnete die Schreibtischschublade und holte den Schlüssel für Mattis Wohnung heraus.
»Wenn es Neuigkeiten gibt, weck mich.«
»Mach ich. Willst du dir was zum Naschen mitnehmen?«
»Wenn ich noch ein Teil von dem Süßkram essen muss, brauch’ ich ’ne Insulinpumpe. Aber trotzdem danke. Kann ich was von dem Espressopulver haben?«
Ich wartete ihre Antwort nicht ab, sondern schnappte mir ein Paket und ging. Die paar Meter über die Straße zu Mattis Wohnung zu gehen war plötzlich sehr anstrengend. Meine Beine wurden mit jedem Schritt schwerer. Und dabei hatte ich die Bürgersteigkante noch vor mir. Messner, ich weiß jetzt, wie du dich am K2 gefühlt hast.
Eine halbe Stunde später saß ich bibbernd im Pyjama in Mattis Schlafzimmer auf der Bettkante und war wieder hellwach. Aus den Restbüscheln meiner Haare tropfte das Wasser. Ich hätte lieber kein Bad nehmen sollen, und vielleicht hätte ich auch lieber nicht vier Espressi trinken sollen, und vielleicht hätte ich auch nicht in meiner Tasche herumwühlen sollen, auf der Suche nach meinen letzten Tabakkrümeln.
Ich hielt das Flugticket in der Hand. Heute wäre ich ja wieder in Düsseldorf gelandet – wenn ich denn jemals weg gewesen wäre.
Wütend riss ich das Ticket in kleine Schnipsel und stopfte sie in den überquellenden Aschenbecher. Weg mit Schaden. Ich trug den Aschenbecher in die Küche und kippte den Inhalt in den Mülleimer. Kaum hatte ich den Deckel zugeklappt, klingelte das Handy. Ich stürzte zurück ins Schlafzimmer in der Hoffnung, es könnten Rudi und Matti sein, die wieder auf freiem Fuß waren.
»Maggie! Maggie, bist du dran?«, tönte es aus dem Hörer, begleitet von vielen Stimmen und Nebengeräuschen, als stünde der Anrufer in einer großen Halle.
»Ja«, antwortete ich lahm. »Was willst du?«
»Hast du eigentlich ’n Vollknall? Wo warst du, und was hast du mit meinem Wagen gemacht? Bist du irre?!«, sagte der Knipser, und die schrille Stimme von Gracia kreischte dazwischen: »Sag der blöden Kuh, du zeigst sie an!«
Ich musste das kleine Telefon von meinem Ohr wegreißen, sonst wäre mir das Trommelfell geplatzt.
»Wo ich bin, geht dich gar nix an, und mit deinem Wagen habe ich überhaupt nix gemacht. Und jetzt tschüss. Und sag Gracia ’n schönen Gruß von mir, sie soll was mit ihren Stimmbändern machen lassen.«
»Hey, hey! Moment mal. An meinem Wagen fehlen
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