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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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einem Bahnsteig und neben ihnen, auf einem Gepäckwagen, der Koffer. »Das ist er ja. Und wem hat der mal gehört?«
    »Hat er nie verraten«, sagte Berti enttäuscht. Borowski schnäuzte sich die Nase.
    »Greta Garbo vielleicht. Die ist doch immer mit so was gereist. Ganze Kubikmeter davon hat die um die halbe Welt geschleppt. Oder Zarah Leander«, mutmaßte ich.
    Borowski guckte an die Decke, als erhoffte er sich von dort oben Beistand. »Der Koffer wech und der Flachmann. Dat wird den umbringen.«
    Ganz abgesehen davon, dass gerade was ganz anderes dabei war, Herrmanns womöglich umzubringen. »Ist der Flachmann nicht vielleicht doch bei seinen Sachen im Krankenhaus?«, fragte ich.
    »Der war nich bei seine Sachen«, klärte Berti mich auf. »Die Krankenschwester hat mir seine Sachen gezeicht. Da war keiner bei. Frach mich nich, wat da passiert is, aber vielleicht war et doch ein Überfall. Könnte doch sein.«
    »Hab ich den Polizisten auch schon gesagt. Nach simpler Unfallflucht sieht es nicht aus. Oder?«
    »Geld hamse auch keins bei ihm gefunden«, wandte Borowski ein.
    »Seit wann hatte der Herrmanns Geld inne Tasche? Der lässt überall anschreiben.«
    »Könnte es sein, dass die Sanitäter lange Finger gemacht haben?«, stellte ich als Möglichkeit in den Raum.
    »Ach wat. Wat soll denn ein Sanni mit so’n Koffer. Der Flachmann, na ja, der war versilbert. Aber dat glaub ich nich.«
    »Oder die Person, die ihn gefunden hat, vielleicht?«
    »Da kümmer ich mich drum. Aber sowat glaub ich nich«, sagte Berti überzeugt von der Ehrlichkeit des Retters.
    »Sollen wir gezz nich ma lieber gehen?«, schlug Borowski vor. »Ich kann nich mehr.«
    »Hass’ ja Recht. Komm, morgen is au’ noch’n Tach«, sagte Berti.
    Borowski drehte dem Gaslämpchen den Hahn zu, schloss hinter uns die Laube ab und deponierte den Schlüssel unter einem Blumentopf.
    »Willst du den Schlüssel nicht mitnehmen?«, fragte ich ihn.
    »Nee, ich hab einen eigenen. Dat da is Herrmanns’, und der bleibt da. So macht der dat immer, und ich werd da nix dran ändern.«
    »Aber …«
    »Nix aber! Wenn Herrmanns zurückkommt, dann muss dat genauso sein wie immer.«
    Oma Berti knuffte mich in die Seite, und ich hielt den Mund.
    Wir gingen über den dunklen Gartenweg in Richtung Ausgang. Zwei Wege weiter wurde eine Party gefeiert. Der Weg zu der Partylaube war von großen Kürbissen gesäumt, in denen Teelichte brannten.
    »Warum wohnt denn der Herrmanns hier und nicht in einer normalen Wohnung?«, fragte ich.
    »Weil er nich will«, sagte Borowski fast beleidigt. »Dat hier reicht ihm völlig; von Mietshäusern hat der die Schnauze voll. Zu viel Nachbarn und neugierige Nasen und Flur putzen und Schnee schippen und allet. Da hat er keinen Sinn für – der is sein eigener Herr.«
    »Nicht gerade bequem für so einen alten Mann«, sagte ich. »Kein Strom, kein Bad, kein nix.«
    »Wozu braucht der Herrmanns denn auch ’n Bad«, kicherte Oma Berti.
    Stimmt, wozu brauchte Herrmanns ein Badezimmer? Seine Devise war ja: Alkohol reinigt von innen.
    Als ich um Viertel nach eins im Café Madrid ankam, saß nur noch ein Gast an der Theke: der Knipser. Wegen der ganzen Aufregung um Herrmanns hatte ich ihn völlig vergessen. Kaum hatte ich auch nur eine Sekunde in seinem Lächeln gebadet, kam Raoul aus der Küche gefegt und raunzte: »Hätte ich machen können Feierabend schon vor eine Stunde.«
    »Das hätte aber Kai-Uwe nicht gerne gesehen. Cheffe sein heißt nicht, auf und zu machen, wann man will.«
    »Gast ist Gast«, sagte der Knipser, »und wir gehen ja jetzt.«
    Raoul griff sich den letzten Bierdeckel vom Tresen und warf ihn in den Mülleimer.
    Der Knipser ließ einen Zehner auf der Theke liegen. Wir nahmen die Feuerschutztür zum Hausflur. Auf dem Weg in die Wohnung begleiteten uns Raouls spanische Flüche.
    »Stell dir vor, Maggie, der Laden rappelvoll und der schickt die Bedienung nach Hause.«
    »So isser halt, unser spanischer Grande.«
    »Der hat mir noch nicht mal was zu essen gemacht. Auf meinen Kaffee hab ich eine halbe Stunde gewartet. Wo warst du überhaupt? Der Spinner hat gesagt, du hättest frei und er wüsste nicht, wo du wärst und ob du jemals wiederkommst.«
    »Es gab einen Unglücksfall, ich musste helfen.«
    »Was war denn?«
    »Ein Unfall … Aber das dauert jetzt zu lange, um das alles zu erklären.«
    Ich setzte Kaffee auf, kickte die Stiefel von den Füßen und setzte mich an den Küchentisch. Aus dem Augenwinkel konnte ich

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