umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
schlägt mich. Ich gebe ihn dir wieder. Vielleicht bis bald.«
»Tschüss, Nikolaj. Machs gut.«
Die beiden lachten und gackerten, dann klappte eine Tür zu, die Musik im Hintergrund brach ab. Dann hatte ich wieder Winnie am Apparat.
»Scheint super mit euch beiden zu laufen. Nikolaj ist ja nicht wiederzuerkennen.«
»Tja, ein Russe in seiner natürlichen Umgebung.«
»In einer Badewanne voller Wodka. Schon mit der Troika durch St. Petersburg gedüst?«
»Äh …? Nein. Wie kommst du auf Troika?«
»Was ist jetzt so falsch an der Troika? Ist doch russische Folklore, oder?«
»Das bedeutet hier … was anderes … Kann man so sagen.«
Ich verschluckte mich fast an meinem Kaffee. »Wow, habe ich gerade das Rätsel um die berühmte Petersburger Schlittenfahrt gelöst?«
Aus dem Hintergrund rief Nikolaj: »Was will sie mit einer Troika?«
»Okay, okay, Nikolaj, sie hat’s verstanden.«
»Ihr seid ja voll albern. Ihr trinkt euren Tee bestimmt nicht pur?«
»Warum auch? Es ist … halt lustig hier.«
»Ich kann’s mir lebhaft vorstellen. Wann muss Nikolaj wieder nach Amsterdam?«
»In zwei Wochen. Dann fangen die Proben für ein neues Stück an. Er choreografiert einen Shakespeare, stell dir das mal vor. ›Viel Lärm um nichts‹. Die Musik dazu wird der Hit. Wir hängen hier dauernd mit so einer Zigeuner-Band ab. Nikolaj nennt es Proben, ich nenne es den totalen Irrsinn. Erzähl ich dir alles später. Jedenfalls hat Nikolaj schon Premierenkarten für uns alle reserviert.«
»Na dann, ich wünsch ihm viel Glück. Wir machen besser mal Schluss, du vertelefonierst dein gesamtes Urlaubsbudget. Lass noch was für Oma übrig.«
»Bis bald, Maggie. Wir sehen uns bestimmt noch, bevor du fährst. Ich ruf dich an, wenn ich den Flug bestätigt habe.«
»Machs gut, Winnie. Danke, dass du angerufen hast.«
Zwei Stunden später hatte ich das Taxi geholt und stand vor Bertis Kiosk. Ohne einen Cent in der Tasche wollte ich nirgendwohin fahren. Also war die einzige Lösung, noch zwei Nächte zu arbeiten, um mir wenigstens einen Espresso auf dem Flughafen leisten zu können. Der Knipser soll sich ruhig Sorgen machen – oder Geld dalassen.
Nachdem ich von Berti erfahren hatte, dass es Herrmanns unverändert schlecht ging, war ich überrascht zu hören, dass Borowski Herrmanns’ Job übernommen hatte. Am Morgen, als Berti und Borowski im Krankenhaus gewesen waren, war dort ein Mann aufgetaucht, der sich als Chef von Herrmanns vorgestellt hatte. Adrian Van der Baack – Oma Berti zeigte mir seine Visitenkarte. Allerfeinstes Papier, bestimmt nicht im Internet bestellt oder am Automaten selbst gemacht. Als ich die Adresse las, blieb mir erst mal die Luft weg. Ihm gehörte die größte Villa am Stadtpark – und ich erinnerte mich, seinen Namen kürzlich in einem Artikel über Bochums Kulturmäzene gelesen zu haben. Irgendwie ging es um ein klassisches Musikfestival und Sponsoren, die sich zusammentun wollten. Tja, Erbe müsste man sein, dann könnte man sich den ganzen Tag mit schöngeistigem Kram beschäftigen und hätte sogar noch die Nerven, einen Herrmanns als Gärtner zu ertragen.
Herr Van der Baack hatte die Suchmeldung in der Zeitung gelesen – besser gesagt, seine persönliche Assistentin Frau Heckel hatte sie gelesen und ihm davon berichtet. Der feine Herr hatte sofort alle Termine abgesagt und sich auf den Weg ins Krankenhaus gemacht. Berti hatte ihn über Herrmanns’ Zustand informiert und ihn gleich gefragt, was der Herrmanns denn so Wichtiges für ihn zu erledigen gehabt hätte an dem Tag, als der Unfall passiert war. Van der Baack hatte geantwortet, dass es gar nichts Wichtiges gegeben habe. Gar nichts. Die Rosenstöcke aus England seien angeliefert worden, und Herrmanns war es, der sie unbedingt hatte sehen und versorgen wollen. Er sei in großer Sorge gewesen, dass sie nicht richtig gelagert würden.
»Der hat irgendwat vonne Rose gesacht, die Schultheis getauft worden is. Von so ’nem Briten. Furchtbar teuer. Als der Herrmanns fertig war mitte Rosen, war et wohl spät geworden, und dem Van der Baack seine Assistentin hat den Herrmanns nach Hause gefahren. Wat der dann noch später auffe Straße zu suchen hatte, wusste der auch nich.«
»Und warum macht der Borowski jetzt Herrmanns’ Job? Wie ist der denn da drauf gekommen?«
»War gar nicht Borowskis Idee, sondern die von dem Van der Baack. Der braucht dringend jemanden für sein Anwesen. Der sprach so, als würde der glauben, dat der Herrmanns
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