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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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dann noch zwei Kilometer und Sie sind in ›Lungenentzündung‹ und haben Ihr Fahrtziel erreicht. Aber das konnte mir ja jetzt egal sein. Frau Wilma Korff wird mich nicht anrufen, und ich sie auch nicht. Das Handy piepste, und ich ging sofort ran, in der Hoffnung, dass es doch Wilma war, die lieber trockenen Fußes nach Hause wollte. Aber es war Oma Berti, die, ohne einen Umweg zu machen, losplapperte: »Ich hoffe, du bis noch nich’ am Flughafen. Winnie und Nikolaj kommen heute nich’. Die sind eingeschneit. Et geht kein Flug.«
    »Nicht so schlimm, Berti. Danke für die Nachricht. Hat er gesagt, wann er morgen kommt?«
    »Nein, die wissen nix. Sind erss ma’ zurück zu Nikis Eltern. Tschüss dann. Der Winnie wird sich melden. Ich soll dich grüßen.«
    »Okay, bis dahin.«
    Väterchen Frost, ich könnte dich erschießen! Nach allem, was ich über den russischen Winter wusste, würde Winnie es bestimmt nicht schaffen, rechtzeitig vor meinem Abflug hier zu sein.
    Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: Wilma hatte gar kein Taxi bestellt! Sie war mir am Flughafen versehentlich in die Arme gelaufen. Sie hatte sich heimlich nach Bochum zurückschleichen wollen. Wenn ich nicht über ihre Tasche gestolpert wäre …
    Ich schlug mit der flachen Hand aufs Lenkrad ein. Verflucht und zugenäht, ich hatte sie ertappt, und jetzt war es zu spät, daraus Kapital zu schlagen. Kein Wunder, dass sie so ausgeflippt war. Ich hatte ihr gründlich die Tour vermasselt – sie hatte keine Zeit gehabt, sich eine Geschichte zurechtzulegen und das dazu passende, coole Gesicht zu machen. Erwischt! Ich stopfte die Trappermütze ins Handschuhfach. Schmor da drin, bis aus dir ein Waschbärbraten geworden ist!
    Bis zur Alleestraße in Bochum war mein Triumphgefühl längst verflogen. Unter anderen Umständen hätten wir nicht so viel Geschirr zerschlagen – aber warum konnte sie auch nicht ehrlich sein?
    Was jetzt zählte, war die gute Ausrede, die ich Kieslowski auftischen konnte. Gegen Väterchen Frost und stornierte Flüge war eben kein Kraut gewachsen.

11
    Am Freitagmorgen fegte ein eiskalter Wind über Gleis 3 hinweg. Ich saß natürlich nicht im geheizten Wartehäuschen, sondern auf der kalten Bank, draußen in der Raucherzone, qualmte vor Aufregung eine nach der anderen und fügte dem Wind meine eigenen Wölkchen hinzu. Meine Nase fühlte sich von der Kälte schon ganz taub an, aber irgendwie musste ich mich für den langen Flug nach Miami ja vorbereiten – also auf Vorrat rauchen. Was hätte ich drum gegeben, wenn ich jetzt Wilmas Trappermütze dabeigehabt hätte. Aber die hatte ich im Taxi gelassen, genauso wie die acht Dosen Pfefferspray.
    Beinahe unvorstellbar, dass ich in ein paar Stunden schon am anderen Ende der Welt an einem strahlend weißen Strand liegen sollte. Neben mir der Mann meines Herzens. Man würde uns Drinks an den Pool servieren, und alle halbe Stunde käme ein Boy und würde den Sonnenschirm dem Sonnenstand gemäß um unsere Liegestühle herumschieben, und ein anderer würde unsere Sonnenbrillen in einem kleinen, geflochtenen Körbchen mit goldenem Hotelemblem einsammeln, sie putzen lassen und wieder zurückbringen und uns fragen, ob wir noch irgendwelche Wünsche hätten. ›Ach ja, den Schirm bitte noch ein bisschen weiter links. Danke sehr. Bitte sehr.‹ In ein paar Wochen würde mich nichts mehr an die entwürdigenden Monate in meiner alten Heimat erinnern. Was, der Knipser und ich getrennt? Na, bestenfalls eine kleine Auszeit. So eine Art Beziehungs-Sabbatical – kommt in den besten Familien vor. Und schließlich hatte das Ganze ja auch ein Happy End: Maggie Abendroth ist wieder in ihrer natürlichen Umgebung – am richtigen Ende der Nahrungskette.
    Nachdem Wilma mir für mein neues Leben bereits den Teufel an die Wand gemalt hatte, hatte auch Raoul seinem Unmut noch mal richtig Luft gemacht. Können meine lieben Freunde nicht einfach sagen: Gute Reise, Maggie, und amüsier dich?
    Ich hatte alle Punkte auf meiner kleinen To-do-Liste abgehakt – Wohnungsschlüssel fürs Souterrain abgegeben, Dessous, Badeschlappen und einen Seidenpyjama gekauft –, da war es im Café Madrid zwischen Raoul und mir bei einem Tellerchen Wildreis unter dem Motto ›Relativer Waffenstillstand‹ fast doch noch zu einem Duell gekommen. Widerwillig hatte er versprochen, auf El Doctor aufzupassen, bis ich in fünf Tagen wieder da sei, und während ich erleichtert seinen Reis lobte, packte er ungefragt meine

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