Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
Vom Netzwerk:
Einkaufstüten aus.
    Beim Anblick des winzig kleinen Preisschildchens, das an meinem neuen Dessousensemble hing, tanzten schon wieder seine Augenbrauen.
    »Hoffentlich er isste das wert«, sagte er und holte die neuen Strandschuhe aus ihrem Karton. Ein Hauch von Nichts auf Ledersohle von Prada, und ein absolutes Sonderangebot.
    »Jeden Cent, mein Lieber. Leider ist mir die Kohle ausgegangen, sonst hätte ich noch ein Ganzkörperpeeling machen lassen. Machen deine Mädels sich nicht schön für dich?«
    »Pah!«
    »Was pah?! Was trägt die spanische Mutter denn so drunter?«
    Raoul befingerte kopfschüttelnd den Seidenpyjama, legte ihn zusammen und schraubte den neuen Lippenstift auf.
    »Du renntest einfach weg von hier. Er macht Schnipp mit das Finger, und du folgst.«
    Ja, ja, den Spruch hab ich jetzt schon in verschiedenen Variationen gehört. Es reicht.
    »Ha! Lass du deine fettigen Finger davon! Und was ist gegen Liebe einzuwenden? Und überhaupt, hier hat keiner geschnippt!«
    »Hier du haste Freunde. El Doctor. Winnie, sein Oma, die komische finnische Mann, die nie spricht, deine Freundin Wilma … Alles lasst du zurück. Auf einmal. Du weißt nicht, wer sind Freunde. Alle haben sich gekümmert nach deine Desaster. Und jetzt? Señora fliegt in Karibik. Ha! Du wirst einsam sterben.«
    »Ich glaube, du verwechselst da was. Das hier ist das Leben und kein Schundroman, Maître. Ich habe mich mit meinem Freund wieder versöhnt. Das ist nicht nur romantisch, das ist auch höchst erwachsen. Wir arbeiten eben an unserer Beziehung. Manchmal knallt’s dann auch mal. Und dann verzeiht man sich wieder. Wenn man sich liebt, natürlich. Und meine Freunde bleiben immer noch meine Freunde.«
    »Wer glaubt, wird selig.«
    »Ich bin schon selig.«
    »Und was ich soll Kai-Uwe sagen, wenn du plötzlich bist weg?«
    »Gar nichts. Kai-Uwe wird froh sein. Seine Großherzigkeit tut ihm sowieso schon leid. Tut es nämlich immer. Egal, um was es geht. Kai-Uwe hat einen Igel in der Tasche. Der hat mich hier nur wohnen lassen, damit ich auf dich aufpasse. Und dir hat er wahrscheinlich erzählt, dass du auf mich aufpassen sollst, damit ich keinen Unfug in seiner Wohnung treibe. Vermutlich verbringt er seine Reise zum größten Teil in dem Wahn, ich könnte seine Plattensammlung bei Ebay versteigern.«
    »Woher du weißt, was Kai-Uwe mir gesagt?«
    »Ich weiß es einfach. Ich war jahrelang mit dem auf der Schule. So, und jetzt mal zu dir«, wechselte ich das Thema. »Wie und warum hast du denn deine Heimat verlassen? Auf die sanfte Tour etwa? Kein weinendes Mütterlein zurückgelassen? Unser Ethikpapst Raoul ist aus wohl überlegten Gründen mit drei Jahren Vorbereitungszeit zu dem Entschluss gekommen, dass Bochum seine Zukunft ist? Weil hier, ausgerechnet Nordring, Ecke Uhlandstraße, der Nabel der Küchenwelt ist und die Pilgerstätte eines jeden Gourmets?«
    Raouls Augenbrauen waren wieder gefährlich in Richtung Stirnmitte gewandert, aber ich war nicht beeindruckt.
    »Weißt du, Raoul, du bist hier gestrandet. Genauso wie ich. Das ist es. Nach Bochum geht man nicht, wenn man die Wahl hat, verstehst du? Da geht man nach New York oder so.«
    Es dauerte einige Minuten, bis Raoul endlich widerwillig sagte: »Was du vestehst von Notfalle.«
    »Ah, ha, ha … jede Menge. Wessen Frau hast du geschwängert? Hoffentlich niemanden von Adel.«
    Raouls Augenbrauen führten ein Tänzchen auf.
    »Erzähl mir nicht, du bist von einem spanischen Grande mit gezücktem Degen aus dem Land gejagt worden.«
    »Degen ist altmodisch«, sagte er, »auch Adel schießt heute. Quan estava sobre el precipici, duia els collons per corbata. « Er zuckte mit den Schultern, und das war die traurige Geschichte des großen spanischen Frauenhelden Señor Raoul Masdéu-Canals Sáez de Astorga gewesen.
    »Gibt’s Dessert?«, hatte ich ihn noch gefragt, und er war mit hängenden Schultern in der Küche verschwunden.
    Dr. Thoma war nicht so kompromissbereit wie Raoul. Selbst als ich meine Reisetasche genommen hatte, war er nicht aufgetaucht. Ich hatte es mit ›Dr. Thoma, ich fahre jetzt‹ versucht. Sogar mit: ›Ich geb hier nicht die Holly Golightly für dich und renne im Regen hinter dir her! Frühstück bei Tiffany war mit Audrey Hepburn in der Hauptrolle und nicht mit dir.‹ Kein Effekt. Dr. Thoma glänzte durch Abwesenheit.
    Genauso wie alle anderen auch, von denen ich dachte, sie würden meine Freunde bleiben.
    Niemand war auf den Bahnsteig gekommen, um mir zum

Weitere Kostenlose Bücher