umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
her und rang in seiner Verzweiflung die Hände. Hätte er Haare gehabt, er hätte sie sich gerauft, bis nichts mehr davon übrig wäre. Er hatte so fest daran geglaubt, dass er mit Mattis Hilfe in nichts mehr ›reingeraten‹ würde … Tja, das war schneller gegangen, als er sich hatte träumen lassen. In was reinzugeraten ging sogar schneller, als die Polizei erlaubt.
Ich erzählte den beiden ausführlich die Geschichte von Herrmanns’ Unfall und der abgebrannten Laube. Und dass Borowski allen Ernstes glaubte, das gehe alles auf das Konto des englischen Geheimdienstes. Das erklärte zumindest, dass er uns in seiner Panik in Van der Baacks Garten einfach so im Stich gelassen hatte.
Seidel hatte uns die Existenz eines Herrn Borowski zunächst nicht abgekauft. Jedenfalls so lange nicht, bis einer seiner Beamten endlich Van der Baacks Assistentin Frau Heckel erreicht hatte, die bestätigen konnte, dass es einen Herrn Borowski tatsächlich gab.
Danach waren sie ein wenig freundlicher geworden. Aber nicht freundlich genug, um ihnen den Flachmann mit den Fingerabdrücken von Matti und Rudi auszuhändigen. Als wir auf dem Gang vor Seidels Büro für einen Augenblick alleine gelassen worden waren – die Beamten hatten sich nach der Neuigkeit über die Existenz von Borowski kurz zur Beratung zurückgezogen –, hatte Rudi auf meine Tasche gestarrt, und ich hatte mit einem dezenten Kopfschütteln geantwortet.
Matti sagte: »Tun Sie das lieber nicht.«
Aber Rudi hatte heftig genickt und geflüstert: »Keiner weiß davon. Matti, bitte. Ich flehe dich an. Die machen uns fertig …«
So, wie Seidel an die Sache heranging, bestätigte er Rudis Befürchtungen. Der Kommissar hatte seine Täter schon im Visier. Was konnte es auch Schöneres an einem Tatort geben als einen verurteilten Totschläger und einen ehemaligen Untersuchungshäftling, getarnt als Bestatter? Damit ließ sich mit wenig Fantasie und Spucke eine prima Theorie aufstellen. Jedenfalls solange Borowski verschwunden blieb und unsere Aussage nicht bestätigen würde. Und was wäre, wenn sie ihn fänden? Mit seinem Abgang hatte sich Borowski hochgradig verdächtig gemacht. Und Seidel würde wahrscheinlich in absehbarer Zeit auch für mich noch eine passende Rolle in dieser Posse finden. Allein die Tatsache, dass das Bestattungsunternehmen meinen Namen trug, machte mich verdächtig.
Wären Winnies Kollegen Karin und Peter dabei gewesen, ich hätte den Flachmann auf den Tisch gelegt. Ich hatte gehofft, die beiden im Präsidium anzutreffen, aber sie tauchten nicht auf. Also sagten wir kein Sterbenswörtchen über das Fundstück, und ich war auch sonst nur so ehrlich, wie es die Situation erforderte. Als Beruf gab ich Schriftstellerin an, und in meinem Ausweis stand immer noch die Adresse vom Souterrain. Leider musste ich dann doch zugeben, dass ich Taxi fuhr, denn einer der Beamten hatte den Wagen vor der Tür von Van der Baacks Villa durchaus bemerkt und danach gefragt. Daraufhin war mein Ansehen bei Seidel noch weiter gesunken. »Tintenpisser und Taxifahrer«, hatte er doziert, »kommen gleich vor Terroristen. Womit wir schon bei vier Ts sind. Totengräber, Tintenpisser, Taxifahrer, Terroristen.«
Die Einzigen, die in dem Büro nicht lachten, waren wir. Warte nur, du Heiopei, bis Winnie wieder da ist. Dann wird sich alles aufklären. Winnie würde uns glauben, dass die Fingerabdrücke von Matti und Rudi versehentlich auf den Flachmann geraten waren. Wenn wir ganz viel Glück hatten, war der Fingerabdruck des Mörders auch drauf und bereits in der Datenbank der Polizei gespeichert, und wir würden sehr schnell wissen, wer Herrmanns überfahren hatte und wer für Van der Baacks Tod verantwortlich war. Im Geiste zündete ich eine Kerze für den russischen Wettergott an – möge der Schnee endlich schmelzen.
»Winnie wird mich anrufen, und dann klären wir das alles auf«, versuchte ich zum x-ten Male, Rudi zu beruhigen. »Wenn ich dem Seidel den Flachmann gegeben hätte, wärt ihr beide schon längst hinter Gittern.«
»Aber er hat noch nicht angerufen! Wo ist dein Herr Superkommissar?!«
»Rudi, das weiß ich nicht. Er hat sich nicht bei mir gemeldet. Aber ab halb sieben können wir Berti im Kiosk anrufen, und dann werden wir fragen, ob sie Neuigkeiten hat.«
»Wir hätten die Leiche verschwinden lassen sollen und abhauen. Jetzt haben wir den Salat«, sagte Rudi schon wieder. »Der Seidel wird mir das anhängen. Die Gelegenheit lässt der sich doch nicht
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