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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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unterbrach ihn lachend. »Natürlich, das hast du ja deutlich gesagt. Aber ich denke, der Kontrast zwischen oben und unten
     wird bestimmt ziemlich deutlich.«
    »Das macht doch nichts«, meinte er. »Du bist halt eine Frau und ich bin ein Mann. Das darf man doch erkennen können.«
    Er nahm sein Weinglas und drehte es am Stiel. Wiederfiel mir sein Ring auf, und ich beschloss, endlich meiner Neugier nachzugeben. »Ich muss dich mal was fragen.«
    Er stellte das Glas weg und wandte den Kopf zu mir. »Ja?«
    »Es ist was Persönliches.«
    Er nickte. »Schieß los.«
    »Also   …« Auf die Plätze. Fertig. Los. »Bist du eigentlich schwul?« Uff, nun war es raus. Jetzt konnte er entweder entrüstet fragen
     ›Wie kommst du denn darauf?‹ oder erleichtert seufzen ›Also hast du es endlich gemerkt, ja?‹
    Womit ich nicht gerechnet hatte war, dass er nach einem Überraschungsmoment anfing, laut zu lachen. »Oh, Mia«, stieß er hervor.
     »Das kannst auch nur du, hier ganz harmlos sitzen und mir dann so eine Steilvorlage liefern.«
    »Steilvorlage wofür?« Ich war völlig irritiert.
    »Um dir das genaue Gegenteil zu beweisen«, sagte er, und dann passierte es. Er überbrückte den Viertelmeter Ledersofa zwischen
     uns und nahm meinen Kopf in seine Hände, und bevor ich so richtig begriff, was Sache war, küsste er mich auf eine Art und
     Weise, die mir nach über sieben Jahren endlich wieder klarmachte, warum wir in Männer und Frauen aufgeteilt sind; eine Art,
     die mich daran erinnerte, dass es ein angenehmes Herzklopfen gibt, eins, das nicht aus Angst oder Wut entsteht; eine Art,
     die mir vorführte, dass es Sinneserlebnisse gibt, die nichts mit Essen zu tun haben und einem trotzdem Hören und Sehen vergehen
     lassen.
    Und ich? Ich ließ mich darauf ein. Es war überraschend, es war atemberaubend. Es war so, wie es vielleicht nur mit Nick sein
     konnte, unbekannt, aber nicht fremd, spannend, aber nicht schockierend. Ich streckte eine Hand aus und berührte seinen Kopf,
     sein kurzes Haar, seine kratzige Wange, seinen warmen Hals. Ichspürte seine Hände, die nach unten wanderten, über meine Schultern, meine Arme, meinen Rücken, und die ganze Zeit küsste er
     mich, zärtlich und doch mit Nachdruck.
    Dann spürte ich, wie sich seine Lippen von meinen entfernten, und ich machte die Augen auf und sah ratlos in sein Gesicht.
    »Beantwortet das deine Frage?«, fragte er lächelnd.
    »Nick, ich wusste nicht   …« Unsicher brach ich ab.
    »Nach vierzig Jahren war es wohl mal an der Zeit, Klarheit zu schaffen«, meinte er. Seine Arme waren immer noch um mich geschlungen.
    Ich war nicht in der Lage, mich zu bewegen. »Nach vierzig Jahren?«, wiederholte ich mit einer seltsam belegten Stimme. Jetzt
     musste ich mich auch räuspern.
    »So ungefähr vom ersten Moment, als ich dich sah, fand ich dich toll.« Er veränderte unsere Position so, dass wir wieder nebeneinandersaßen,
     mit seinem Arm eng um meine Schulter. Sein Gesicht war nah an meinem, sodass er sehr leise sprechen konnte, als verriete er
     mir ein Geheimnis. Eigentlich war es genau das. »Du warst die Traumfrau. Von Anfang an.«
    Ich glaube, jede Frau träumt davon, dass ihr mal ein attraktiver Mann so was sagt. (Und Ines hatte recht gehabt, Nick war
     ein attraktiver Mann, ich hatte das nur vorher nicht bemerkt.) Aber in diesem Fall hörte ich es mit sehr gemischten Gefühlen.
    »Das hast du aber gut verborgen«, sagte ich. »Du hast mich geärgert ohne Ende.«
    »Mit vier weiß man noch nicht, wie man seine Liebe und Verehrung zum Ausdruck bringt«, sagte er mit schiefem Lächeln. »Und
     dann war es natürlich schnell eine verfahrene Kiste. Aber wirklich geändert hat sich das nie.«
    Ich bedachte das für eine Weile und kam ausgerechnetmit einem ziemlich blöden Argument raus. »Ich bin älter als du.«
    »Stimmt. Zwei Jahre.« Er strich zärtlich mit dem Finger über meine Wange. »Das war natürlich für die ersten Jahre ein unüberbrückbares
     Hindernis. Und als wir endlich in der Phase angekommen waren, wo zwei Jahre nicht mehr so wichtig sind, gab es bereits Stephan.«
    Stephan hatte es insgesamt fünfzehn Jahre für mich gegeben. Und danach dann lange nichts.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte ich etwas hilflos.
    »Das liegt an dir«, sagte Nick. »Du musst entscheiden, ob du dich auf einen Typen wie mich einlassen kannst.«
    Damit war ich am Zug. Vorsichtig horchte ich in mich hinein. Da war keine Stimme, die entrüstet schrie: ›Nie im

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