Umzug ins Glück
Haushaltsgegenstände geschenkt bekommen oder sich mit
anderen in den Mitnahmeabteilungen von Möbelmärkten herumtreiben, wo die dann eine Dreiviertelstunde brauchen, um die perfekte
Kerze zu finden, während man selber schon mit mehreren Sachen an der Kasse steht. Neuerdings lauert auch in Supermärkten Gefahr;
ich habe jedenfalls meine letzte Auflaufform im Aldi gekauft, und ich glaube nicht, dass ich eine andere dafür weggeworfen
habe.
Vermutlich konnte Nick mit drei Sachen auf dem Zettel in einen solchen Laden gehen, die Gestelle mit denNon-Food-Wochenangeboten mit der Konzentration eines indischen Yogis ausblenden und mit genau den drei benötigten Dingen wieder
rauskommen. Ich öffnete neugierig einen der Unterschränke – auch hier eine beneidenswerte Übersichtlichkeit. Dabei war er
trotzdem nicht so unterversorgt wie die Ferienwohnungen in großen Urlauberparks, wo es nur einen Löffel pro Nase gibt und
zwei Töpfe für eine vierköpfige Familie.
Das forderte mich regelrecht heraus. Gab es nicht wenigstens an einer Stelle das für mich so normale Durcheinander? Ich machte
mich jetzt systematisch auf die Suche, aber er hatte sein Prinzip »sparsam, aber effektiv« überall durchgehalten.
»Suchst du was?«, fragte er von der Küchentür aus.
Ich knallte die Besteckschublade zu und hoffte, ich würde nicht rot werden, weil ich mich so ertappt fühlte. »Ich suche eine
Kramschublade«, sagte ich.
»Brauchst du etwas? Die Papiertaschentücher sind hier«, sagte er und öffnete einen Schrank, in dem ordentlich eine Großpackung
Tempo lagerte. Das echte natürlich. Das Leben war zu kurz, um sich die Nase mit Billigtüchern wund zu reiben.
»Nein, ich suche einfach die Stelle, wo sich all das ansammelt, was man irgendwann mal braucht.«
»Was zum Beispiel?«
»Na, Klebstoff zum Beispiel oder Gummis …«
»Gummis?« Nick zwinkerte mir zu. »Gehören die nicht eher ins Schlafzimmer?«
Blödmann. Jetzt errötete ich endgültig. »Haushalts gummis meine ich. Einen Zettelblock und Stifte. Ein paar Wäscheklammern, mit denen man angebrochene Mehltüten verschließen kann.«
»Das ist auch eine Methode«, meinte er. »Aber ich fülle Mehl immer sofort in eine verschließbare Dose.«
Das hatte ich bereits gesehen. Ich hatte das auch mal vorgehabt, nach einer dieser Tupperpartys, aber zu dem Zeitpunkt wurden
bei uns solche Dosen ständig überall und von allen gebraucht, so dass im Zweifelsfall nie die passende greifbar war. Außerdem
war es mir damals zu teuer gewesen, meinen ganzen Haushalt auf eine einzige Marke umzurüsten, und so hatte ich heute noch
neben einem Sammelsurium unterschiedlicher gekaufter Dosen eine ansehnliche Sammlung von quasi kostenlosen Behältern, in denen
ich mal Fertigsalate, Eis oder Röstzwiebeln erworben hatte und die zum Wegwerfen zu schade waren. Gerade als Magnus noch zuhause
gewohnt hatte, war mir das immer zupassgekommen, denn wenn das Kind eine Zehn-Euro-Dose nicht wieder vom Schulausflug zurückbringt,
dann ärgert man sich, während man auf die Salatdosen verzichten kann.
»Und wo bewahrst du deinen Kleinkram auf? Den Schlüssel für die Heizungsentlüftung? Batterien? Reißzwecken?«
»In meinem Werkzeugschrank.« Er rührte noch einmal in seinem Sahnesaucentopf. »Mia, ich habe solche Kramecken bewusst abgeschafft.
So ein Durcheinander nervt mich.«
Oje. Das klang schon etwas zwanghaft. »Sortierst du auch deine Socken nach Farben?«
Er lachte. »Nur nach Geruch.« Er legte den Rührlöffel beiseite. »Komm schon, ich zeige dir noch den Rest der Wohnung.«
Sein Arbeitsraum war irgendwie unspannend. Ich hattemir vorgestellt, dass Architekten überall große Zeichenbretter haben und
Papprollen für ihre Entwürfe, aber Nick arbeitete in erster Linie am Computer, und die anderen Dinge befanden sich in den
Räumen der Immobilienfirma, für die er plante. Was sich in den unterschiedlichenSchränken mit den schwarzen Rolltüren verbarg, interessierte mich nicht besonders.
Dann besichtigten wir sein Schlafzimmer. Dort ging es schon lebhafter zu. Es beruhigte mich ein bisschen, dass das Bett nicht
gemacht war – er zog zwar rasch die Decke gerade, aber er zirkelte sie nicht ab. Es lag sogar ein Oberhemd über einer Sessellehne.
An der Wand hing ein Flachbildschirm, sodass er vom Bett aus fernsehen konnte.
Das Dominanteste in diesem Zimmer war das Bild über seinem Bett, das genaue Gegenteil der roten Einöde im Wohnzimmer.
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