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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ganz neu, aber in Ehren ergrautes Teakholz, deshalb hatte
     ich sie behalten wollen. »Was ist denn los?«
    Ich versuchte, die Horst-Adler-Story so gut wie möglich wiederzugeben. Während ich erzählte, kam mir das Ganze selbst so unglaublich
     vor, dass ich zum Schluss sagte: »Für mich klingt das absolut unwahrscheinlich. Er ist ein totaler Spinner.«
    »Das glaubst du«, sagte Nick mit einer Stimme, die mich aufhorchen ließ. Erst jetzt sah ich ihn genau an. Sein Gesicht war
     aschfahl.
    Das verunsicherte mich. »Du denkst tatsächlich, dein Vater hätte mit einer anderen Frau   …«
    »Ich weiß es, Mia. Mein Vater hatte immer was mit seinen Sekretärinnen. Weißt du nicht, wie er gestorben ist?«
    »Er ist bei der Jagd vom Hochsitz gefallen und   …«
    Er lachte bitter. »Vom Hochsitz gefallen, ja. Bei der Jagd, nein. Oder sagen wir mal, er hatte es nicht auf Fuchs und Hase
     abgesehen.« Er stand auf und lief aufgeregt vor der Bank auf und ab. »Die Verletzungen, die sich dann so tragisch entzündet
     haben, befanden sich am ganzen Körper, auch am Hintern und am Bauch. Die betreffende Dame ist mit abgestürzt und hat sich
     eine Rippe geprellt. Pikanterweise war sie die Gattin eines Jagdkollegen. Wir waren alle übereinstimmend der Meinung, das
     müsste die Welt nicht wissen.«
    Völlig schockiert starrte ich ihn an. Die Eröffnung über Rudolfs amouröse Abenteuer, die ja offensichtlich kein Einzelfall
     waren, ließen mein ganzes Weltbild wanken. Für mich war er immer der liebe alte Onkel gewesen, und selbst wenn er mich mal
     schelmisch in die Seite gekniffen hatte, hatte ich mir nichts dabei gedacht. Jetzt war ich natürlich verunsichert. »Und Tante
     Paula?«, fragte ich fassungslos.
    »Die hat versucht, Haltung zu bewahren«, sagte Nick schwer atmend. Besorgt beobachtete ich, dass er immer mehr in Rage geriet,
     statt sich wieder zu beruhigen. Das hätte ich gar nicht erwartet. »Ich glaube, sie hat sich gezwungen, es zu akzeptieren,
     weil sie ja selbst eine seiner Affären gewesen war. Vielleicht fürchtete sie, dass er sich auch von ihr scheiden lassen würde,
     wenn sie so eine Welle machte wie meine Mutter damals. Aber das Schlimme ist, dass sie selbst gern ein Kind von ihm gehabt
     hätte und keins kriegen konnte, und jetzt kommt dieser Kerl daher und behauptet, er wäre sein Sohn?«
    Er war inzwischen so zornig, dass ich mich nicht gewundert hätte, wenn kleine Funken aus seiner Nase gesprüht wären, als er
     jetzt schnaubte. »Das werde ich nicht zulassen!«
    »Was willst du denn machen?«, fragte ich hilflos. Dieser Nick war mit Vorsicht zu genießen, und als er jetzt die schwere Astschere
     aufhob und auf die Gartenbank zukam, stand ich vorsichtshalber mal auf und ging beiseite.
    »Ich weiß nicht«, sagte er böse, und dann hob er die Astschere hoch und drosch damit auf die Holzbank ein. »Ich werde es nicht
     zulassen!« Krach. Splitter. Krach. »Scheiße!«, schrie er. »Verdammte Scheiße!« Er wütete wie ein Berserker. Bautz. Krach.
     Rrrums. Nach zehn oder zwölf Schlägen war die Bank schwer lädiert und die Astschere in ihre zwei Hälften zerlegt.
    Schwer atmend stand Nick mit den beiden Teilen in der Hand vor der Bank und sah sich die Bescherung an. Auf diese blödsinnige
     Art seine Wut zu kanalisieren hatte ihn offensichtlich wieder etwas beruhigt.
    Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. »Nick   …« Mit hängenden Schultern stand ich neben der Bank.
    Nick ließ die Metallteile fallen und sah mich schuldbewusst an wie ein Hund, der ein Bratenstück geklaut hat. »Tut mir leid,
     Mia. Ich wollte nicht so ausrasten, aber   … Ich glaube, ich muss jetzt erst mal weg hier. Ich halte das nicht aus.«
    »Was willst du tun?«, fragte ich ihn.
    »Ich fahre nach Hause. Ich muss hier weg.« Er kratzte sich verlegen am Kinn. »Kann ich   … kann ich dich später anrufen?«
    »Natürlich.« Ich rührte mich nicht vom Fleck, so verwirrt war ich.
    Er nickte und stürzte davon. Erst als er um die Hausecke gebogen war, fiel mir ein, dass Tante Paula noch in der oberen Etage
     ruhte und damit rechnete, dass er sie wieder hinuntertragen würde. Aber dafür würden wir eine Lösung finden. Jedenfalls einfacher
     als für das Thema Horst Adler.
    Seufzend sammelte ich die Werkzeuge ein. Wenn ich sie nicht gleich im Gartenhäuschen einschloss, würde sie irgendjemand für
     einen Spottpreis bei Jan Hörnum kaufen wollen. Schon kam ein Mann unternehmungslustig um die Ecke und

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