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Unbefugtes Betreten

Unbefugtes Betreten

Titel: Unbefugtes Betreten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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deshalb?«
    »Als Nicht-Arzt würde ich sagen: Das war dein Problem.«
    »Dann sind wir also wieder da, wo wir angefangen haben?«
    »Nämlich?«
    »Bei den umgestülpten Plastiktüten und …«
    »Dick,jetzt müssen wir aber wirklich ...«
    Doch wir gingen nicht. Wir blieben, und wir redeten weiter und kamen zum Schluss, dass Obama McCain besiegen werde, dass die Konservativen sich nur vorübergehend nicht von Labour unterscheiden ließen, dass al-Qaida während der Olympiade 2012 ganz bestimmt ein Attentat verüben werde, dass die Londoner in ein paar Jahren Heimweh nach den Gelenkbussen haben werden, dass man in ein paar Jahrzehnten wie zur Zeit der alten Römer am Hadrianswall wieder Weinberge anlegen werde und dass es, solange dieser Planet existiere, aller Wahrscheinlichkeit nach immer irgendwo irgendwelche Leute geben werde, die rauchen, diese gottverdammten Glückspilze.

MitJohn Updike schlafen
    ____
    »Ist doch sehr gut gelaufen, finde ich«, sagte Jane und tätschelte ihre Handtasche, während sich die Zugtüren mit pneumatischem Fauchen schlossen. Der Wagen war fast leer, die Luft warm und abgestanden.
    Alice wusste, dass das eine Frage war und nach Bestätigung verlangte. » Du warst auf jeden Fall gut drauf.«
    »Na ja, ich hatte ausnahmsweise ein schönes Zimmer. Das macht immer viel aus.«
    »Deine Geschichte mit Graham Greene ist gut angekommen.«
    »Die kommt meistens gut an«, antwortete Jane mit einer Spur Selbstgefälligkeit.
    »Ich wollte dich schon immer mal fragen – ist die wahr?«
    »Ach weißt du, darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken mehr. Die Leute wollen das hören.«
    Wann waren sie sich zum ersten Mal begegnet? Sie hätten es beide nicht mehr genau sagen können. Es musste fast vierzig Jahre her sein, als es diese immer gleichen Partys gab: derselbe Weißwein, derselbe hysterische Geräuschpegel, dieselben Verlegeransprachen. Vielleicht auf einer P.E.N. – Party, oder als sie beide für denselben Literaturpreis nominiert waren. Oder in dem langen, alkoholgeschwängerten Sommer, als Alice mit Janes Agenten geschlafenhatte, wofür sie jetzt keinen Grund mehr nennen konnte und was sie schon damals nicht hatte rechtfertigen können.
    »Irgendwie ist es ganz gut, dass wir nicht berühmt sind.«
    »Ach ja?« Jane wirkte verwundert und auch ein wenig bestürzt, als hätte sie gedacht, sie wären berühmt.
    »Nun ja, dann hätten wir vermutlich Leser, die immer wieder kommen. Die würden ein paar neue Anekdoten erwarten. Ich glaube, wir haben beide schon seit Jahren keine neue Geschichte mehr erzählt.«
    »Manche Leute kommen durchaus immer wieder. Nur nicht so viele wie ... wie wenn wir berühmt wären. Und überhaupt, ich glaube, sie hören ganz gern immer dieselben Geschichten. Wenn wir auf der Bühne sind, ist das keine Literatur, sondern ein Unterhaltungsprogramm. Da braucht man eine Zugnummer.«
    »Wie deine Geschichte mit Graham Greene.«
    »Für mich ist die etwas mehr als eine ... Zugnummer, Alice.«
    »Reg dich nicht auf, meine Liebe. Es steht dir nicht.« Alice kam nicht umhin, den leichten Schweißglanz auf dem Gesicht ihrer Freundin zu bemerken. Und das nur von der Anstrengung, vom Taxi zum Bahnsteig und dann vom Bahnsteig in den Zug zu kommen. Und warum mussten Frauen, die mehr Pfunde mit sich herumschleppten, als gut für sie war, ihr Heil in Blumenmustern suchen? In Alices Augen zahlte sich Wagemut in Kleidungsfragen selten aus – jedenfalls dann, wenn man ein gewisses Alter überschritten hatte.
    Als sie sich anfreundeten, waren sie beide frisch verheiratet gewesen und hatten gerade ihr erstes Buch veröffentlicht. Sie hatten wechselseitig auf ihre Kinder aufgepasst, einander über die Scheidungen hinweggetröstet und die Bücherder jeweils anderen als Weihnachtslektüre empfohlen. Insgeheim fand jede die Werke der anderen nicht ganz so gut, wie sie vorgab, aber schließlich fanden beide auch die Werke aller anderen nicht ganz so gut, wie sie vorgaben, also hatte das nichts mit Heuchelei zu tun. Jane war unangenehm berührt, als Alice sich nicht als Schriftstellerin, sondern als Künstlerin bezeichnete, und dachte, Alices Bücher seien weniger literarisch, als diese gern gehabt hätte; Alice fand Janes Werke formal unzulänglich und stellenweise weinerlich autobiografisch. Beide hatten etwas mehr Erfolg gehabt, als sie gedacht hätten, aber im Rückblick nicht so viel, wie sie meinten verdient zu haben. Mike Nichols hatte sich eine Option auf Alices Triple Sec

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