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Unbefugtes Betreten

Unbefugtes Betreten

Titel: Unbefugtes Betreten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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Wahrscheinlich stechen sie dich, weil du süßes Blut hast. Mich lassen sie in Frieden.«
    Im Bett zogen sie, zu müde zum Lesen oder für Sex, eine erste Bilanz des Abends und bestärkten sich gegenseitig darin, ihn für einen Erfolg zu halten.
    »Ach, du Scheiße«, sagte er. »Ich glaube, ich habe ein Stück Hähnchenfleisch in diesem Tonnendings liegen lassen. Vielleicht sollte ich runtergehen und es reinholen.«
    »Ach, lass doch«, sagte sie.
    AmSonntagmorgen schliefen sie lange aus, und als er den Vorhang etwas zur Seite schob, um nach dem Wetter zu schauen, sah er den Terrakotta-Ofen auf der Seite liegen, und der Deckel war in zwei Teile zerbrochen.
    »Verdammte Füchse«, sagte er leise, da er nicht wusste, ob Martha wach war oder nicht. »Oder verdammte Katzen. Oder verdammte Eichhörnchen. Verdammte Natur, jedenfalls.« Er stand am Fenster und überlegte, ob er sich wieder ins Bett legen oder nach unten gehen und langsam einen neuen Tag beginnen sollte.

BeiPhil & Joanna 3: Hände weg!
    ____
    Endlich war es einmal warm genug, dass man draußen essen konnte. Auf dem Tisch, dessen Platte sich verzogen hatte, hatten von Anfang an Kerzen in Blechlaternen gebrannt, und mittlerweile erwiesen sie sich als nützlich. Wir hatten über Obamas erste hundert Tage gesprochen, seine Abschaffung der Folter von Staats wegen, über Britanniens Komplizenschaft bei der Auslieferung von Terrorverdächtigen über Landesgrenzen hinweg, die Boni von Bankern und den möglichen Termin der nächsten Parlamentswahlen. Wir versuchten, den drohenden Ausbruch der Schweinegrippe mit der Vogelgrippe zu vergleichen, die ja dann doch nicht gekommen war, doch von Epidemiologie hatte niemand einen blassen Schimmer. Und so entstand ein Augenblick des Schweigens.
    »Eben habe ich gedacht … das letzte Mal, als wir alle hier versammelt waren –«
    »An dieser Tafel, die geradezu ächzte unter der Fülle der Speisen –«
    »Die uns aufgetragen wurden von – rasch, her mit ein paar Klischees!«
    »Von einem Wirte wundermild.«
    »Einem veritablen Trimalchio.«
    »Von Frau Hurtig.«
    »Nein,das bringt’s nicht. Sagen wir also: Von Phil und Joanna, diesen Inkarnationen der Gastfreundschaft.«
    »Diese Zunge übrigens …«
    »War das Zunge ? Du hast gesagt, es sei Rindfleisch.«
    »War es auch. Zunge ist Rindfleisch. Es gibt Rinderzunge, Kalbszunge.«
    »Aber … aber Zunge mag ich nicht. Die hat im Maul einer toten Kuh gesteckt.«
    »Das letzte Mal, als wir hier waren, habt ihr von Karten zum Valentinstag erzählt, ihr zwei … verheirateten Turteltauben. Und von dieser Freundin von euch, die ihren Bauch zusammentackern lassen wollte rechtzeitig zur Rückkehr ihres Mannes.«
    »Genau genommen ging es ums Fettabsaugen.«
    »Und jemand hat die Frage aufgeworfen, ob das nun ein Zeichen der Liebe oder der Eitelkeit sei.«
    »Weibliche Unsicherheit, meine ich, war die Alternative.«
    »Moooment. War das, bevor ihr Typ diese radikale Testektomie vornehmen ließ, oder wie man das nennt?«
    »Ewigkeiten davor. Und sie hat es ja dann nicht machen lassen.«
    »Nicht?«
    »Ich habe gemeint, das hätte ich euch gesagt.«
    »Die Rede war doch von, wie hat Dick das genannt, Penetration a tergo .«
    »Sie hat es nicht machen lassen. Ich bin sicher, dass ich das gesagt habe.«
    »Und dann hat, um beim Thema zu bleiben, jemand gefragt, ob jemals irgendwer von uns Lust auf Sex hat, wenn er von hier nach Hause kommt.«
    »Eine Frage, auf die man dann im Wesentlichen die Antwort schuldig blieb.«
    »LieberDavid, ist das Ziel und Zweck deiner sokratischen Präambel?«
    »Nein. Das heißt, vielleicht doch. Nein, nicht wirklich.«
    »Weiter im Text.«
    »Mir kommt das vor, wie wenn Typen zusammen an einem Tisch sitzen, und dann erwähnt jemand, die Größe des Gemächts stehe in einem direkten Verhältnis … Dick, warum versteckst du plötzlich deine Hände?«
    »Weil ich weiß, wie dieser Satz weitergeht. Und weil ich niemanden in die peinliche Lage bringen will, auf die Pracht meines Gemächts zu schließen, wie du es nennst.«
    »Sue, eine Frage. In der letzten Lektion wurde den Schülerinnen und Schülern der Unterschied zwischen einem Vergleich und einer Metapher beigebracht. Welcher rhetorische Begriff, würdest du sagen, wäre am zutreffendsten für diesen Schluss von der Größe der Hände eines Mannes auf die Größe von dessen Gemächt?«
    »Ist ›großtun‹ ein rhetorischer Begriff?«
    »Es gibt doch einen Begriff für das Verwenden von etwas Kleinem

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