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Unbefugtes Betreten

Unbefugtes Betreten

Titel: Unbefugtes Betreten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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ohne so einen Lärm zu machen?«
    »Nicht, wenn man eine Amsel ist.«
    »Hm.«
    Menschen, dachte er, behaupteten gleichfalls ihr Territorium; die ließen dann einfach Gerätschaften und Maschinen den Lärm für sie machen. Er hatte die Mauern neu verfugt, wo der Mörtel rausgebröckelt war, und Spaliere hochgezogen, damit die Grenzmauern zwischen den Gärten höher wurden. Er hatte rustikale Trennwände aus Holzgeflecht zwischen den verschiedenen Teilen des Gartens aufgestellt. Er hatte sogar jemanden dafür bezahlt, dass er einen gewundenen Plattenweg anlegte und ein Elektrokabel an die Stelle führte, wo sich auf Knopfdruck Wasser über große ovale Steine ergoss, die von einem fernen schottischen Strand importiert worden waren.
    Außerdem verbesserte er in diesem Frühjahr den Boden, wie und wo es angezeigt war. Er grub, wo er nach Marthas Anweisungen graben sollte. Er begann einen Feldzug, der langwierig zu werden versprach, gegen den Giersch. Er fragte sich, ob er Martha noch so liebte wie früher, oder ob er nur ein eheliches Ritual vollzog, das anderen zeigen sollte, wie sehr er sie liebte. Er erfuhr, dass er auf der Wartelistefür einen Schrebergarten an dritter Stelle stand. Er ahmte die Stimmen der Experten in der Stunde für den Gartenfreund nach, bis Martha meinte, das sei nun wirklich nicht mehr lustig.
    Ein Klopfen dicht an seinem Ohr ließ ihn aufschrecken. Er öffnete die Augen. Martha hatte ihren bis obenhin beladenen gelben Plastikwagen selbst auf den Parkplatz geschoben.
    »Ich hab dich sogar auf dem Handy angerufen ...«
    »Tut mir leid, Schatz. Hab ich nicht mit. Das ist meilenweit weg. Hast du schon bezahlt?«
    Martha nickte nur. Sie war nicht richtig sauer. Sie rechnete schon fast damit, dass sich sein Gehirn ausschaltete, sobald sie in einem Gartencenter ankamen. Ken stieg aus dem Auto aus und machte sich eifrig daran, den Kofferraum zu beladen. Jedenfalls ist diesmal nichts dabei, bei dem man sich gleich einen Bruch hebt, dachte er.
    Martha hielt Grillen für leicht ordinär. Sie sprach das Wort nicht aus, aber das brauchte sie auch nicht. Für Ken gab es nichts Schöneres als den Geruch von Fleisch, das über weiß glühenden Kohlen brutzelt. Sie mochte weder den Vorgang noch die Gerätschaften. Er hatte vorgeschlagen, so ein kleines Dingsda anzuschaffen – wie hieß das noch gleich? – ja, Hibachi, der sei doch eigentlich eine japanische Erfindung und daher bestens geeignet für diesen kleinen Flecken von Gottes weiter Erde. Martha fand diesen neuen Japan-Witz mittellustig, ließ sich aber nicht überzeugen. Am Ende gestattete sie den Erwerb eines schicken kleinen Terrakotta-Gebildes in Form einer aufrecht stehenden Minitonne; es war eine Art folkloristischer Ofen im Sonderangebot vom Guardian . Ken musste versprechen, niemals Grillanzünder darin zu benutzen.
    Jetzt,da der Sommer gekommen war, revanchierten sie sich für Einladungen aus der Zeit, als im Haus Chaos geherrscht hatte. Marion und Alex und Nick und Anne kamen um acht, als der Himmel noch hell war, aber die ohnehin nicht große Hitze des Tages allmählich nachließ. Die beiden weiblichen Gäste wünschten sofort, sie hätten Strumpfhosen angezogen und sich nicht übertrieben sommerlich gekleidet, und fanden es nicht gerade nett, dass Martha als Gastgeberin sich gegen die abendliche Kühle gewappnet hatte. Doch sie waren zu einem Essen im Freien eingeladen, also würden sie auch im Freien essen. Es wurden Witze über Glühwein und Tapferkeit in Kriegszeiten gemacht, und Alex tat, als würde er sich die Hände an dem Terrakotta-Ofen wärmen, wobei er ihn fast umgeworfen hätte.
    Während Ken sich an den Hähnchenkeulen zu schaffen machte und mit einem Spieß hineinstach, um zu sehen, ob der austretende Saft klar war, absolvierte Martha mit den Gästen den »Rundgang«. Da sie nie mehr als ein paar Meter entfernt waren, konnte Ken alle Komplimente für Marthas Einfallsreichtum mit anhören. Für einen Moment wurde er wieder zum verdrossenen Jüngling, der versuchte, die Aufrichtigkeit oder Heuchelei jedes Sprechers zu bestimmen. Dann wurden seine Spaliere bewundert – dieses Lob schien ihm aus ganzem Herzen zu kommen. Gleich darauf hörte er Martha sagen, am hinteren Gartenende sei bei ihrem Einzug »nichts als ein Haufen grässlichen Beerengestrüpps« gewesen.
    Das Tageslicht schwand schon, als sie sich zu ihrer Vorspeise von Birne, Walnüssen und Gorgonzola hinsetzten. Alex, der während des Rundgangs offenbar nicht

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