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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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können uns dort jederzeit erreichen.« Sie gab den Menschen einen Wink. »Henri, wir gehen. Der Tag war auch für uns sehr lang.«
    Monsieur de la Rivière verzog seinen Mund noch einmal zu diesem falschen Lächeln und bedachte Hannah mit einem langen, wissenden Blick. »Oh, aber natürlich. Bis bald, Mademoiselle Blake. Wir werden Sie zeitnah noch einmal aufsuchen, wenn es passender ist.«
    »Klar doch.« Hannah unterdrückte ein erleichtertes Aufatmen. »Ich wünsche Ihnen noch ’ne angenehme Nacht.« Ungeduldig beobachtete sie, wie Monsieur de la Rivière Frau Braun und den Menschen zur Eingangstür folgte und die Hand auf den Rahmen des Buntglasfensters legte. Unter seinen Fingern floss die Struktur der Tür auseinander und teilte sich wie ein Vorhang, den er für seine Begleiter zur Seite hielt. Anorganische Manipulation in Perfektion, dachte Hannah. Er musste wirklich schon sehr alt sein. Sie selbst würde noch Jahrhunderte brauchen, ehe sie mehreren Materialien gleichzeitig vorübergehend die Struktur eines anderen Stoffes verleihen konnte …
    In diesem Moment fühlte sie den Boden unter ihren Füßenerzittern. Alles in ihr schien plötzlich starr und kalt zu werden. Hannah riss die Augen auf und schnappte nach Luft.
    Ihre Gabe!
    Sie spürte die Kraft, die sie in dieser Nacht so mühsam gesammelt hatte, mit einem Schlag aus sich herausfließen. Der Boden unter ihr bäumte sich auf, dehnte sich und schoss in bizarren Formen in die Höhe. Hannah wurde mit einem Ruck nach oben geschleudert. Erschrocken keuchte sie auf und versuchte hastig, ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Aber die Luft, auf die sie für gewöhnlich ihre Füße setzen konnte wie auf einen Teppich, zerfloss unter ihr. Haltlos stürzte sie zurück in die Tiefe – bis eins der grotesken Gebilde, die aus dem Fußboden geschossen waren, ihren Fall bremste. Hannah spürte, wie sich der scharfkantige Dorn der wuchernden Skulptur durch ihren Brustkorb bohrte und zwischen ihren Rippen wieder hervorbrach. Ihr Mund öffnete sich zu einem überraschten Schrei – doch alles, was hervorkam, war ein Husten, begleitet von einem Schwall Blut, während sich das Gebilde unter ihrer Berührung bereits erneut veränderte. Der Dorn verschwand, und Hannah fiel, wie der Junge vom Fluss gefallen war. Taumelnd. Ohne jede Kontrolle. Die Welt verschwamm vor ihren Augen. Und dann schlug sie hart auf den Boden auf.
    Reglos blieb sie liegen. Die Dunkelheit hinter ihren geschlossenen Lidern war blutrot. Ihr Körper schmerzte, als wäre jeder einzelne Knochen darin gebrochen. Nicht weit von ihr erklangen Schritte, dröhnten dumpf in Hannahs Kopf, und sie zwang sich, die Augen zu öffnen. Die Farben der Welt stimmten nicht mehr, waren verzerrt in grelles Licht und tiefschwarze Schatten und nichts dazwischen. Schemenhaft tauchte Monsieur de la Rivière über ihr auf. Er lächelte noch immer.
    »Sind Sie sicher, Mademoiselle, dass Sie nichts trinken möchten?«
    Neben ihm erschien das Gesicht des Menschen, undeutlich wie eine unscharfe Fotografie. Nur die Augen. Die Augen leuchteten in grellem Licht. Jetzt endlich roch Hannah auch das Blut in aller Deutlichkeit. Menschenblut. Wahres Blut. Und sie wusste, ihr blieben keine Argumente mehr. Und keine Wahl.

Kapitel Sieben
    Forschungsstation White Chapel, Kenneth, Missouri
     
    Cedric erreichte White Chapel eine knappe Stunde, nachdem er Frei in der Wohnung zurückgelassen hatte – und damit eine halbe Stunde später, als es sonst seine Art war. Aber er hatte Zeit gebraucht, um nachzudenken, ohne dass ständig jemand etwas von ihm wollte, ihn beobachtete – oder neuerdings auch zu beeinflussen versuchte. Die Anonymität der überfüllten Fußgängerzone von Kenneth schien ihm dafür genau der richtige Ort zu sein. Außerdem hatte er ein paar Kleider für Frei kaufen wollen, damit er seinen Mantel endlich wieder selbst tragen konnte.
    Cedric seufzte und lauschte dem Widerhall seiner Schritte im verlassenen Eingangsbereich der Forschungsstation. Wirklich beruhigt hatte ihn sein Spaziergang nicht, auch wenn er sich noch so oft sagte, dass es in seiner momentanen Lage die einzige halbwegs vernünftige Möglichkeit gewesen war, Frei mit zu sich nach Hause zu nehmen. Denn das war schlicht und ergreifend nicht die Wahrheit. Natürlich, sie reizte seinen Forschungsdrang. Vor allem, da sein Verdacht, was Freis Absonderlichkeit betraf, seit ihrer jüngsten Überreaktion durchaus als bestätigt gelten konnte. So unglaublich das scheinen

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