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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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mochte – Frei war auch als progressive Vampirin in der Lage, die Blutgabe zu nutzen, die ihr zur Verfügung gestanden hätte, wäre sie eine Konservative gewesen. So weit Cedric informiert war, war das ein einmaliger Präzedenzfall. Progressive hatten keine Blutgaben. Stattdessen waren sie mit irrsinniger Kraftund selbst für Vampire übernatürlich scharfen Sinnen ausgestattet. Das war die wissenschaftlich gemeinhin anerkannte Wahrheit. Frei aber war anders. In so vieler Hinsicht. Anders und faszinierend. Und gerade deshalb wäre es wohl das in Wahrheit Vernünftigste gewesen, sie einmal mehr zu einem Versuchsobjekt zu machen und sie an eine andere Forschungsgruppe zu übergeben. Eine, die sich schwerpunktmäßig mit der Erforschung der Blutgaben beschäftigte. Es wäre sehr leicht gewesen, sie abzuschieben und sich damit eine größere Sorge vom Hals zu schaffen. So schwach und zerbrechlich, wie Frei zurzeit war, hätte sie dem nichts entgegenzusetzen gehabt. Aber er hatte es nicht getan, und Cedric fragte sich, warum. Es verband ihn nichts mit diesem Mädchen, er mochte sie nicht einmal besonders. Ganz bestimmt tat er es auch nicht für Kris, dem so viel an ihr gelegen hatte. Und trotzdem hatte er sich entschieden, Frei bei sich zu behalten, bis sie in der Lage war, selbstständig zu überleben. Ihr zu helfen, ihre Fähigkeiten kontrollieren zu lernen und sie nicht ein weiteres Mal der Willkür eines Forschungsteams zu überlassen. Warum wohl?
    Beinahe hätte Cedric über sich selbst gelacht. Wem machte er hier eigentlich etwas vor? Im Grunde wusste er die Antwort längst.
    Denn es war nun einmal so, dass er schon vor einer ganzen Weile damit begonnen hatte, seltsame Dinge zu tun. Dinge, wie sich einen Flügel zu kaufen und das Klavierspielen wieder aufzunehmen, beispielsweise. Dabei hatte er die Musik bereits vor Jahrzehnten aufgegeben, weil sie ihm sinnlos erschien. So sinnlos wie Zigaretten und Schokolade. Sinnlos wie Alkohol, wie Zärtlichkeit oder Leidenschaft. Sogar sinnlos wie Tee. Es war, wie es war: Nach über vierhundert Jahren Unsterblichkeit war in Cedric nicht genug Menschlichkeit übrig, um sich über menschliche Dinge zu freuen.
    Bis er Katherine kennengelernt hatte.
    Katherine hatte immer gewollt, dass er sich ein Klavier kaufte, um ihr etwas vorzuspielen. Als der pragmatische Wissenschaftler, der er war, hatte Cedric sie dafür nur belächelt. Aber jetzt, wo sie nicht mehr da war, hatte er es getan. Und jetzt, wo sie nicht mehr da war, begann er, sich um dieses Vampirmädchen zu sorgen, obwohl er wusste, dass er seine Schuld dadurch nicht wiedergutmachen würde.
    Cedric schloss kurz die Augen, atmete tief durch und zwang sich, die Gedanken an Katherine einmal mehr beiseitezuschieben. Sich Vorwürfe zu machen würde sie nicht zurückbringen, und er brauchte einen klaren Kopf. Besonders, da das Erste, was ihm ins Auge sprang, als er den Flur im ersten Stock betrat, Dorian war.
    Er stand vor der Tür zu Cedrics Büro, unter dem Arm die Laborbücher, die er am Vortag mitgenommen hatte. Als Cedric den Fahrstuhl verließ, erschien ein Lächeln auf seinen Lippen, das Cedric augenblicklich den Magen umdrehte.
    »Ah, guten Abend, Cedric!«
    Cedric stellte die Taschen mit seinen Einkäufen vor der Tür zum Büro ab und legte den Finger auf das Sicherungsfeld über dem Schloss. Er machte sich nicht die Mühe, das Lächeln zu erwidern. »Dorian, was kann ich für dich tun?«
    Dorian trat neben ihn. »Ich wollte dir nur mitteilen, dass meine Überstunden erfolgreich waren – ich dachte, das wird dich sicher freuen.« Das samtige Timbre seiner Stimme glitt weich über Cedrics Haut – und sofort meldeten sich auch die Kopfschmerzen vom Vorabend zurück. »Wir sollten ja auch wirklich allmählich mit der richtigen Arbeit anfangen, findest du nicht? Vielleicht hast du gleich Zeit, mich in die aktuellen Experimente einzuweisen?«
    Cedric spürte, wie er sich versteifte. Das konnte doch einfachnicht wahr sein.
Niemand
hätte sich in nicht einmal vierundzwanzig Stunden alles aneignen können, was er und Kris über Monate hinweg mühevoll erarbeitet hatten, egal, wie nutzlos diese Erkenntnisse waren.
    Blender,
dachte Cedric angewidert.
    Er wandte kaum den Kopf, aber aus dem Augenwinkel sah er, wie Dorians Lächeln ein wenig breiter wurde. Cedric verzog grimmig den Mund.
So nicht, mein Freund. Nicht mit mir.
    »Nein«, sagte er kurz angebunden. »Vielleicht später.« Damit betrat er sein Büro und schloss die Tür

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