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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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sicher.«

Kapitel Neun
    In der Nähe von Loch Liath, Schottland
     
    Zuerst war es nur ein Geruch – fein und schwer zugleich wie eine Ahnung von wilden Blumen –, der Red im Halbschlaf in die Nase stieg. Schläfrig atmete er mit geschlossenen Augen ein, lauschte auf das Wispern und Knacken der Zweige über ihm und spürte die kühle Feuchtigkeit des Mooses an seiner Wange.
    Doch erst, als sich zwei warme Fingerspitzen an seine Wange legten, begriff er endlich, dass er nicht allein war. Er fuhr in die Höhe, die Hand schneller an seinem Revolver, als er denken konnte. Ein erschrecktes Keuchen, jemand zuckte zurück – und dann, als seine Augen endlich seinen übrigen Sinnen folgen konnten, sah Red das Mädchen.
    Er blinzelte.
    Ein
Menschen mädchen
?
    Noch einmal blinzelte Red, aber das Wesen vor ihm löste sich wider Erwarten nicht in Luft und Morgenflimmern auf. Auf den zweiten Blick war es allerdings kein Mädchen, sondern vielmehr eine junge Frau. In seinem Alter vermutlich – obwohl sie auf Red im ersten Moment ein wenig unterentwickelt wirkte. Sie hatte den sehnigen Körper von jemandem, der sich viel und gern bewegte. Im Augenblick allerdings saß sie reichlich ungrazil auf ihrem Hinterteil und starrte Red verblüfft an. Ihr Haar hatte die Farbe von vertrocknetem Laub, dunkler an manchen Stellen vom Morgennebel, der noch in einer dicken Schicht über dem Felshang lag und von den knorrigen Eichenim Gehölz hinter ihr tropfte. Auf dem Rücken trug sie einen Rucksack mit abgewetzten Riemen, und an ihrer Hüfte steckten in einem breiten Ledergürtel verschiedene Gerätschaften, die auf Red ziemlich bizarr wirkten – und nicht ganz ungefährlich. Die Haut um die hellen Augen und die spitze Nase war gesprenkelt mit unzähligen winzigen, braunen Flecken.
    Endlich rührte sich die Frau.
    »Hallo«, sagte sie. Sie schien noch immer überrumpelt von Reds heftiger Reaktion, alles in allem aber nicht besonders ängstlich. Ein zögerndes Lächeln entblößte eine streichholzbreite Lücke zwischen ihren Schneidezähnen.
    Langsam ließ Red den Revolver in seinen Schoß sinken. »Hallo«, erwiderte er.
    Die Frau richtete sich auf die Knie auf – vorsichtig und ohne Red dabei aus den Augen zu lassen, als sei er ein wildes Tier, das sie nicht erschrecken durfte.
    »Was für ein Baumgeist bist du denn?«
    Es kostete Red etliche Sekunden, zu begreifen, dass sie tatsächlich Englisch gesprochen hatte – allerdings in einem so ungewöhnlichen Dialekt, dass er es um ein Haar nicht als seine Muttersprache erkannt hätte. Es war eine Mischung aus melodischem Singsang und stark gerollten Rs, die trotz der vertrauten Worte so fremd in seinen Ohren klang, dass er sich nicht sicher war, sie richtig verstanden zu haben. Reds Verwirrung wuchs.
    Ein Baumgeist? Er? War das ein Witz?
    Er fuhr sich mit der Hand durch die feuchten Haare, in denen noch Moosstückchen hingen, und warf einen unsicheren Blick auf das Eichengehölz.
    »Ich bin Red September«, sagte er endlich, weil er nicht wusste, was er sonst antworten sollte.
    Ein paar kleine Falten erschienen auf der Stirn der Frau.»Red … September …« Sie schmeckte dem Klang einen Augenblick lang nach. »Red – wie rot?«
    Red nickte stumm.
    Die Frau hob eine Braue und musterte ihn skeptisch. Dann aber streckte sie Red die Hand entgegen. »Ich bin Elizabeth.«
    Zögernd schloss Red seine Finger um ihre. Sie waren warm und kräftig, aber gleichzeitig angenehm weich. Ein bisschen wie Sarahs Hände, dachte Red, und ohne dass er es wollte, erschien ihm die Fremde namens Elizabeth gleich viel sympathischer.
    Elizabeth lächelte erneut. Die braunen Flecken in der Nähe ihrer Augenwinkel kräuselten sich dabei. »Du fühlst dich ziemlich echt an.«
    Red runzelte die Stirn. »Ich bin echt!«
    Ein kleines Lachen rutschte über Elizabeths Lippen. Dann lehnte sie sich ein Stück vor und sah Red aus schelmisch funkelnden Augen an. »Also kein Geist?«
    Reflexartig zog Red seinen Arm zurück und befreite seine Finger aus ihrem Griff, ehe sie noch fester zupacken konnte. Er wusste nicht recht, warum, aber er fühlte sich seltsam berührt von ihren Worten, obwohl sie scherzhaft klangen. Berührt – und verunsichert.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Wie kommst du darauf?«
    Das Lachen verschwand von Elizabeths Gesicht. »Okay … Spaß beiseite. Wer bist du? Hier kommt nie ein fremder Mensch her.« Sie stockte, und ihre Miene verfinsterte sich. »Niemand kommt hierher.«
    Ein eigentümliches

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