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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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»Eine jetzt. Die andere später.«
    Das Grinsen kehrte auf Hanks Gesicht zurück. »Du bist echt härter, als du aussiehst, Kleine.« Er tippte sich an die Krempe seines Schlapphuts. »Ja, dann – Deal, Schätzchen. So wird’s gemacht. Mmh.«
     
    Die Innenstadt von Kenneth übertraf alles, was Frei sich jemals vorzustellen gewagt hätte. Hatte sie die Straße vor Cedrics Wohnung schon als beängstigend lebhaft empfunden, fühlte sie sich hier geradezu erdrückt von der schieren Masse an Vampiren, die durch die breite Fußgängerzone drängten, sich durch die Läden schoben oder in Cafés saßen und Blut aus kleinen Tassen tranken. Frei fragte sich beim Lesen der Werbeschilder unwillkürlich, wie aromatisiertes Blut wohl schmeckte – oder solches, das mit Sauerstoff oder Mineralien angereichert war. Aber nicht nur Blut gab es zu kaufen, auch nostalgische Getränke wie Tee, Schokolade oder Kaffee zu horrenden Preisen. Kleidung, Schuhe, Kosmetik, Elektronikware, Bücher, Schmuck und Krimskrams wurden in grell erleuchteten Schaufenstern angepriesen, Lichter blinkten. Millionen von Stimmen, Motoren und Schritten füllten die Luft mit einem niemals endenden Surren. Und nirgends konnte man einen Schritt vor den anderen setzen, ohne in Gefahr zu geraten, einen anderen Vampir anzurempeln. Allerdings machten die meisten Leute, wie erwartet, einen Bogen um Frei, Hank und seinen Hund, wann immer sie konnten. Frei war froh darüber. Sie fühlte sich von den vielen unterschiedlichen Sinneseindrücke ohnehin schon völlig überwältigt. Ihre Hände waren schweißfeucht, und ein leichter Würgereiz schien ständig nach ihrer Kehle zu greifen. Der rötliche Schleier ihres Jagdtriebs waberte in zähen Schlieren durch ihr Blickfeld, ohne sie ganz zu verschlucken, weil sie ohnehin nicht gewusst hätte, worauf sie sich zuerst stürzen sollte.
    So viel Blut.
    So viel Leben.
    Es war fast unerträglich – obwohl noch immer nicht ein einziger Mensch zu sehen war.
    Während sie sich ihren Weg durch die Einkaufspassage bahnten, murmelte Hank ununterbrochen vor sich hin. Den Hut hatte er tief ins Gesicht gezogen, und sein Gesichtsausdruck wirkte mürrisch. Der Hund drückte sich dicht an seine Beine und kläffte von Zeit zu Zeit einen besonders wohlhabenden Vampir an. Doch gerade diese beachteten den Obdachlosen und die verwahrloste junge Bluterin am allerwenigsten.
    Schon bald musste Frei zugeben, dass sie sich ohne ihren Führer tatsächlich sehr schnell hoffnungslos verlaufen hätte. Sie war nun froh, auf Hanks Handel eingegangen zu sein, auch wenn sich ihr Rucksack seit ihrem gemeinsamen Frühstück unangenehm leicht anfühlte. Neugierig musterte sie Hank von der Seite. Er hatte das Blut heruntergestürzt wie ein Verdurstender, und sein Blick hatte sich dabei selig verklärt. Vermutlich bekam er nicht oft Konserven – woher auch? Der Gedanke brachte Frei zurück zu der Frage, die sie schon eine ganze Weile beschäftigte. Vielleicht war es allmählich an der Zeit, sie zu stellen.
    »Sag mal …« Sie räusperte sich verlegen. »Wovon ernährst du dich eigentlich? Wenn du nicht gerade jemanden findest, der einen Rucksack voll Blut dabei hat, meine ich.«
    Hank unterbrach sein finsteres Selbstgespräch und hob den Kopf. Seine dunklen Augen glühten im Schatten des Schlapphuts. Dann hob er spöttisch einen Mundwinkel. »Willst bei mir einziehen, mmh? Nee du, Püppi, ich bin glücklicher Single.«
    Frei schüttelte schnell den Kopf. Bei ihm einziehen! »So ein Blödsinn. Ich habe mich das nur gefragt. Irgendwie musst du ja trinken. Wegen deiner Gabe, oder? Damit sie nicht außer Kontrolle gerät, meine ich.«
    Hank hob die Brauen. Nun sah er wirklich überrascht aus – und keineswegs glücklich. »Gabe … Mmh. Was weiß so ein kleines progressives Dummchen wie du denn von Blutgaben?«
    Frei vergrub die Hände tiefer in den Taschen. »Du bist ein Konservativer. Du musst doch eine haben.«
    Hank lachte auf, laut und trocken. Es klang so bitter, dass Frei sich ein wenig erschreckte. Zum ersten Mal sahen nun auch ein paar der Passanten zu ihnen hin, aber Hank schien das nicht groß zu stören. Er hob sogar die Stimme, als wäre es ihm ganz recht, wenn alle ihm zuhörten. »Klar hab ich eine. Klar, mmh. Wir haben alle eine. Aber weißt du, Schätzchen, wenn meine Blutgabe stark genug wäre, dass ich irgendetwas damit ausrichten könnte, säße ich bestimmt nicht auf der Straße, sondern in ’nem schicken Büro in der West Street.« Er

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