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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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bot zuverlässigen Schutz vor der brennenden Sonne. Frei war, kaum dass sie die Tür hinter sich verrammelt hatten, in einer Ecke zusammengesunken, wo auch die goldenen Streifen, die die Sonne durch die Ritzen der Bretter vor den verrammelten Fenstern warf, sie nicht erreichen konnten. Und sie hatte es so eben noch geschafft, Hank die versprochene Konserve vor die Füße zu werfen. Dann war sie innerhalb von Sekunden eingeschlafen.
    Nun fiel Mondlicht durch die Ritzen zwischen den Brettern, und Frei fühlte sich bereits viel besser. An ihre Brust gedrückt hielt sie nach wie vor den Rucksack mit den Blutkonserven. Das Schnürband, das sie sich vor dem Einschlafen sicherheitshalber fest um ihr Handgelenk geschlungen hatte, saß ebenfalls noch an seinem Platz. Doch an ihrem Unterarm spürte Frei, wie eine struppige Hundeschnauze versuchte, sich zwischen sie und den Rucksack zu drängeln. Mit einem Ruck fuhrsie in die Höhe und fauchte warnend. Ein Knurren und Winseln ertönte, und das Kitzeln der Haare verschwand so abrupt, wie es gekommen war. Ein Schatten fiel auf Freis Gesicht.
    »Na, na, Püppi. Nun tu mal nicht so. Mmh.« Die heisere Stimme war nicht weit von ihr entfernt. Um genau zu sein, sogar zu dicht bei ihr, so dass sie den fauligen Atem auf ihrer Haut spürte. Hank ließ sich schwerfällig neben sie auf den Boden sinken. Im Schatten seines Schlapphuts konnte Frei seine Augen kaum erkennen. »Gut geschlafen?«
    Frei nickte stumm, auch wenn es gelogen war. Sie glaubte sowieso nicht, dass es Hank ernsthaft interessierte, wie sie geschlafen hatte.
    Hank streckte auffordernd die Hand aus. »Zeit fürs Frühstück. Mmh.« Seine Zähne schimmerten im Mondlicht auf, als er den Mund zu einem Grinsen verzog.
    Frei runzelte die Stirn. Ihr erster Gedanke war, brüsk abzulehnen. Sie brauchte ihre Konserven selbst, und Hank hatte seinen Lohn für die Unterkunft immerhin schon bekommen. Aber dann wieder, dachte sie, musste sie sich auch überlegen, wie sie von hier aus weiterkam. Sie musste den Weg nach Victoria Hill finden – schnellstmöglich, damit Cedric sie dort auch finden konnte. Und so, wie sie aussah, mit zerrissenen, dreckigen Kleidern, stinkend und schmierig nach einem Tag auf dem Fußboden einer Toilette, gab es in Kenneth bestimmt nicht viele Vampire, die ihr bereitwillig den Weg beschrieben, geschweige denn überhaupt mit ihr gesprochen hätten. Abgesehen natürlich von denen, die genauso aussahen und rochen.
    Frei schloss die Arme wieder fester um den Rucksack und sah Hank geradeheraus ins Gesicht. »Nur unter einer Bedingung.«
    Hank zog unwillig die Brauen zusammen. »Also, Mädchen …«
    »Du kennst dich doch aus in der Stadt.« Frei ließ ihn nichtausreden. »Ich muss nach Victoria Hill. Wenn du mich hinbringst, gebe ich dir noch eine von meinen Konserven.«
    Hank blieb der Mund offen stehen. »Victoria Hill! Dahin brauchen wir zu Fuß fast drei Stunden, mmh, was willst du denn da draußen?«
    Frei rappelte sich auf. »Also, wenn es so weit ist, dann gehen wir wohl besser gleich.«
    Auch Hank kam auf die Beine. Sein Gesicht war eine unwillige Grimasse. »Hör mal, Schätzchen, du fühlst dich ja vielleicht taufrisch, aber ich bin nicht mehr der Jüngste, wenn du verstehst. Für eine lumpige Konserve, mmh, da lauf ich nicht bis nach Vicky Hill raus, verstehst du?«
    Frei atmete tief durch. Sie hatte wirklich keine Geduld für diese ständigen Verhandlungen. Es konnte doch nicht so schwer sein, ihr kurz den Weg zu zeigen, und er sollte froh sein, wenn er auch noch Blut dafür bekam – wo er doch offenbar so scharf darauf war. »Dann sag mir, wie ich hinkomme. Ich finde mich schon zurecht.«
    Hank rieb sich angestrengt über die Stirn. »Püppi«, stöhnte er, »du bist auf dich gestellt doch gar nicht lebensfähig.« Er schüttelte den Kopf. Aber seine Augen funkelten listig, das sah Frei ganz genau. »Na komm schon. Drei Konserven für den netten Onkel, und ich bring dich hin.«
    Frei schloss kurz die Augen und versuchte, die Wut zu unterdrücken, die in ihrem Magen zu brodeln begann. Nicht lebensfähig! Von wegen! Aber objektiv betrachtet, dachte sie widerwillig, war sie sich tatsächlich gar nicht so sicher, ob sie sich wirklich zurechtfinden würde. Drei Konserven – das war sehr viel mehr, als sie abzugeben bereit war. Aber sie konnte es sich noch weniger leisten, sich in der Stadt zu verlaufen, so viel war ihr klar.
    »Zwei«, sagte sie entschlossen und löste die Schnur von ihrem Handgelenk.

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