Unbescholten: Thriller (German Edition)
Darunter entdeckte Lars ein altes Teleskop ohne Stativ.
Er machte ein paar Fotos und schaute dann auf seine Armbanduhr. Er musste sich beeilen und ging hinaus zur Treppe. Als er an Sophies Zimmer vorbeikam, folgte er einem Impuls. Noch einmal öffnete er den Wandschrank, dann eine Schublade, nahm ein Höschen heraus und steckte es in die Tasche. Dann ging er wieder nach unten zu Anders.
Der saß in einem kleinen Arbeitszimmer an einem Computer.
»Wir müssen«, sagte Lars.
»Halt die Klappe«, antwortet Anders, den Blick auf den Bildschirm gerichtet. Er tippte etwas in die Tastatur.
»Anders!«
Anders blickte auf. »Halt die Klappe, habe ich gesagt! Sieh dich um, mach, was du willst, aber geh hier raus.«
Lars wollte etwas sagen, ließ es dann aber. Er drehte noch eine Runde und sah nach, ob sie nichts vergessen hatten. Alles schien in Ordnung. Er ging zurück zur Terrassentür, durch die sie hereingekommen waren. Er wurde immer nervöser, der Schweiß trat ihm auf die Stirn.
Anders trat aus dem Arbeitszimmer. »Ich geh nur noch aufs Klo, dann hauen wir ab.«
»Nein, bitte nicht«, sagte Lars leise.
Anders grinste, nahm eine Zeitung vom Sideboard und schlenderte zur Toilette.
Lars stand bei den Jacken und Mänteln, die nebeneinander an ihren Haken hingen, lehnte die Stirn an die Wand, schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Sein Puls hämmerte in seinen Ohren, sein Bauch tat ihm weh, die Hände waren kalt, und sein Mund war trocken.
Da hörte er Schritte auf der Treppe. Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt. Lars drehte sich um und starrte zur Tür.
Das Schloss klickte, die Klinke wurde heruntergedrückt, und die Tür öffnete sich. Vor ihm stand eine kleine Frau um die sechzig, sie stellte ihre Tasche auf den Boden und knöpfte ihren Mantel auf. Er starrte sie an, ihre Blicke trafen sich, und sie zuckte zusammen, fasste sich an die Brust und sagte einen Satz in einer osteuropäischen Sprache. Ihr Schreck schien in eine Art Gelassenheit umzuschlagen. Denn sie lachte und erklärte auf Schwedisch, dass sie nicht gewusst habe, dass jemand zu Hause sei.
Sie streckte die Hand aus und stellte sich als Dorota vor. Verwirrt nahm Lars ihre Hand.
»Lars.«
Er hörte ein glucksendes Lachen hinter sich und drehte sich um. Anders.
Dorota sah die beiden Männer vorsichtig lächelnd an. Sie schien plötzlich unsicher, wen sie da vor sich hatte.
Anders’ Lachen verschwand ebenso plötzlich, wie es gekommen war. Er packte Dorota am Arm, hob ihre Handtasche vom Boden auf und schob die Frau in die Küche. Dort setzte er sie auf einen Stuhl und drehte sich zu Lars um.
»Und jetzt?«
Dorota wirkte jetzt sehr verängstigt.
»Komm, lass uns abhauen«, sagte Lars.
Anders sah ihn verächtlich an. »Gute Idee. Gehen wir.« Dann wandte er sich an Dorota. »Wer bist du?«
Unsicher schaute sie von einem zum anderen.
»Ich putze hier.«
»Du putzt hier?«
Dorota nickte.
Anders warf ihr die Handtasche in den Schoß. »Gib mir dein Portemonnaie.«
Dorota sah Anders an, als hätte sie nicht verstanden, was er eben gesagt hatte. Dann kramte sie nervös in ihrer Handtasche, bis sie das Portemonnaie fand. Anders nahm es, riss den Ausweis heraus und warf einen Blick darauf.
»Wo wohnst du?«
»Spånga«, antwortete sie flüsternd.
Lars schaute die Frau an, sie tat ihm plötzlich sehr leid. Anders steckte Dorotas Ausweis in seine Tasche.
»Den behalten wir, und du hast uns nie gesehen.«
Dorota blickte zu Boden.
»Hast du verstanden, was ich gesagt habe?«
Sie nickte. Anders drehte sich zu Lars um und ging auf die Terrassentür zu. Lars blieb noch einen Moment stehen und schaute die Frau an, die nervös zu Boden blickte.
Anders lief zum Auto. Lars beeilte sich hinterherzukommen. Sie schwiegen, während Lars sie aus dem Wohngebiet herausfuhr. Er hielt sich streng an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Plötzlich packte Anders ihn am Kragen und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Lars trat auf die Bremse und versuchte sich zu schützen.
»Du blöder Idiot … Bist du total bescheuert?«, schrie Anders.
Lars’ Ohr brannte, und seine Knie zitterten.
»Was hättest du gemacht, wenn ich nicht dabei gewesen wäre, hä? Aufgegeben? Du hast dich mit deinem richtigen Namen vorgestellt! Hast du denn gar keine Ahnung, was wir hier machen?«, schrie Anders.
Lars antwortete nicht.
»So ein Idiot!« Anders sah ihn giftig an und zeigte nach vorn. »Nun fahr schon!«
Sie schwiegen eine ganze Weile.
»Wir
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