Unbescholten: Thriller (German Edition)
bis zu Michails Besuch in Jütland.
»Das ist eine ungute Geschichte.«
Hector überlegte einen Moment, dann blickte er auf.
»Was hat deine arme Oma dazu gesagt?« Auf diese Frage war Jens nicht gefasst gewesen, aber dieser Kerl war ihm auf Anhieb sympathisch.
»Sie kommt schon klar.« Jetzt lächelte auch Jens.
Von der Küche drang Essensgeruch zu ihnen ins Büro.
»Wenn wir dir helfen, deine Sachen zurückzubekommen, kannst du dir aussuchen, ob du uns bar dafür bezahlst oder ob du uns später einen Gefallen tun willst.«
»Und wenn ihr es nicht schafft?«
»Wir schaffen es immer«, sagte Hector.
»Wir müssen zusehen, dass wir Kontakt zu ihnen bekommen«, sagte Aron. »Es ist wichtig, dass sie begreifen, dass die Waffen nicht uns gehören.«
Hector sah Jens an. »Es sind neurotische Leute, mit denen wir es da zu tun haben.« Dann wandte er sich an Aron. »Bist du sicher, dass Carlos nicht hier ist?«
Aron nickte. »Ganz sicher.«
»Gut, Jens«, sagte Hector und schlug sich mit den Handflächen auf die Knie, »war nett, dich zu treffen. Jetzt werde ich mit einer Frau zu Abend essen, die ich sehr mag. Sie hat schon lange genug auf mich gewartet.« Er stand auf und ging zur Tür.
Jens sah ihm hinterher. Im selben Augenblick, in dem Hector die Tür öffnete, schlug ihm das Türblatt entgegen. Hector taumelte. Michail und ein weiterer Mann stürzten herein. Jens konnte noch sehen, wie der Kleinere der beiden Hector einen Schlagstock über den Kopf zog, bevor er selbst durch einen harten Schlag gegen die Kehle zu Boden ging. Michail stürzte sich auf Aron. Es ging alles sehr schnell. Jens schlug seinen Kopf gegen den des anderen, deckte ihn mit Schlägen ein und überwältigte ihn. Doch schon war Michail hinter ihm. Er versetzte Jens einen Tritt gegen die Schläfe, dann wurde Jens schwarz vor Augen.
Das Nächste, was er hörte, war ein dumpfes Geräusch. Jemand schüttelte ihn und sagte etwas. Die Worte und Geräusche waren verschwommen, er dämmerte immer wieder in die Bewusstlosigkeit hinüber.
Mit einer Kraftanstrengung schlug Jens die Augen auf. Er hatte furchtbare Kopfschmerzen, und das Licht blendete ihn. Er machte die Augen wieder zu. Jemand schüttelte ihn erneut. Er wollte protestieren, aber das Schütteln war unerbittlich. Er schlug die Augen auf, und was er im grellen Licht sah, überzeugte ihn davon, dass er träumte: Sophie Lantz hockte neben ihm und rief seinen Namen. Er freute sich, sie zu sehen, er hatte ganz vergessen, wie hübsch sie war. Er lächelte sie an und wollte weiterschlafen. Da erinnerte er sich, dass er auf dem Boden des Büros im Restaurant lag, er hatte wohl einen Teil der Wirklichkeit mit in den Traum genommen.
»Jens?«
Wieder öffnete er die Augen. Sophie saß immer noch vor ihm, Jens versuchte, seinen Blick zu fokussieren.
»Jens, hörst du mich?«
»Sophie?«
Ein Lächeln blitzte in ihrem Gesicht auf. Sie half ihm, sich aufzusetzen, hockte sich neben ihn und las etwas in seinen Augen. Er blickte sie an, er erinnerte sich so gut an diese Augen.
»Was machst du hier?«, fragte er.
»Das spielt jetzt keine Rolle«, antwortete sie.
Dann kam Aron herein. An seiner geplatzten Augenbraue war das Blut getrocknet, er hatte einen blauen Fleck an der Wange und ein Veilchen am rechten Auge.
»Wir fahren«, sagte er knapp.
Jens erhob sich mit wackligen Beinen.
»Hol dein Auto, Sophie. Wir treffen uns auf der Rückseite des Gebäudes«, sagte Aron. »Ich brauche jetzt deine Hilfe, Jens. Sie haben Hector mitgenommen, ich kann ihm aber via GPS folgen. Hast du eine Waffe?«
Jens schüttelte den Kopf.
Aron nahm einen Revolver aus dem Schrank, einen 45er Colt mit kurzem Lauf.
Jens nahm die Waffe und überzeugte sich, dass sie geladen war. Sie liefen zur Hintertür hinaus, die in einen Innenhof führte, dann durch ein Hinterhaus und gelangten auf eine Straße. Sophies Land Cruiser kam mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu und hielt abrupt vor ihnen. Aron öffnete die Beifahrertür.
»Du bleibst hier, Sophie, wir leihen uns für eine Weile dein Auto.«
»Ihr braucht mich«, erwiderte sie. »Wenn ich fahre, habt ihr die Hände frei.«
Aron hatte keine Zeit zu diskutieren und sprang auf den Beifahrersitz. Jens setzte sich nach hinten.
»Die E 4 in nördlicher Richtung«, sagte Aron mit Blick auf das GPS in seinem Handy.
Sophie fuhr Richtung Norrtull und dann auf den Norra Länken. Sobald sie auf der Autobahn waren, beschleunigte sie.
Im selben Augenblick sah sie den
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