Unbescholten: Thriller (German Edition)
leichthin und nahm sich einen Teller aus dem Schrank und Besteck aus der Schublade. Hector sah ihm dabei zu. Albert setzte sich ungeniert an den Tisch und begegnete kurz Hectors Blick.
»Hector? Ist das nicht eher ein Hundename?«, fragte er grinsend, während er sich etwas zu essen nahm. Seine Augen glitzerten provozierend, er hatte die Episode mit der Polizei schon vollkommen vergessen.
»Doch«, sagte Hector. »Ist es. Es ist ein Hundename. Und Albert? Ich glaube, wir hatten mal einen Esel, der so hieß.«
Sie plauderten miteinander und machten Späße, als ob sie einander schon immer gekannt hätten. Sophie verfolgte diese Szene mit einem Lächeln – und einem unbestimmten Gefühl von Angst.
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Es war ein warmer Abend. Jens saß auf einer Bank am Marktplatz von Stocksund. Ein paar festlich gekleidete Jugendliche mit Studentenmützen liefen vorüber. Einem Mädchen mit einer Flasche Alcopop in der Hand fiel es schwer, auf ihren hohen Absätzen die Balance zu halten. Jens blieb sitzen, bis die angetrunkenen Jugendlichen verschwunden waren, dann nahm er seinen Rucksack und ging über Umwege zu Sophies Haus. Von einem angrenzenden Garten aus konnte er die Umgebung überblicken.
Er legte sich unter einem Strauch auf den Bauch. Dann nahm er sein Fernglas aus dem Rucksack und suchte die Umgebung ab.
Er entdeckte den Saab, stellte scharf und sah einen Mann auf dem Fahrersitz. Das Auto stand etwas abseits von Bäumen verdeckt, und Jens hätte es sicherlich nicht bemerkt, wenn er nicht danach gesucht hätte. Der Fahrer schien allein zu sein.
Jens’ Plan war einfach. Er wollte den Mann fotografieren und ihn dann mit Harrys Hilfe identifizieren. Das wäre ein Anfang.
Der Typ in dem Auto war aller Wahrscheinlichkeit nach Polizist. Aber Jens wollte sich nicht mit Wahrscheinlichkeiten abgeben. Er brauchte Klarheit, um Ordnung in diese Geschichte bringen zu können. Er nahm das Fernglas herunter und schaute zu Sophies Haus hinüber. Er sah Bewegungen in der Küche und hob das Fernglas wieder an die Augen.
In der Linse erschien Hector Guzman. Den hatte Jens als Letzten dort erwartet. Hector, Sophie und Albert saßen zusammen am Küchentisch. Dann war sicherlich auch Aron in der Nähe. Wenn Aron hier war, dann war das eine heikle Situation.
Und er war da. Jens sah ihn durch das Fernglas auf sich zukommen. Er war im Spaziertempo auf Kollisionskurs mit dem Bullen im Saab. Es gab nur eine Möglichkeit. Er schaute zu Aron und dann zum Saab und überlegte, wie viel Zeit ihm noch blieb. Jens kroch aus dem Gebüsch hervor und rannte parallel zu Aron oberhalb der Straße, er musste ihm zuvorkommen. Und er musste sich um jeden Preis dem Saab von hinten nähern, um den Fahrer zu überraschen. Jens rannte über das taunasse Gras den Abhang hinab. Er stolperte und rutschte, duckte sich und war nun fast an der Heckklappe. Er hoffte, dass der Mann im Wagen mit irgendetwas beschäftigt war und nicht in den Rückspiegel schaute.
Jens erreichte die hintere Wagentür und betete zu Gott, dass sie nicht abgeschlossen war. Er fasste nach dem Griff und riss sie auf. Danke! Er warf sich auf den Rücksitz.
»Fahr los, sofort!«, zischte er den Fahrer an.
Der Mann starrte ihn entgeistert an. »Was?«
»Mach den Motor an, und fahr los, Guzmans Leibwächter ist auf dem Weg hierher!«
Jens sah Aron näher kommen. Der Mann hinter dem Steuer wirkte schwer von Begriff.
»Schau nach links!«
Plötzlich schien er zu verstehen, was vor sich ging. Er startete den Saab und fuhr mit einem Ruck los. Jens öffnete den Rucksack, nahm seine 92er Beretta heraus und drückte sie dem Mann zwischen die Rippen.
»Klapp den Rückspiegel hoch.«
Es dauerte eine Weile, bis der Fahrer begriff, was er tun sollte. Schließlich bog er den Spiegel zur Seite. Er wirkte seltsam gelassen, fast als stünde er unter Drogen.
»Gib mir dein Portemonnaie«, sagte Jens.
»Ich bin Polizist«, erwiderte der Fahrer.
»Wie heißt du?«
»Lars.«
»Lars, und weiter?«
»Vinge.«
Jens hielt ihm den Lauf von hinten ans Ohr. »Das Portemonnaie und dein Handy.«
Lars reichte sie nach hinten, und Jens steckte beides in seinen Rucksack. Dann verlangte er Lars’ Dienstwaffe und entlud sie. Das Magazin schob er in die Hosentasche, und die Pistole ließ er auf den Boden fallen.
»Wohin fahren wir eigentlich?«, fragte Lars.
»Fahr einfach.«
Eine Weile schwiegen beide, während Lars den Wagen durch das dunkle Wohngebiet lenkte.
»Warum haben Sie
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