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Unbeugsam

Unbeugsam

Titel: Unbeugsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Hillenbrand
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Schokoladenriegel der Hershey Company, die sogenannten Ration-D-Riegel –, die in Einzelstücke aufgeteilt und in Wachspapier-Behälter verpackt waren, um unempfindlich gegen Gasangriffe zu sein. Die Riegel bestanden aus einer unangenehm bitter schmeckenden Substanz, damit die Soldaten sie nur aßen, wenn es unbedingt nötig war; außerdem waren sie äußerst kalorienreich und im Vergleich zu normaler Schokolade sehr hitzebeständig. Der Gebrauchsanweisung auf der Packung war zu entnehmen, dass pro Person täglich zwei Stücke vorgesehen waren, eins morgens, eins abends, das jeweils 30 Minuten lang im Mund behalten werden sollte, bis es sich vollständig aufgelöst hatte.
    Bei der Schokolade fand Louie noch mehrere Dosen mit jeweils rund einem Viertelliter Wasser, einen Blechspiegel, eine Leuchtpistole, Farbe zum Einfärben des Wassers, ein Set Angelhaken, eine Spule Angelleine, und zwei Luftpumpen in Behältern aus Canvas, verstärktem Segeltuch. Dann war da noch ein Satz Zangen mit in den Griff integrierten Schraubenziehern. Louie grübelte eine ganze Weile über diesen Zangen; er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wozu man auf einem Rettungsboot Schraubenzieher oder eine Zange brauchen sollte. Außerdem gab es in jedem Boot Flickzeug für eventuelle Löcher in der Bootswand. Und das war auch schon alles.
    Die Ausstattung war völlig unzureichend. Ein Jahr später würde jedes Rettungsboot einer B-24 mit einer Sonnenschutzplane ausgerüstet sein, blau auf der einen Seite, gelb auf der anderen. 5 Wenn es nötig war, sich in feindlichen Gewässern zu tarnen, konnte die Plane mit der blauen Seite nach |152| oben aufgespannt werden; wenn es darum ging, sich bemerkbar zu machen, wurde die gelbe Seite nach oben gewendet. Ab 1944 hatte ferner jedes Boot standardmäßig einen Schöpfeimer, einen Mast und ein Segel, einen Anker, Sonnenschutzcreme, einen Erste-Hilfe-Kasten, Verschlusspfropfen, eine Signalleuchte, Angelzeug, ein Klappmesser, Scheren, eine Trillerpfeife, einen Kompass und mehrere Broschüren religiösen Inhalts. Keiner dieser Gegenstände – nicht einmal ein Messer – fand sich in den Rettungsbooten von
Green Hornet
. Es gab auch kein »Gibson Girl«, einen Radiosender, der Signale über gut 300 Kilometer aussenden konnte. Neuere Flugzeuge waren schon seit fast einem Jahr damit ausgestattet, und zwei Monate später hatten ihn alle Flugzeuge an Bord, aber auf
Green Hornet
gab es keinen. Navigationsinstrumente hatten die Männer auch nicht. Es war Mitchells Aufgabe gewesen, sie sich an den Körper zu schnallen – aber selbst wenn er es getan hatte, dann lagen die Instrumente jetzt mit ihm auf dem Meeresboden.
    Die Frage der Wasserversorgung war am dringlichsten. Mit den paar wenigen Viertelliter-Dosen würden sie nicht weit kommen. Die Männer waren zwar von Wasser umgeben, aber trinken konnten sie es nicht. Der Salzgehalt von Meerwasser ist so hoch, dass es als giftig gilt. Wenn ein Mensch Meerwasser trinkt, müssen seine Nieren Urin produzieren, um das Salz auszuschwemmen, dafür brauchen sie allerdings mehr Wasser, als das Meerwasser mitbringt; dieses zusätzliche Wasser entzieht der Körper den Zellen, die dann aufgrund des Wassermangels zugrunde gehen. Paradoxerweise führt also das Trinken von Meerwasser zu potentiell tödlicher Austrocknung, zum Tod durch Verdursten.
    Es war absehbar, dass es nicht lange dauern würde, bis die Lage von Phil, Louie und Mac, die mit minimalen Wasservorräten schutzlos auf der Höhe des Äquators im Meer trieben, völlig aussichtslos war. Die Boote waren weder mit Wasserentsalzungs- oder Destillierungsvorrichtungen ausgerüstet, noch hatten die Männer irgendwelche Behälter, in denen sie Regenwasser auffangen konnten. Fünf Monate zuvor hatte General Hap Arnold angeordnet, dass sämtliche Rettungsboote mit dem Delano Sunstill ausgerüstet werden sollten, einem Gerät, mit dem man unbegrenzt kleine Mengen Trinkwasser herstellen konnte. Die Auslieferung hatte sich verzögert. 6
     
    Mac hatte, seit er aus dem Wasser aufgetaucht war, nicht ein Wort gesprochen. Irgendwie hatte er es geschafft, den Absturz unverletzt zu überstehen. Er tat alles, was Louie ihm befahl, aber der glasige, verschreckte Ausdruck wich nicht einen Augenblick lang aus seinem Gesicht.
    |153| Louie beugte sich gerade über den Rand des Rettungsboots, als Mac plötzlich anfing zu heulen: »Wir werden sterben!« 7 Louie versicherte ihm, dass die Leute vom Geschwader nach ihnen suchen

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