Uncharted - Das vierte Labyrinth
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„Eigentlich klingt es, als würde man dafür unglaublich viel Mut brauchen – um ganz allein zu sein.“
„Ich war ja nicht ganz allein. Wann immer ich jemanden brauchte, war Sully für mich da“, meinte Drake mit leiser Stimme. Er war es nicht gewohnt, sich zu öffnen und die dummen Sprüche abzustellen, die ihm zu jeder Tages- und Nachtzeit und in jeder noch so brenzligen Situation wie selbstverständlich über die Zunge kamen.
„Sully war schon immer so“, erzählte Jada. „Er spielt den harten Kerl und tut so, als wäre ihm alles egal. Manchmal lässt er sich monatelang nicht blicken, dann geht er auf die unmöglichsten Angebote ein, als würde nur Kohle ihm etwas bedeuten – und in den meisten Fällen ist es vielleicht sogar so. Aber mein Vater hat immer gesagt, wenn er mit dem Rücken zur Wand stünde, wenn es wirklich hart auf hart käme, dann hätte er niemanden lieber bei sich als Onkel Vic.“
„Ja.“ Drake nickte, und die nächsten Minuten gingen sie schweigend nebeneinander her, bevor er schließlich wieder den Mund aufmachte. „Hör mal, ich wünschte, nichts von alldem wäre je passiert. Trotzdem bin ich froh, dass ich bei euch beiden bin. Ich stehe auch auf deiner Seite.“
„Ich weiß“, sagte sie. „Und ich danke dir dafür.“
Wieder breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus, aber diesmal hatte die Stille etwas Atemloses, so als würden sie die nächsten Worte, die einer von ihnen aussprechen könnte, fürchten. Lauter Gesang drang an ihre Ohren, griechische Stimmen, vereint in alkoholgeschwängerter Kameraderie.
Das Lied erklang aus einer nahen Bar, und als es endete, erscholl lautes Lachen. Ein Mann joggte an ihnen vorbei, der ganz auf sich und seinen Laufrhythmus konzentriert war, und von unten kamen ihnen zwei modisch gekleidete junge Frauen entgegen, die mit größtmöglicher Selbstsicherheit ihre Hüften schwangen.
Doch Drake und Jada bekamen kaum etwas davon mit. Während dieser kurzen Sekunden konnten sie einfach nicht die Augen voneinander lassen.
Schließlich blinzelte Jada, und nachdem sie tief eingeatmet hatte, zwang sie sich zu einem nervösen Lächeln. „Es ist wirklich wunderschön hier. So romantisch. Da kommen einem die verrücktesten Gedanken.“
Drake nickte erleichtert. Hätte sie ihn geküsst, hätte er sie vielleicht zurückgeküsst, und das wäre schrecklich falsch gewesen. Einen Moment lang hatte die Beziehung zwischen ihnen auf einem schmalen Grad geschwankt, und wäre sie in etwas anderes umgeschwenkt als nur Freundschaft, hätte das drastische Konsequenzen nach sich gezogen. Er lächelte und wartete ein paar Sekunden, bevor er etwas sagte, nur um sicherzugehen, dass dieser Moment endgültig überwunden war.
„In der Hinsicht hatte ich noch nie viel Glück“, meinte er dann.
„Ja, ich auch nicht. Vielleicht sollte ich wieder hierherkommen, wenn das alles vorbei ist, mir einen netten Fischer suchen und einen Laden aufmachen.“
Drake lachte. „Du schaust zu viele Filme.“
Als Jada ihm daraufhin gegen den Arm boxte, wusste er, dass der Moment offiziell vorbei war. Sie waren Verbündete und auf seltsame Weise fast schon so etwas wie Geschwister – aber nichts weiter. Drake wusste, dass dies für alle Beteiligten das Beste war. Alles andere wäre viel zu kompliziert geworden. Trotzdem würde er sich wohl noch lange fragen, was gewesen wäre wenn. Es war nicht das erste Mal in seinem Leben, dass er so fühlte, und er hatte so eine Ahnung, dass es auch nicht das letzte Mal gewesen war.
„Hör mal“, sagte sie, verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und strich sich eine violette Strähne aus der Stirn. Sie zog die Lederjacke enger um ihre Schultern, als wäre die Nacht plötzlich kälter geworden. „Da ist etwas, worüber wir reden müssen, und ich glaube nicht, dass wir es noch weiter aufschieben sollten.“
Oh, oh, dachte Drake. Wir hatten den perfekten Moment, das stille Einverständnis. Wenn wir jetzt darüber reden, wird das nur in bedröppeltem Unbehagen enden, und ich werde anfangen, sinnloses Zeug zu plappern und mich zum Vollidioten machen.
„Diese vermummten Kerle … “, begann Jada.
Drake zog die Augenbrauen nach oben und wechselte den geistigen Gang. „Ja. Natürlich. Die Vermummten. Klar.“
„Ich meine, sicher, wir haben schon über sie gesprochen, im Sinne von: Diese Kerle sind unheimlich, wer zum Teufel sind sie, und warum wollen sie uns töten, und warum haben sie uns eine Warnung gegeben, dass
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