Und abends etwas Liebe
besuchen.«
»Ja, und auch das wird leider zu einer lieben Gewohnheit. Alison sagte gestern, er werde diese Woche sicher hierherkommen. Die Verbindung in ihrer jetzigen Form behagt ihm sehr. So ist das in dem Alter.«
»Du scheinst Spezialistin für Witwer zu sein. Wie machst du das nur?«
»Das ist meine Intuition. Ich kann mit Leichtigkeit anderer Leute Gedanken lesen.«
»Zumindest bist du nicht zu bescheiden. Aber wir sollten nicht so akademisch daherreden, sondern etwas unternehmen, und zwar sofort. Wenn Julian erst einmal nach England abreist, dann kommt er bestimmt nicht mehr wieder. Er wird dem Colonel sehr fehlen. Und uns auch. Für Alison aber wäre das eine Katastrophe.«
Großspurig meinte Larry: »Überlasse das einmal ganz mir. Ich wette fünf Shilling mit dir, daß ich das Ganze hinkriege.«
Für solch eine gute Sache konnte ich gerne fünf Shilling einsetzen. Trotzdem war es schwer, einen Weg zu sehen. Schließlich konnten wir den Kapitän nicht zu Mrs. Anstruther hinschleppen und ihm befehlen, um ihre Hand anzuhalten. Wie also unsere Vorstellung verwirklichen, ohne alles zu ruinieren?
Einige Tage später traf der Kapitän bei den Anstruthers ein. Pflichtbewußt besuchte er auch mich und Larry. Er sagte, er bleibe einige Tage hier. »Es scheint, als hätten Patty und ich eine Menge zu besprechen. Die alten Geschichten. Wenn man älter wird, spricht man gerne über die alten Zeiten. Jemand, den man fragen kann: Erinnerst du dich noch? Wenn ich mit Patty spreche, fühle ich mich wieder jung.«
Ich sehnte mich danach, ihm vorschlagen zu können, er solle seine Jugend dauerhaft wiederherstellen, indem er Patty heiratete. Aber ich brachte nicht mehr als die Bemerkung hervor, Mrs. Anstruther müsse sehr unterhaltend sein. Er sah sie als eine Art von Jungbrunnen an, während sie auf mich vor allem dann deprimierend wirkte, wenn sie Alison mit diesem Blick des Besitzerstolzes anschaute.
Seit unserer sinnlosen Unterhaltung über diese Sache hatte ich Larry nicht mehr gesehen. Als ich sie anrief und ihr vorschlug, in die Stadt zu fahren und den Stoff zu kaufen, meinte sie geistesabwesend: »Wolle? Winterkleid? Ach ja, das müssen wir bald einmal erledigen, aber im Moment bin ich mit anderen Dingen zu sehr beschäftigt.«
Mißtrauisch fragte ich: »Welche anderen Dinge sind das denn?«
»Ich plane... ich denke angestrengt nach.«
»Das muß aber anstrengend sein«, sagte ich hinterlistig, denn Larry weiht mich gewöhnlich immer in ihre Pläne ein.
»Genau. Es handelt sich um die bekannte Situation«, antwortete sie mit geheimnisvoller Stimme. »Und ich glaube, ich habe die Lösung. Aber die verrate ich dir nicht. Sagtest du nicht, du würdest heute nachmittag Anne besuchen? Dann komme ich mit dir. Ich muß Anne unbedingt etwas mitteilen.«
Das Ganze hörte sich schrecklich geheimnisvoll an, und ich war ziemlich gekränkt. Sie war immer noch in dieser überlegenen Stimmung, als ich sie abholte. Sie ließ keinen Ton über ihre Absichten verlauten. Als die Kinder aber dann draußen spielten und wir drei allein waren, kam sie auf Julian zu sprechen. Stimmte es wirklich, daß er mit dem Gedanken spielte, für immer nach England zurückzukehren?
»Ich fürchte, ja. Noch vor wenigen Tagen meinte er, er tauge hier nicht viel. Daddy scheint ihn nicht davon überzeugen zu können, daß er genau der richtige Mann ist. Natürlich sieht der alte Herr auch nicht, was mit Julian und Alison los ist.«
»Hat Julian je mit dir darüber gesprochen?«
»Nicht offen. Du weißt doch, wie zurückhaltend er ist. Aber er zitierte das Sprichwort: >Besser ein Finger weg als die ganze Hand.<«
Wir saßen schweigend beieinander und verdauten diesen Ausspruch erst einmal, und dann sagte ich: »Warum von Alison weglaufen? Warum nicht einfach warten?«
»Warum warten?« fragte Larry spitz. »Nein, man muß einen anderen Weg wählen. Sag, Anne, würdest du zugunsten von Julian ein kleines Risiko auf dich nehmen? Nichts Schlimmes, mehr ein Ausweg!«
Anne lächelte: »Aber gerne. Für Julian würde ich alles tun, oder fast alles, solange ich kein Risiko mit Tim oder den Kindern eingehen müßte. Oder auch mit Daddy. Aber das würdest du doch sicher auch nicht von mir erwarten, oder, Larry?«
»Natürlich nicht«, meinte Larry unschuldig. »Mit dem Feuer würde ich nie spielen«, und ich hielt den Atem an, denn genau das hatte Larry in den verschiedensten schwierigen Situationen getan. Sie drehte mir den Rücken zu und fuhr
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