Und am Ende siegt die Liebe
sich, ohne es zu ahnen, mit einer ihm gänzlich unbekannten Frau ferntrauen lassen, während er mit einer anderen verlobt gewesen war. Regan lachte Tränen, als Travis ihr die komischen Verwicklungen dieser seltsamen Hochzeit und die Streiche von Clays Nichte und Neffen schilderte.
Er erzählte ihr auch von seinem kleinen Bruder, Wesley, und Regan brauchte Tage, ehe sie dahinterkam, daß Wes kein Wickelkind, sondern ein erwachsener junger Mann war. Nachts bat sie Gott, allen beizustehen, die unter Travis’ Fuchtel gelebt hatten. Zum Glück schienen seine Nachbarn, die Backes, nicht dazuzugehören und auch die anderen Leute nicht, die weiter flußauf- und flußabwärts wohnten.
Regan hörte ihm gespannt zu und versuchte die Lücken seiner Geschichten mit ihrer Phantasie auszufüllen. Sie stellte sich diese kleinen Leute vor, beschwor ihre primitiven Hütten und Häuser vor ihrem inneren Auge herauf: die Frauen in ihren schlichten Kattunkleidern, manche sogar mit brennenden Maiskolbenpfeifen im Mund; die Männer waren einfache Bauern, die hart arbeiten mußten, um ihren Feldern das Nötigste abzuringen. Sie hoffte, diese Leute würden sie nicht wie eine Prinzessin behandeln, nur weil sie so schöne, teure Kleider trug.
Dank dieser Geschichten und ihrer Phantasie, die ihr viel Stoff zum Nachdenken lieferten, war dieser Monat wie im Fluge vergangen, und bis zu ihrer Krankheit hatte sie dem Reiseziel unbesorgt entgegengesehen. Nun wußte sie nicht, ob ihr heimlicher Kummer schuld war an ihrer Übelkeit, oder die Übelkeit an ihrem Kummer. Sie wußte lediglich, daß sie über Nacht sehr krank und schwach geworden war und nun angestrengt die Kajütendecke betrachtete, während ihr Magen Purzelbäume schlug.
Travis hatte sich großartig benommen, als sie krank wurde. Er saß an ihrem Bett, wartete, bis es ihr wieder übel wurde, hielt ihren Kopf über die Nachtschüssel, wusch ihr den Mund aus und sorgte dafür, daß niemand sie störte. Er hatte inzwischen die Arbeit an Deck eingestellt und ließ sie nur noch für Minuten allein.
Regan ahnte, daß diese Aufmerksamkeit nichts anderes war als seine Art, sich von ihr zu verabschieden. Die hübschen Kleider und seine Fürsorge in den letzten Tagen der Reise sollten eine abschließende Belohnung sein für das Vergnügen, das sie ihm auf der Überfahrt nach Amerika bereitet hatte. Nun konnte er sich von ihr befreien, zu seiner Familie und seinen Freunden zurückkehren und dieses Kapitel seines Lebens abschließen. Er brauchte sich nicht mehr mit ihrem nutzlosen Dasein auseinanderzusetzen oder sich ihren Flirt mit anderen Männern gefallen zu lassen.
Da begannen die Tränen wieder zu fließen. Warum hatte er sie nicht in England gelassen, wo sie wenigstens die Gebräuche und Umgangsformen der Bewohner kannte? Warum mußte er sie zwingen, mit ihm in ein fremdes Land zu reisen, um sie dann dort wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen?
Sie nahm sich vor, ihm das alles sehr deutlich zu sagen, doch jedesmal, wenn er in die Kajüte kam, drehte sich ihr der Magen um, und ihre Wut war verraucht.
»Eben wurde Land gesichtet«, sagte Travis, nahm sie in die Arme und bettete ihren Kopf an seine breite, warme Brust. »Morgen um diese Zeit werden wir bereits in Virginia Harbor am Kai liegen.«
»Schön«, flüsterte sie, »dann müßte ja auch meine Seekrankheit aufhören.«
Das schien Travis zu erheitern, der sie kurz an sich drückte und ihr über die Haare strich. »Ich glaube, deine Seekrankheit wird schneller vorübergehen, als du glaubst.«
Die nächsten Stunden waren von einer fieberhaften Betriebsamkeit. Sarah legte die letzten fertiggestellten Kleider ihrer neuen Garderobe in den Koffer, und Travis entlohnte sie und die anderen Frauen, die beim Nähen geholfen hatten. Es gab Tränen, als Sarah und Regan voneinander Abschied nahmen. Sarah wollte auf ein anderes Schiff umsteigen und weiter nach Norden bis New York fahren, wo ihre Familie lebte. Alle Frauen, deren Köpfe Regan über die Nachtgeschirre gehalten hatte, hatten sich heimlich zusammengetan, um ihr eine Babysteppdecke mit dem >Rose of Scharon<-Muster zu sticken, die sie ihr nun als Abschiedsgeschenk überreichten.
»Wir dachten, so etwas könnten sie bald gut gebrauchen«, sagte eine der Frauen mit einem vielsagenden Blick auf Travis.
Nachts lag sie dann wach in Travis’ Armen und betrachtete ihn bei Mondlicht. Wie sehr wünschte sie nun, er wäre ihr nicht so ans Herz gewachsen. Warum konnte sie ihn nicht
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