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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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huschte
über den Mittelgang und hockte mich zwischen die nächsten Bankreihen. Mein Herz
dröhnte in meiner Brust. Rosenmüller räusperte sich erneut – man hörte, wie er
in Zetteln kramte.
    Â»Bist mit dem Auto da?«, fragte meine Großmutter neben mir.
    Ich fiel mit einem Quietschen nach hinten und verklemmte mich unter
der Bank.
    Â»Pscht«, sagte ich erschrocken. »Der Rosenmüller.«
    Â»Brauchen Sie Hilfe?«, fragte der Rosenmüller freundlich neben
meiner Großmutter und reichte mir die Hand.
    Echt. Großmutter war für Detektivarbeit überhaupt nicht zu
gebrauchen. Wenn der Rosenmüller jetzt eine Glock gezogen hätte, wir wären
chancenlos gewesen. Da er mir nur die Hand reichte, ergriff ich sie und ließ
mich hochziehen.
    Â»Mir war so schummrig«, sagte ich entschuldigend. Das war nicht
einmal gelogen.
    Â»Wirst doch wohl nicht krank werden«, sagte Großmutter, aber es
klang nicht sonderlich fürsorglich.
    Â»Wollen Sie mal sehen?«, fragte der Rosenmüller begeistert, »was ich
eben gemacht habe?«
    Großmutter sah mich zweifelnd an. »Das Kind muss, glaub ich, ins
Bett.«
    Â»Nein, nein«, beteuerte ich eifrig. »Ich will das unbedingt sehen.«
    Der Rosenmüller strahlte mich an. »Es ist wirklich wunderhübsch
geworden. Wir haben für die Kommunion eine Collage gemacht. Und die Kinder
haben sich solche Mühe gegeben.«
    Collage. Großmutter sah mich missmutig an, da sie offensichtlich
wenig Lust verspürte, sich Collagen von Kommunionkindern anzusehen.
    Â»Unser Thema ist Brot des Lebens .« Er
führte mich fürsorglich vor die Tafel. »Und sehen Sie nur …« Er strahlte. »Ist
das nicht wunderhübsch geworden?«
    Großmutter und ich nickten brav und sahen stumm auf die vielen
ausgeschnittenen Wörter und Bilder aus der Zeitung. Was ich
mir für die Kommunion wünsche , stand mit Kinderschrift geschrieben.
    Ausgeschnittene Wörter, war mein einziger Gedanke. Er hat
tatsächlich Wörter aus der Zeitung ausgeschnitten. Hätte er das nicht gleich
sagen können? Ich sah den anonymen Brief im Geiste vor mir und hätte mir gerne
auf die Stirn geklopft. Was für ein Schwachsinnsgedanke, dass ein
Pastoralreferent sich in seiner Freizeit hinsetzte und anonyme Briefe klebte.
    Â»Bevor mir das Kind wieder umkippt, fahrn wir lieber heim«, sagte
Großmutter ziemlich ruppig und zog das Kind, also mich, von der Tafel weg.
    Â»Und, wie finden Sie’s?«
    Â»Wunderhübsch«, rief ich zurück und schüttelte Großmutters Arm ab,
der mich durch den Mittelgang zerrte. »Ehrlich, wunderhübsch. Die Idee ist
einfach großartig. Und die Kinder haben sich so viel Mühe gegeben …«
    Die letzten Worte hatte er vermutlich nicht mehr gehört, weil mich
Großmutter ganz energisch aus der Kirche zog.
    Â»Was hast du denn?«, fragte ich, plötzlich ziemlich gut gelaunt. Ich
war mir plötzlich ganz sicher, dass Rosenmüller kein Drohbriefschreiber war.
Und bestimmt gab es für die stinkenden Müllsäcke auch noch eine logische
Erklärung. »Ständig zerrst du an mir rum.«
    Â»Schick dich halt. Wenn wir noch lang den ausg’schnittenen Krampf
anschauen, brennt mir noch das Gulasch an«, sagte sie und ging vor mir zu
meinem Auto. Ich rannte hastig hinter ihr her.
    Â»Wieso hast du mir eigentlich nicht gesagt, dass die Ernsdorfer
Kathrin die Mama vom Rosenmüller ist?«, wollte ich beleidigt wissen.
    Â»Ah, geh«, sagte Großmutter und stieg ins Auto ein.
    Â»Was ›Ah, geh‹«, erwiderte ich zornig. »Nie sagst du mir was.«
    Â»Die kennst du doch gar nicht. Die Ernsdorfer Kathrin.«
    Â»Freilich«, behauptete ich einfach. Außerdem erzählte sie mir oft
von Leuten, die ich überhaupt nicht kannte. Man musste doch nur an den
Moosbauer denken.
    Â»Außerdem interessiert dich des doch gar nicht. Meinst, ich merk des
nicht?«
    Â»Freilich interessiert mich das.«
    Â»Du meinst wohl, ich merk des nicht. Da schaust dann immer schon so
komisch, wenn ich dir so was erzähl.«
    Â»Ich schau nie komisch«, widersprach ich.
    Â»Doch. Wenn ich dir erzähl, wer mit wem verwandt ist, dann schaust
immer richtig komisch.«
    Stimmt.
    Â»Ah, geh, Oma«, seufzte ich. »Das ist doch nur, weil ich mich dann
so konzentriere.«
    Großmutter schnalzte mit der Zunge und bekam

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