Und bitte für uns Sünder
ihre steile Stirnfalte.
Sie mochte es nämlich gar nicht, wenn man sie anlog.
»Hast du dein Interview gemacht?«, fragte sie, als ich losfuhr.
»Ja.« Na ja. »WeiÃt du, was sie dem Kreiter gestohlen haben? Den Letzten Thron .«
»Ja, den greiÃlichen Klostuhl, den aus Plastik«, sagte GroÃmutter.
»Fahr die Kathl ned übern Haufen.«
Hatte man Töne! Wahrscheinlich wusste jeder auÃer mir die Sache mit
dem Klostuhl.
»Und, wem gehört der?«
»Na, dem Kreiter. Oder meinst, da will sich noch jemand
draufsetzen?«, sagte GroÃmutter. »Und fahr a bisserl schneller, ned dass uns
des Haus abbrennt.«
Ich hielt vor unserem Haus an und stellte den Motor ab. »Aber
vorher, bevor ihn der Hans bekommen hat, wem hat er denn da gehört?«
»Was bekommen hat?«
»Ja den Klostuhl halt. Der Klostuhl von der Kreiterin ist das
nämlich nicht.« Recherchieren war wirklich eine elende Aufgabe.
»Nein, weil der war der dunkle, wo der Kreiter selber des Loch
reingâschnitten hat. Und weg ist jetzt der weiÃe aus Plastik. Mit den Algen
drauf«, erklärte GroÃmutter und machte die Autotür auf.
Den Ausflug zum Kreiter hätte ich mir glatt sparen können.
GroÃmutter hätte mir Wort für Wort den Artikel diktieren können, ohne dass ich
unter Lebensgefahr Recherche vor Ort hätte betreiben müssen.
»Ja«, seufzte ich, »und wem hat der gehört? Vorher, mein ich, bevor
er zum Kunstobjekt wurde.«
GroÃmutter seufzte nur. »Was geht mich der greiÃliche Klostuhl an?«
»Und weiÃt du zufällig, wer ihn gestohlen hat?«
GroÃmutter stieà noch einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Ah, geh,
Mädl. Wer stiehlt denn einen Klostuhl mit Büchsen dran? Des müsst ja jemand
sein, der stocknarrisch ist.« Dann stieg sie aus und murmelte etwas davon, dass
die Reisingerin, unsere Nachbarin, ja schon stocknarrisch genug wäre, aber
nicht einmal die würde Klostühle klauen.
Ich blieb im Auto sitzen und sah meiner GroÃmutter hinterher.
Immerhin standen die AuÃenmauern unseres Hauses noch. Unschlüssig trommelte ich
mit den Fingern auf dem Lenkrad.
Nachdem ich mich heute schon zweimal blamiert hatte, konnte ich
eigentlich ruhig und zufrieden in unsere Küche gehen und angebranntes Gulasch
essen. In mir brodelte aber noch etwas ⦠Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich
müsste dringend herausfinden, wem der Klostuhl gehört hatte. Sah es nicht so
aus, als hätte jemand den Klostuhl verschwinden lassen wollen?
Als ich den Gedanken gedacht hatte, schlug ich mir an mein eigenes
Hirn. Was für ein blöder Gedanke. Langsam wurde ich immer mehr wie meine
GroÃmutter. Leute, die Klostühle verschwinden lassen wollen. Wenn ich das in
der Zeitung schrieb, konnte ich mich gleich selbst ins Irrenhaus einweisen.
Ehrlich wahr. Man stahl keine alten Klostühle. Man war froh, wenn man jemanden
in der Gemeinde hatte, wie den Hans, dem man sein altes Gerümpel unterjubeln
konnte. Also entschied ich, dass mein Tagewerk getan war, ging meiner
GroÃmutter nach und beschloss, keinen Gedanken mehr an das Verschwinden von
Klostühlen zu verschwenden.
»Kunstraub oder Kunstdiebstahl aus Museen und
Privatsammlungen zählt nach Angaben von Interpol zu den einträglichsten
kriminellen Delikten. In Deutschland werden pro Tag durchschnittlich sieben
Kunstwerke gestohlen. Am häufigsten werden Kunstwerke von Picasso, Miró und
Chagall entwendet â die Beutestücke tauchen teilweise auf Kunstauktionen und
bei privaten Kunstsammlern wieder auf. Manche Kunstwerke werden zum Zweck der
Erpressung erbeutet, dies nennt man Artnapping« , hatte ich in meinen
Laptop gehämmert. Das war jetzt noch nicht viel, leider stand auf Wikipedia
aber nicht mehr, was ich brauchen konnte. AuÃerdem war mir noch unklar, wie ich
die Kurve zum Klostuhl kriegen sollte. Ich brauchte dringend eine Schokolade in
ÃbergröÃe, um weiterzukommen. Ich kontrollierte, ob der Herd ausgeschaltet und
der Kühlschrank geschlossen war, dann setzte ich mich in mein Auto.
Vorsichtshalber nahm ich gleich zwei Schokoladentafeln â die in
ÃbergröÃe gab es bei uns nicht. Während ich in der Schlange stand, direkt
hinter dem Loisl, merkte ich, wie mich die Leute beruhigten. Es war doch besser,
einen Artikel über Klostühle schreiben zu müssen, als so wie der Loisl zu sein.
Zum
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