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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Händ, es gibt glei Essen.« Er warf seinem Sohn einen ebenso finsteren Blick
zu wie mir.
    Â»Wie lange hat der Hans denn gebraucht, um diesen Letzten Thron zu … kreieren …?«
    Der Kreiter stieß eine Art Grunzen aus, das mir zeigen sollte, dass
er nicht kapierte, um was es ging.
    Â»Ja, wie lange hat er denn gebraucht, bis das Kunstwerk fertig war?«
Ich hatte schon wieder viel zu viel Spucke im Mund. Jetzt gab es keine Hoffnung
mehr. Keinen Zeugen, der den Mord an der Lisa Wild verhindern konnte. Ich
allein mit dem Kreiter. Wenn ich gewusst hätte, dass mein Leben so enden würde …
    Â»Mei, des weiß ich doch ned«, antwortete der Kreiter mit einem
Kopfschütteln. »Ich hab keine Zeit für so ein blödes Interview. Wir ham zu
tun.«
    Damit drehte er sich von mir weg und machte seine Gartentür auf.
    Puh, dachte ich mir nur, noch einmal dem Tod entronnen.
    Â»Und wie sah der aus, der Letzte Thron ?«,
fragte ich mutig nach, da der Kreiter offensichtlich keine Lust hatte, meinem
Leben gerade jetzt ein Ende zu setzen.
    Der Kreiter drehte sich noch einmal um und rollte die Augen zum
Himmel. »Wie ein Klostuhl. Wie ein greißlicher Klostuhl.«
    Wie ein greißlicher Klostuhl. Der Letzte
Thron . Echt, der Hans, der hatte sie nicht mehr alle. Wie konnte man nur
um alles in der Welt einen Klostuhl als Letzten Thron bezeichnen? Das war ja … makaber. Anrüchig. Pietätlos. Wütend schlug ich mit
der Hand an den Zaun. Das tat fürchterlich weh, aber immerhin musste ich nicht
an meinen irrsinnigen Frust denken. Was für ein blöder Artikel. Deswegen hatte
der blöde Kare so gegrinst. Ein Klostuhl. Ich konnte doch keinen Artikel über
einen Klostuhl schreiben. Das war entwürdigend! Das war beschämend! Das war …
frauenfeindlich. Und vor allen Dingen war es typisch für die Missstände in
unserer Redaktion. Ich hatte wirklich keine Lust mehr und warf dem besagten
Klostuhl einen mörderischen Blick zu. Eigentlich sollte ich ihn verschwinden
lassen, diesen blöden Stuhl, diesen blöden.
    Ich hatte schon wieder versagt. Mir waren wieder nicht die richtigen
Fragen eingefallen, um einen richtig guten Artikel zu machen. Sapperlot, würde
der Schmalzlwirt sagen, soll das eine Journalistin sein, die nur mit offenem
Mund dasteht, wenn sie erfährt, dass der Letzte Thron ein Klostuhl ist? Das war doch wohl nicht möglich! Ich starrte auf die
geschlossene Kreitersche Haustür. Was fragte man schon bei Kunstwerken, das
konnte doch nicht so schwer sein! Wer ist der Künstler? Zu welcher Epoche
gehört dieses Werk?
    Und dieses Werk hauste schon eine ganze Zeit lang im Kreiterschen
Vorgarten, denn es war eines der ersten Dinge gewesen, die der Hans fabriziert
hatte. Werk. Ein beschissener Klostuhl war kein Werk, sondern eine Zumutung.
Besonders, wenn man daraus einen anständigen Artikel machen musste.
    Aber Moment.
    Für einen Augenblick starrte ich vollkommen verdutzt auf den
Kreiterschen Gründerzeitklostuhl. Der stand ja noch da! Er war doch gestohlen!
Hatten das alle übersehen, oder wie? Meine Gedanken ratterten bis in die letzte
Gehirnwindung. Klostuhl. Gestohlen und wiedergebracht? Aber natürlich, da war
noch ein anderer Klostuhl gewesen. So ein algiges weißes Ding. Ein
»Fremdobjekt« sozusagen. Nichts, was aus dem Kreiterschen Müll stammte, sondern …
    Meine Gedanken schlugen Funken. Sondern? Mir fiel es im Moment
einfach nicht ein. Aber ich wusste wieder, dass ich den Klostuhl gesehen, dass
ich ihn vor Kurzem erst ausgiebig betrachtet hatte. Und dass sogar eine
Lieferadresse hinten vermerkt war. Eine Straße, hier aus unserem Ort. Mir fiel
die Straße nicht mehr ein. Außerdem war das egal, ich konnte ja schlecht
schreiben, dass das Kunstwerk ursprünglich als Klostuhl beispielsweise der
Spreitzer Erna verwendet worden war.
    Die Lieferadresse. Die hatte ich gelesen, das wusste ich noch ganz
genau. Und dass ich mir vorgenommen hatte, einmal nachzusehen, wer da wohnt.
Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger fiel mir ein.
    Dann doch lieber die Frage, zu welcher Epoche der
Algen-Plastik-Letzter-Thron gehörte. Ich kniff ganz fest die Augen zusammen und
versuchte mich an irgendetwas zu erinnern. Ich erinnerte mich aber nur an die
Algen. Blöder Klostuhl.
    Vielleicht sollte ich einmal darüber nachdenken, einen anderen Beruf
zu ergreifen. Einen, wo man den Kontakt zum

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