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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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wieder etwas ganz Furchtbares vorhatte. Zum Beispiel zum
Bürgermeister zu gehen, um ihm mitzuteilen, dass er mal mit der Reisingerin
über deren unmäßigen Düngereinsatz sprechen sollte.
    Â»Nein, da lass ich mir jetzt nimmer reinreden. Die Suche nach
unserem Papa einstellen, aber bei denen von Pro Sieben wollen s’ wieder alle
dabei sein.«
    Â»Des ist doch was anderes«, meinte die Schwiegertochter.
    Ich watschelte ein paar Schritte weiter.
    Â»Jetzt fall mir du auch noch in den Rücken«, keifte die Ernsdorferin
sie an. »Die eigene Familie. Fällt einem in den Rücken.«
    Â»Aber was willst denn denen vom Fernsehen sagen?«, wollte die
Schwiegertochter wissen. »Die interessiert doch eh nur der Heilige.«
    Â»Heilige Knochen!« Die Ernsdorferin schnaubte empört.
    Â»Pscht«, machte die Schwiegertochter noch einen Tick verzweifelter.
    Â»Ich lass mir doch ned des Maul verbieten!«
    Ich watschelte ein wenig langsamer. Schließlich war das furchtbar
interessant.
    Â»Aber stell dir doch vor«, fing die Schwiegertochter an.
    Bevor sie sagen konnte, was sich die alte Ernsdorferin vorstellen
könnte, sagte neben mir die Laschingerin: »Mei. Lisa. Dich hab ich ja schon
ewig nimmer g’sehn.«
    Ich kippte vor Schreck nach hinten um und starrte die Laschingerin
nur erschrocken an.
    Â»Suchst was?«, wollte sie freundlich wissen.
    Das Gespräch vor dem Gartenzaun verstummte abrupt. Plötzlich hatten
es die zwei Ernsdorferinnen ziemlich eilig weiterzugehen.
    Â»Die meint, dass ich jetzt gleich zu meinem Bruder renn und ihm
erzähl, was sie vor meinem Gartenzaun erzählt«, erklärte sie mir zufrieden. Ihr
Bruder war nämlich der Bürgermeister von unserem Dorf.
    Â»Wieso, was hat sie denn erzählt?«, wollte ich wissen.
    Â»Sie will, dass die vom Fernsehen nicht kommen«, erläuterte sie mit
einem begeisterten Unterton. »Und stattdessen alle noch mal den Ernsdorfer, den
mit dem Parkinson, suchen.«
    So viel Weitblick hätte ich den Ernsdorfers nun gar nicht zugetraut.
    Â»Aber ich spinn doch ned. Ich hab mir jetzt extra ein neues Jackerl
gekauft, für die ganze Filmerei. Da werd ich losgehen und sagen, die sollen ned
kommen.«
    Ich rappelte mich auf.
    Â»Und den Ernsdorfer finden die sowieso nimmer«, erklärte sie mir
weiter, während ich mich durch die Thujenhecke kämpfte und über den Gartenzaun
stieg. »Lebendig jedenfalls nimmer.«

Kapitel 6
    Nachdem ich mich den ganzen Samstag zu Hause verbarrikadiert
hatte, um nichts von den Fernsehleuten mitzubekommen und auch die Laschingerin
samt der Reisingerin nicht zu sehen, ließ sich der Sonntag richtig gut an. Auch
wenn hin und wieder Leute an unserem Garten vorbeikamen, die erzählten, was
»die vom Fernsehen« alles gefragt hatten, und ob wir denn die Sendung auch
gesehen hatten und wie dick der Schmalzlwirt von der Seite ausgesehen hätte und
ob die vom Fernsehen auch uns versucht hätten zu interviewen.
    Dank Großmutter hatte uns kein Mensch interviewt. Sie hatte nämlich
ganz penetrant behauptet, dass zumindest sie keine heiligen Knochen gefunden
hatte.
    Â»Stimmt doch«, hatte sie mir hinterher erläutert. »Ich hab immer
g’sagt, die sind doch ned heilig ned.«
    Die Fernsehsendung hatte ich boykottiert, schließlich wollte ich
nicht sehen, wie sich unser Dorf kollektiv blamierte.
    Am sonntäglichen Nachmittag traute ich mich sogar wieder auf unser
Bankerl im Vorgarten, jedenfalls in Begleitung eines Polizisten.
    Der Frühling hatte inzwischen Gas gegeben, und es brummte richtig in
der Natur. Der Apfelbaum hatte sich festlich mit riesigen Mengen an weiß-rosa
Blüten geschmückt. Ein geschäftiges Summen erfüllte ihn – er war in eine
richtige Traube von summenden Insekten getaucht. Prachtvoll, hätte Mutter
gesagt und sich mit einer Tasse Kaffee auf die Bank neben dem Apfelbaum
gesetzt. Großmutter setzte sich nie mit Kaffee auf die Bank. Wir ham zu tun,
pflegte sie zu sagen und sich mit ihrem Kaffee in die Küche zu setzen, als wäre
es schon Müßiggang, sich der Öffentlichkeit kaffeetrinkend zu präsentieren.
    Max und ich saßen auf dem Bänkchen vor dem Haus, die Beine von uns
gestreckt und jeder mit seinem Kaffee in der Hand – damit auch wirklich jeder,
der vorbeikam, die Gelegenheit bekam zu denken: Wieder nix zu tun, die zwei, an
so einem schönen

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