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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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winkte
Großmutter durchs Küchenfenster zu, aber sie sah nicht auf, denn sie war damit
beschäftigt, die Edelstahlspüle zu polieren. Etwas Rotes huschte durch mein
Gesichtsfeld, dann traf mich etwas Hartes am Kopf.
    Erst wusste ich nicht, wo ich war. Ich sah seltsame Dinge vor
meinen Augen, und mein ganzer Körper schmerzte. Vielleicht war es auch nur mein
Kopf, klar denken konnte ich nicht. Ich spürte nur, dass meine Hände sich an
meiner Tasche festkrallten und über mir, weit, weit weg, der Himmel war und ein
Engel. Der Engel hatte wild abstehende Haare, die gülden leuchteten, und wie
aus weiter Ferne hörte ich eine Stimme.
    Ich bin gestorben, war mein erster Gedanke. Ich bin kurz vor dem
Himmel und werde von einem Erzengel nach dem Losungswort gefragt. Leider fiel
mir das Losungswort nicht ein. Mein Kopf schmerzte irrsinnig stark beim
Nachdenken, und mir fiel nichts ein außer dem Wort »Bier«. Vielleicht auch
deswegen, weil ich den Eindruck hatte, dass der Engel zu viel getrunken hatte,
denn es roch eindeutig nach Bier.
    Vor meinen Augen schien der Erzengel zu flimmern und nahm immer
schärfere Konturen an. Plötzlich wusste ich, dass ich nicht gestorben war,
sondern dass mir jemand seinen Bieratem ins Gesicht hauchte und ziemlich
konfuse Fragen stellte.
    Â»Was ist los?«, fragte ich den Engel. Nun ja, die Frage hätte ich
mir auch sparen können. Denn so viel hatte ich inzwischen mitbekommen, dass
derjenige, der mir seinen Bieratem ins Gesicht blies, nicht etwa ein
betrunkener Erzengel war, sondern der Loisl. Und so wie es aussah, hatte er
ebenfalls keine Ahnung, was passiert war. Ich setzte mich auf und beteuerte so
energisch, wie ich nur konnte, dass alles bestens war, nur damit sich der Loisl
wieder auf den Weg machte.
    Er blieb noch eine Weile neben mir stehen, murmelte etwas von einem
riesigen Blatschare, und dass das nicht gesund sei. Währenddessen hob ich meine
Siebensachen auf und rätselte, was geschehen war.
    Dann sah ich es. Neben mir lag ein Ziegelstein, an dem noch etwas
Blut klebte. Mein Blut.
    O nein.
    Mir wurde wieder schlecht.
    Ich saß auf der Bank vor dem Birnbaum und hatte den Kopf
zwischen die Beine gesteckt. Irgendetwas Warmes floss über meine Schläfe.
Etwas, das nur Blut sein konnte. Denken funktionierte eigentlich gerade gar
nicht, aber trotzdem schossen mir ungewollt Bilder durch den Kopf. Da war die
Ernsdorferin, die mich in einem gerüschten Sarg liegen sah. Und der
Rosenmüller, der gerade dicke Müllsäcke mit stinkendem Inhalt entsorgte. Vor
meinen Augen begann es schon wieder zu flimmern. Ein Blatt Papier mit
ausgeschnittenen Buchstaben. Neugierige Weibsbilder Bestrahft Gott, sagte eine
Stimme in meinem Kopf.
    Schmarrn, sagte die Stimme meiner Großmutter.
    Als ich mir sicher war, dass ich nicht sofort wieder umkippte,
richtete ich mich langsam auf und sah hinüber zur Unglücksstelle. Dort lag ein
Ziegelstein. So einer, wie schon immer einer hinter unserem Haus gelegen hatte.
Und am Birnbaum baumelte eine Wäscheleine, an der dieser Ziegelstein
anscheinend festgebunden gewesen war.
    Es hing noch etwas an der Wäscheleine.
    Ein kleines rotes Halstüchlein. Mit blauen Blümchen.
    Nicht irgendein Halstüchlein.
    Sondern eines von der Lisa Wild.

Kapitel 9
    Â»Weißt du, was das ist?«, sagte ich zu Max, der mich mit einem
seltsamen Blick ansah.
    Â»Hm. Ein … blauer … Müllsack«, antwortete er zögernd und betrachtete
aus der Nähe die Beule auf meiner Stirn. »Ich frage mich eher, was du mit
deinem Kopf angestellt hast.«
    Â»Das kommt später«, erläuterte ich würdevoll. »Ich meinte natürlich
den Inhalt des Sacks.«
    Er verdrehte die Augen und murmelte etwas von Ratequiz, sah dann
aber doch in den Sack hinein.
    Â»Das ist ein Ziegelstein«, sagte er mit einem Höchstmaß an
Liebenswürdigkeit.
    Â»Ein Ziegelstein!« Ich konnte mich nicht mehr beherrschen und
sprudelte alles heraus, was in der letzten halben Stunde passiert war. Der Ziegelstein.
Die Wäscheleine. Mein Halstuch. Ein Attentat auf mich! Der anonyme Drohbrief,
die Müllsäcke vom Rosenmüller – einfach alles.
    Max sah immer noch aus, als wüsste er nicht, was ich erzählte. »Der
Rosenmüller. Der ist so was von verdächtig. Ihr könntet ihn doch wenigstens in
Untersuchungshaft nehmen und sein Alibi überprüfen. Gut, die zerstückelte
Leiche ist

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