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Und da kam Frau Kugelmann

Und da kam Frau Kugelmann

Titel: Und da kam Frau Kugelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minka Pradelski
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kam, was wir aus Bendzin kannten und mit dem wir aufgewachsen sind. Es kann sein, dass es das auch in anderen kleinen polnischen Städten gab, aber ich glaube, es war in Bendzin besonders stark.
    Dr. Goldstaubs Vater, ein armer Mann, Gott hab ihn selig, wenn er im Winter bei einem Spaziergang ein Pferd, das einen schwer beladenen Karren zog, entdeckte, und dieses Pferd vor Kälte zitterte, dann zog er aus eben diesem Mitgefühl seine Jacke aus, um den Rücken des Pferdes zu wärmen. Wir haben aber nie erfahren, wie lange das Pferd mit der Jacke von Goldstaubs Vater auf dem Rücken die Straße entlangtrabte und ob der alte Goldstaub schwer atmend neben dem Pferd herlief, damit es die Jacke nicht verlöre, und wann der Vater Goldstaub befand, dass das Pferd nun genügend gewärmt sei, und sich die Jacke zurücknahm.
    Besonders gut war Kotek mit Dr. Goldstaub befreundet, nicht nur weil sie im gleichen Haus wohnten, sondern weil es eine echte und tiefe Freundschaft zwischen ihnen gab. Kotek durfte als kleiner Junge oft zusehen, wie der Arzt die Medizin in seiner Küche zubereitete, auf den Herd setzte und köcheln ließ. Dr. Goldstaub füllte die abgekühlte Flüssigkeit in kleine lila Glasfläschen, die Kotek vorsichtig, damit nichts zerbrach, zum Apotheker Gablonski brachte. Der Gablonski war ein studierter Pole, gewissenhaft, freundlich, klein. Den Rücken ein wenig gekrümmt, stand er von morgens bis zum Einbruch der Dunkelheit in seiner Apotheke. Meist sprach er jiddisch. Das Jiddisch jedoch hatte er von seiner Kundschaft gelernt. Er sprach es fließend in Redewendung und Intonation, gar nicht wie ein Goi, so dass man glauben konnte, wenn man sich mit ihm nicht allzu lange unterhielt, dass er zu uns gehörte. In Wirklichkeit gehörte es zu seinem Geschäft, der Kundschaft beratend zur Seite zu stehen und ihr die heilende Arznei zu empfehlen. Dr. Goldstaub und der Apotheker Gablonski mochten sich. Sie unterhielten sich gerne über chemische Experimente oder wie man chronische Krankheiten mit Salben und Tröpfchen lindert. Der Gablonski beauftragte den Arzt, Medikamente für seine Apotheke herzustellen, aber das war nur aus Freundschaft zu ihm. Er wollte ihn unterstützen, um auszugleichen, was ihm an Einkünften von den Armen entging.
    Dr. Goldstaub war nicht nur ein praktizierender Arzt, er war auch ein Wissenschaftler, ein Gelehrter, der seine Studien in seinem Arbeitszimmer betrieb. Er legte sich zum Wohle seiner Patienten eine private Genesungs- und Sterbeliste an, in die er seine medizinischen Erkenntnisse eintrug, die er tagsüber durch die Arbeit mit seinen Patienten gewann. Er war ein leidenschaftlicher Mandelexperte, der an den Mandeln seiner kleinen Patienten private Studien betrieb. Er schrieb Abhandlungen über die Mandeln, nur für sich allein, um die Forschungsergebnisse zu memorieren, und experimentierte mit Medikamenten, um die Qualen seiner kleinen Patienten zu lindern. Die Mandeln waren sein wissenschaftliches Interessengebiet, im weitgeöffneten Mund, die Zunge durch einen Löffel fest angedrückt, inspizierte er sie, indem er den Kopf hin- und herwiegte. Auch Kotek litt häufig an starkem Halsweh mit Unwohlsein und Fieber. Wenn Dr. Goldstaub in Koteks entzündetem Hals den eitrigen weißen Belag erblickte, sagte er ihm, dass er jetzt eine hügelige Schneelandschaft in seinem Hals sehe, auf der kleine Eisbären tanzten. Die Mandeln hätten eine besondere Eigenheit, sie entzündeten sich bei einem schwachen, kranken Kind und wüchsen so lange, bis sie sich in kleine Eisbären verwandelten. Die Eisbären waren es, die frech aus den Höhlen des Rachens hervortraten und mit ihrem wilden Tanz auf dem Eis Kotek die schlimmen Schluckbeschwerden bereiteten. ›Jetzt‹, sagte Dr. Goldstaub, ›wollen wir mit unserer Medizin gegen die frechen Bären ankämpfen, und du sollst sehen, wie schnell sie zahm werden und sich in kurzer Zeit in ihre Höhlen zurückziehen.‹ Kotek gefiel das Ganze nicht, er wollte die Mandelbären am liebsten behalten und ihnen schön in seinem Hals Platz machen für weitere wilde Tänze. Aber er hatte einen großen Durst, und das Trinken fiel ihm so schwer. Da entschloss er sich, wieder Herr in seinem Rachen zu sein und die Mandelbären zu verjagen. Er nahm viermal am Tag die verordnete Medizin, und schließlich, nach ein paar Tagen, besiegte er sie.
    Dr. Goldstaub hatte überscharfe Augen und Ohren und einen untrüglich feinen Geruchssinn. Die Ohren waren keinesfalls so

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