... und dann bist du tot
Uhr. Es war zwanzig nach sieben.
»Fangen wir an«, sagte er.
»Dr. Ash wird jede Minute hier sein«, erinnerte Morrissey Joe. »Was kann ich ihm sagen?«
»Geben Sie ihm keine Informationen über das, was wir Vorhaben«, erwiderte Joe. »Sagen Sie ihm nur, dass wir nahe davor stehen, lebenswichtige Informationen über die Zusammensetzung von Lallys Schrittmacher zu bekommen, und es tödlich sein könnte, vorher zu beginnen.«
»Das leuchtet mir ein«, sagte Ferguson.
Morrissey seufzte. »Je mehr wir wissen, desto besser ist es zweifellos.«
»Wir sind uns also einig?«, fragte Joe.
Niemand war anderer Meinung.
»Hat jemand etwas von Chris gehört?«, fragte Lally Hugo um sieben Uhr sechsundzwanzig.
»Soweit ich weiß nicht.«
»Er wird sicher noch schlafen«, sagte Lally.
Die Wirkung des Beruhigungsmittels, das man ihr vor einigen Stunden gegeben hatte, ließ nach, und obwohl ihr die Benommenheit, die es hervorgerufen hatte, ganz und gar nicht gefallen hatte, gefiel es ihr jetzt auch nicht, hellwach zu sein.
»Kann ich irgendetwas für dich tun, Lally?«, fragte Hugo.
»Nein.« Sie stieg zum zehnten Mal innerhalb einer Stunde aus dem Bett, ging zum Fenster, das auf der linken Seite des Zimmers lag, und starrte ins Dunkel.
»Du sollst im Bett bleiben.«
»Das ist doch wohl egal.«
»Der Arzt wird seine Gründe haben.«
Lally drehte sich nicht um. »Dr. Morrissey weiß nicht mehr darüber, was mit mir passieren oder nicht passieren wird, als du, Hugo. Der einzige Grund, warum ich im Bett
bleiben soll, ist, dass man mich aus dem Verkehr ziehen will.«
»Ich sehe es eher so, dass du dich so viel wie möglich ausruhen sollst, falls dein Schrittmacher seine Arbeit nicht so gut macht, wie er sollte.«
»Danke, Hugo.« Lally ging vom Fenster weg. »Das ist genau das, was ich hören muss, damit es mir besser geht.«
»Es hört sich schlimmer an, als ich es gemeint habe«, sagte er unglücklich.
»Nein, das stimmt nicht. Entweder explodiert mein Herz, oder es hört auf zu schlagen.«
»Halt um Himmels willen die Klappe, Lally«, bat Hugo liebevoll.
Lally setzte sich schlecht gelaunt vor den eingebauten Ankleidetisch und starrte in den Spiegel. Eigentlich sah sie ziemlich normal aus. Sie hatte ihr geliebtes Garfield-Nacht-hemd angezogen, dass wegen seiner Bequemlichkeit meistens mit ihr auf Reisen ging. Ihr Haar, das sie zusammengebunden hatte, fiel über ihre rechte Schulter. Ihr Gesicht glühte noch von der Florida-Sonne. Nur der erschöpfte, ängstliche Blick ihrer ungeschminkten Augen verriet, wie sie sich wirklich fühlte.
»Du bist nur sauer, weil Chris weggegangen ist, um zu schlafen.« Hugo versuchte, das Thema zu wechseln.
»Bin ich nicht«, entgegnete sie giftig. »Er hat tagelang nach uns gesucht und dann noch dieser Flug, da ist es doch nur verständlich, dass er mal schlafen muss.«
»Dann bist du sauer, weil er so lange schläft.«
»Wenn ich sauer bin, hat das nichts mit Chris zu tun«, verteidigte sich Lally. »Ich bin sauer ...« Sie stand kurz davor, in Tränen auszubrechen. »... weil ich mir vorkomme, als würde ich hier in einem schicken Todestrakt sitzen und auf jemanden warten, der mir sagt, ob ich begnadigt werde oder nicht.«
Hugo sprang entsetzt vom Stuhl hoch. »Es tut mir so Leid.« Er beugte sich zu ihr hinunter, legte seinen Arm um ihre Schultern, und Lally fing schließlich an zu weinen. »Das wollte ich nicht. Ich weiß doch, wie sehr du dich ängstigst ...«
»Ja, ich habe wahnsinnige Angst.« Als Lally nun bittere Tränen vergoss, konnte sie sich gar nicht vorstellen, wie sie es bisher geschafft hatte, nicht zu weinen. »Sorry«, schluchzte sie in seinen Ärmel, »aber ich kann nichts dafür.«
»Du warst so tapfer«, beruhigte Hugo sie, der sich selbst verachtete, denn nun weinte auch er, und das war für sie überhaupt keine Hilfe. »Oh Gott, sieh mich an, Lally.«
Lally hob ihren Kopf, schaute ihn an und versuchte zu lächeln.
»Deine Nase ist ganz rot.«
»Du siehst auch nicht aus wie ein Gemälde«, entgegnete Hugo.
Sie löste sich von ihm, zog mehrere Kleenextücher aus der Schachtel, die auf dem Ankleidetisch lag, reichte Hugo zwei und putzte sich mit den anderen die Nase. Dann warf sie einen kurzen Blick in den Spiegel und schaute wieder weg. Sie dachte an Chris’ Bild von ihr in ihrem Balletttrikot und fragte sich, ob sie je wieder Unterricht geben und jemals ihr Studio oder ihr Haus Wiedersehen würde.
Vor allem jedoch fragte sie sich, warum Chris
Weitere Kostenlose Bücher