... und dann bist du tot
sie nicht angerufen hatte.
Chris war nie in besonderem Maße von Todesängsten besessen gewesen. Wie die meisten Menschen hatte er sich gelegentlich gefragt, wie seine letzten Stunden wohl ausse-hen würden. Er war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, auf seinen Tod gut vorbereitet zu sein, und der Hoffnung, dass es schnell und schmerzlos geschehen sollte - am besten im Schlaf.
Jetzt wusste er, was es für ein Gefühl war, dem Tod ins Auge zu sehen. Es war ein verdammt scheußliches Gefühl. Was ihm jedoch noch mehr zusetzte als die höllischen Schmerzen in seiner Hand und seinem Arm und ihm viel stärker den Atem und die Kraft nahm als die Wirkung des tödlichen Giftes in seinem Blut, war seine Unfähigkeit, mit Katy oder Lally zu sprechen. Irgendwie war er froh, dass keine von beiden ihn so sehen konnte, besonders seine geliebte kleine Katy. Andrea würde sich schon um Katy kümmern, sobald sie von ihrer Sucht befreit war, und wenn er tot war, würde sie es schaffen, denn sie hatte keine andere Wahl. Aber Lally auf diese Weise zu verlassen, da alles kaum begonnen hatte, sie im Stich zu lassen, wo sie so verletzlich und ängstlich und in so großer Lebensgefahr war, ohne ein weiteres Wort, ohne die Möglichkeit, sie zu umarmen oder ihr zu sagen, was er für sie empfand, war für ihn ein unerträglicher Gedanke. Wie gerne hätte er ihr gesagt, dass er sie mehr liebte als er je eine Frau geliebt hatte, dass er alles für sie tun würde und sein Leben für sie geben würde. Vielleicht hatte er gewissermaßen genau das getan, und vielleicht hätte ihm das ein kleiner Trost sein sollen. Vielleicht hätte es ihm ein wenig geholfen, wenn er erfahren hätte, dass Lally nicht mehr in Lebensgefahr schwebte, weil er diese Dokumente gefunden hatte. Doch er war hier ganz allein an diesem schrecklichen, trostlosen, verlassenen Ort, wo ihn Schläuche und Nadeln quälten und Fremde, die es gut mit ihm meinten, ihn umsorgten. Er würde sterben, sterben, verdammte Scheiße, wegen einer blöden, gottverdammten
Eidechse, und er wusste nicht, ob Lally gerade operiert wurde oder ob die Operation vorbei war oder ob sie auch nur begonnen hatte ...
Um zwanzig nach acht erwachte Frederick Schwartz aus einem unruhigen Schlaf und seinen Träumen und sah einen Mann in einem dunklen Anzug und zwei in Weiß gekleidete Pfleger mit einer Trage neben seinem Bett stehen.
»Was geht hier vor?« Sein Blick war vom Schlaf, vom Fieber und den Medikamenten noch verschwommen und seine Stimme heiser.
»Sie werden in ein anderes Krankenhaus verlegt, Mr. Schwartz.« Der Mann im Anzug hielt seine Krankenakte und ein Bündel Papiere in der Hand.
»Jetzt? Warum?« Schwartz spähte auf das Namensschild des Mannes, konnte es aber nicht richtig entziffern. »Warum kann ich nicht hier bleiben?«
»Weil Sie eine spezielle medizinische Versorgung brauchen, für die wir hier nicht ausgerüstet sind.«
»Was denn für eine Versorgung?« Schwartz war wie betäubt, und er hatte das Gefühl, als entglitte ihm die Kontrolle über alles.
»Mir wurde gesagt, dass Sie in ein Krankenhaus mit einer Abteilung, die sich auf Vergiftungen spezialisiert hat, verlegt werden, wo die Bisswunde an Ihrer Ferse richtig behandelt werden kann.«
»Ist das wirklich nötig?«
»Auf jeden Fall.« Der Mann hielt ihm ein Klemmbrett mit einem Blatt Papier unter die Nase. »Sie müssen das hier überprüfen und unterschreiben, Sir.«
»Was ist das?«
»Ein Dokument, das Ihre Entlassung aus dem Chicagoer Memorial Hospital bestätigt. Es hat alles seine Richtigkeit, aber mir wäre es natürlich lieber, wenn Sie es lesen, bevor Sie unterschreiben.«
Schwartz nahm das Klemmbrett in die Hand. Er war noch schwach, aber nicht mehr so schwach wie in den vergangenen Tagen. »Ich fühle mich eigentlich schon besser.«
»Es freut mich, das zu hören.«
»Ich verstehe wirklich nicht, warum ich jetzt verlegt werden soll. Meiner Meinung nach hat die Behandlung gut angeschlagen.«
»Ich richte mich nur nach den Anweisungen, Sir. Alles, was ich weiß, ist, dass einige Tests durchgeführt wurden, die zeigen, dass das Gift in Ihrem Organismus noch zu gewissen Problemen führt.« Der Mann lächelte. »Ich bin sicher, dass es keinen Grund zur Sorge gibt.«
Schwartz versuchte, das Gesicht des Mannes genau zu erkennen. »Sind Sie Arzt?«
»Nein, Sir, ich arbeite in der Krankenhausverwaltung.« Der Mann verstummte. »Möchten Sie, dass ich Ihnen eine Kopie von den Testergebnissen vorlege,
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