... und dann bist du tot
zu Stunde besser zu werden schien, doch abgesehen davon fand sie es schwer, genau zu beschreiben, was sie empfand.
»Ich fühle mich sonderbar«, sagte sie auf der Heimfahrt zu Hugo.
»Wie meinst du das?«
Lally versuchte es in Worte zu fassen. »Zum Teil stehe ich noch unter Schock, weil alles so dramatisch war und so schnell ging.« Sie überlegte einen Moment. »Gleichzeitig bin ich verletzbar und ängstlich, weil ich vielleicht doch nicht ganz glaube, dass ein so einfacher Eingriff wirklich etwas so Lebensgefährliches in Ordnung bringen könnte.«
Hugo warf ihr einen Blick zu. »Aber dadurch ist jetzt alles wieder in Ordnung, Lally. Seit Dr. Ash dir den Herzschrittmacher eingesetzt hat, habe ich mich gut informiert. Das sind wunderbare, vollkommen zuverlässige Geräte.«
»Ich weiß.« Sie lächelte ihn an. »Ich versuche nur ehrlich zu sagen, was ich fühle.« Sie fuhr sich mit den Fingern durch ihr langes, dunkles Haar. »Ich kann es gar nicht erwarten, zu duschen und meine Haare zu waschen.«
»Deine Haare könnte ich dir ja waschen.«
»Vielleicht darfst du mir helfen, sie abzutrocknen.«
»Du bist zu gütig.«
Lally schaute aus dem Fenster und erfreute sich an dem Anblick der verschneiten Landschaft und der Schönheit der fernen Berge. »Ich weiß, es klingt dumm«, sagte sie leise, »aber in manchen Augenblicken fühle ich mich auch wie eine Heldin, und zwar, wenn ich daran denke, dass ich dem
Tod ins Auge gesehen habe. Dann bin ich euphorisch, als hätte ich Dope geraucht und Champagner getrunken.«
»Das hört sich für mich nicht dumm an«, sagte Hugo.
»Aber das Seltsamste von allem ist, dass ich es abwechselnd vergesse und mich dann mit einem Schlag daran erinnere, dass dieses Ding in meinem Körper eingebaut ist, dieses fremde Ding, das mein Herz antreibt ...«
»Es treibt dein Herz nicht an. Es stellt nur sicher, dass es richtig schlägt.«
»Ich weiß. Trotzdem.«
Zu Hause warteten zwei Blumensträuße auf Lally. Ein Strauß rosaroter Rosen von Hugo mit einer Karte, auf der stand, wie sehr er sie liebte, und ein Strauß Gartenwicken von Katy Webber, die ihr schrieb, dass sie ihr gute Besserung wünsche und ob sie etwas dagegen habe, wenn sie sie besuchte.
»Schau mich nicht so an.« Hugo sah Lallys vorwurfsvollen Blick. »Ich musste es einigen Leuten sagen. Immerhin wirst du einige Wochen keinen Unterricht geben können.«
»Vielleicht.«
»Bestimmt.« Er hob abwehrend die Hand. »Mach dir keine Sorgen. Ich habe es Joe nicht gesagt, obwohl ich noch immer der Meinung bin, dass er es wissen sollte.«
»Er wird es erfahren, wenn es mir besser geht«, sagte Lally entschieden, »und vorher nicht.«
»Das ist wahrscheinlich auch deine Sache.«
»Ganz richtig.« Lally schaute wieder auf die Blumen. »Ich muss die Blumen ins Wasser stellen.«
»Das mache ich schon. Du gehst nach oben und legst dich ins Bett.«
»Ich bin doch eben erst auf gestanden.«
»Dr. Ash sagte, du könntest nur nach Hause gehen, wenn du dich ausruhst, und damit meint er, dass du im Bett bleiben sollst.«
»Ich kann mich doch auf die Couch legen«, sagte Lally.
»Mit einem Kissen und einer Decke«, erwiderte Hugo kompromissbereit.
»Abgemacht.«
»Dann zieh dir etwas Bequemes an, während ich dir ein Stück von deinem Begrüßungskuchen abschneide.«
Lallys Augen strahlten. »Schokoladenkuchen?«
»Was denn sonst?«
Sie lag schon auf der Couch, als Hugo ihr ein Stück Kuchen und eine Tasse Kamillentee brachte. »Das ist heute Morgen für dich gekommen.« Er gab ihr ein in braunes Papier eingeschlagenes Paket.
Da auf dem Paket weder eine handgeschriebene noch eine gedruckte Adresse stand, musste es abgegeben worden sein. »Von wem ist es?«, fragte sie neugierig.
»Man hat mich gebeten, nichts zu sagen«, erwiderte Hugo. »Es wird wohl ein Geschenk sein.«
Lally hielt das Paket einen Moment fest und suchte nach Hinweisen. Es war rechteckig, ungefähr fünfundvierzig mal dreißig Zentimeter groß und fünf Zentimeter dick. Sie gab das Raten auf, riss das Papier auf und hielt einen braunen Karton in der Hand, den sie ungeduldig öffnete.
»Sei vorsichtig«, warnte Hugo. »Es könnte zerbrechlich sein.«
»Es ist ein Bild.« Lally riss die Augen auf. Vorsichtig zog sie es aus der Schachtel und sah, dass es ein auf Leinen gemaltes Bild von ihr war, das in einem matt polierten Holzrahmen steckte. Sie war barfuß und trug ein Balletttrikot und das Baumwollshirt, das sie oft zum Tanzen anzog. Ihr Haar war
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