... und dann bist du tot
außerdem sehr scheue Nachttiere, und daher wissen wir nicht allzu viel über sie. Wir nehmen an, dass ihr Gift größtenteils ein Verteidigungsmechanismus ist, denn im Gegensatz zu Schlangen töten sie ihre Beute sofort, indem sie sie mit ihrem Kiefer zerquetschen.«
»Das Gift ist also zweitrangig?«, hatte der Mann gefragt.
»Es ist das Trauma des Bisses, das tötet, das Gift folgt unwillkürlich. Diese Geschöpfe haben gewaltige Kiefer und Muskeln, und wenn man von ihnen gebissen wird, ist es wirklich schwierig, sie loszuwerden, weil sie festhängen und diese spitzen Zähne sehr scharf sind.«
Der Mann hatte die einzelne stämmige Eidechse in ihrem Glasbehälter angestarrt.
»Können sie einen Menschen töten?«, hatte er gefragt.
»Ich habe mir sagen lassen, dass sie schon einige getötet haben, aber gewöhnlich ist ein Biss nur verdammt schmerzhaft und macht die Menschen für eine Weile richtig krank.«
Der Mann ging ungeheuer besonnen mit seinen Gila-Monstern um. Aber er war bei allem immer sehr achtsam und auch geduldig. Er hatte sich jahrzehntelang in Geduld geübt, und nun war es damit vorbei. Es hatte begonnen.
Es hatte ihn weniger als achtundvierzig Stunden gekostet, sich den fertigen Entwurf für seine Rache komplett mit maßstabsgerechten Zeichnungen, mathematischen Berechnungen und Operationsentwürfen auszudenken. Ein Sommerwochenende hatte er sich Zeit genommen und sich mit allem, was er zur Inspiration brauchte, in dem Raum eingeschlos-sen. Er hatte sich mit Delikatessen von Kuhn eingedeckt, Champagner aus dem Hause Glunz gekauft, seine neue CD-Version von Siegfried eingelegt und sich gegenüber vom Terrarium niedergelassen, um die Sache anzugehen.
Es gab unzählige Möglichkeiten, viele verschiedene Wege, um sein Ziel zu erreichen. Jedes Teil, das in einen Herzschrittmacher gehörte, und jeder Millimeter des Schaltkreises waren ihm bestens vertraut. Er konnte alles so lesen und verstehen, wie ein Durchschnittsbürger die Zeitung oder Comics las oder fernsah. Und an diesem Sommerwochenende hatte sich der Mann erlaubt, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen, und hatte endlose Alternativen durchdacht, überlegt und verworfen, nach Perfektion, Reinheit und Tadellosigkeit gestrebt.
Und das hatte er gefunden.
Es war lächerlich einfach, wenn man erst einmal darauf kam.
Es stellte sich heraus, dass die zweite Etappe, die aktive Planung, fast ebenso schnell zu realisieren war. Ende August begann er damit, das Material zusammenzutragen, und Mitte September war alles auf seiner Werkbank in dem Raum an Ort und Stelle. Alles außer dem Plastiksprengstoff. Er wollte das Zeug nirgends in seiner Nähe haben, bis er anfangen konnte.
Hagen-Schrittmacher produzierte zu jener Zeit achthundert Schrittmacher im Monat, also zweihundert pro Woche. Die Erzeugnisse wurden wie immer in Serien von einhundert Stück unterteilt und jede Serie wiederum in drei Teile von dreiunddreißig Schrittmachern mit einem Testexemplar, das zur Sicherheit zur Seite gelegt wurde. Die ersten hundert Schrittmacher wurden zwischen Montagmorgen und Mittwochmittag hergestellt und die nächsten hundert Stück zwischen Mittwochmittag und Freitagabend.
Er hatte sich Pläne von weit größerer Komplexität ausgedacht, und seine Ausdauer ging so weit, dass ihn der Gedanke reizte, ganze Schrittmacher herzustellen, denn er vertraute auf seine Fähigkeit, perfekte Nachbildungen der echten Geräte anzufertigen. Aber er wusste nichtsdesto-trotz, dass Einfachheit am besten war, und daher hatte er seine Motivation gezügelt.
Dienstag- und Donnerstagabend wurde jede Woche eine bestimmte Anzahl von teilweise zusammengebauten Schrittmachern in der Produktionsabteilung zurückgelassen. Die Batterien waren bereits mit den Platinen verlötet, und diese mussten nur noch in die Titanhüllen gesteckt und verschweißt werden. Er hatte vor, eine bestimmte Anzahl der teilweise zusammengesetzten Geräte mit in seinen Raum zu nehmen, wo er die Batterien herauslöten und durch seine eigenen ersetzen wollte, die er speziell für seinen Zweck angefertigt hatte. Niemand würde ihn je zur Rede stellen, da seine Anwesenheit abends und manchmal auch spätnachts vom Sicherheitsdienst als selbstverständlich betrachtet wurde.
Er musste zugeben, dass seine eigenen winzigen Batterien genial waren - wahre Schönheiten. Manchmal hatte ihn während der Planung und Ausführung der unvernünftige Wunsch überwältigt, Ashcroft zu zeigen, was er tat. Der beste Kopf bei
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