... und dann bist du tot
das kein Beweis. Aufgrund von Jess und seiner aufrichtigen Sorge um Lally hatte der Commander verhältnismäßig wenig zu Joes Abstecher nach Massachusetts gesagt, aber Jackson war alles andere als erfreut darüber, dass er
Chris Webber erzählt hatte, was vor dem Rest des Landes geheim gehalten wurde.
»Was wissen Sie eigentlich über diesen Mann, Duval?«, fragte er Samstagabend.
»Sehr wenig«, gab Joe zu.
»Und dennoch haben Sie ihn der Polizei in Florida aufs Auge gedrückt.« Jacksons Ton war so weich wie üblich, enthielt aber einen unmissverständlich drohenden Unterton.
»Ich glaube, er kann ihnen helfen.«
»Und was ist, wenn er den falschen Leuten gegenüber plaudert?«
»Webbers einziges Interesse ist, meine Schwester zu finden, Commander«, erwiderte Joe. »Er hat sicherlich kein Interesse daran, seine Story zu verkaufen, und er würde sich weniger um andere Patienten sorgen, die in der gleichen Lage sind. Möglicherweise erinnert er sich an diese Dinge, wenn er Lally gefunden hat. Ich weiß nicht genug über ihn, um sicher sein zu können, aber jetzt in diesem Moment würde ich meine Hand dafür ins Feuer legen, dass er nichts anderes will, als uns helfen.«
Der Commander schaute Joe lange an.
»Wann haben Sie zum letzten Mal geschlafen?«
»Ich habe im Flugzeug ein Nickerchen gemacht.«
»Gehen Sie nach Hause. Sie sehen grauenhaft aus.«
»Das kann ich nicht.«
»Das ist ein Befehl, Duval.«
»Ich werde nicht schlafen können, Commander.«
»Wollen wir wetten?«
Joe ging nach Hause. Das Haus war ohne Jess und Sal einsam, und es schien plötzlich mit Erinnerungen an Lally voll gestopft zu sein. Die Fotos und die Bücher, die sie ihm geschenkt hatte, das Aquarell der Berkshires, das sie gekauft
hatte, damit ihm seine Heimat gut in Erinnerung blieb, die silbernen Kerzenleuchter, die sie ihm und Jess zu ihrem fünften Hochzeitstag geschenkt hatte. Er drückte auf die Fernbedienung und schaltete zwischen den Programmen hin und her. Auf einem Kanal wurde eine Comedy-Show wiederholt, die er sich ansah. Dann holte er eine Pizza aus der Tiefkühltruhe, wärmte sie in der Mikrowelle auf und trank dazu ein Bier. Normalerweise war das alles, was er brauchte, um die richtige Bettschwere zu erreichen, aber er wusste, dass er heute Nacht etwas mehr brauchen würde, wenn er ein wenig zur Ruhe kommen wollte. Daher kippte er noch einen Schuss Jack Daniels hinterher. Als die Comedy-Show endete, folgten Die roten Schuhe. Joe wusste, dass es einer von Lallys Lieblingsfilmen war. Plötzlich war er betrunken und trauriger als je zuvor in seinem Leben, und da niemand da war, schluchzte er ein wenig, saß einfach da, schaute auf den Bildschirm und schniefte wie ein kleines Mädchen.
Als der Abspann lief, wachte er auf. Es war schon nach zwei, und sein Kopf tat ihm weh. Mühsam quälte er sich aus dem Sessel, füllte ein Glas mit kaltem Wasser, trank es aus und rief dann im Krankenhaus an, um zu hören, wie es Jess ging. Anschließend rief er in Florida an, um sich nach Lally zu erkundigen, aber keiner hatte irgendwelche Neuigkeiten für ihn, und daher stieg er ganz langsam und schwerfällig die Treppe hinauf, zog sich aus, legte sich ins Bett und schlief wie ein Toter.
26. Kapitel
Sonntag, 24. Januar
C hris war sich in seinem ganzen Leben noch nie so nutzlos vorgekommen. Er hatte in den letzten Jahren geglaubt, dass seine Hilflosigkeit nicht größer hätte sein können, als er zugesehen hatte, wie sich Andrea durch den Alkohol immer mehr veränderte. Als er nun jedoch seit vierundzwanzig Stunden wie ein aufgescheuchtes Huhn durch den Süden Floridas rannte, Touristen beobachtete, in Autos starrte und seine Enttäuschung und Erschöpfung immer mehr Zunahmen, weil er wusste, dass es ebenso wahrscheinlich war, auf Lally Duval zu stoßen wie eine Schneeflocke zu sehen, war ihm seine Suche immer lächerlicher erschienen, und seine Verzweiflung wuchs von Stunde zu Stunde.
Chief Hankin hatte bei seinen Kollegen in Miami um Unterstützung bei der Jagd nach Lally nachgesucht, und daraufhin hatte Joe Duval die Polizei vor Ort gebeten, Chris am Freitagabend am Flughafen von Miami abzuholen. Die Beamten wussten schon, dass Hugo und Lally sich einen roten Pontiac Sunbird geliehen hatten, und jeder verfügbare Polizeibeamte von Miami bis Key West hatte eine Kopie der Wagenbeschreibung und Lallys Foto. Es wäre hilfreich gewesen, wenn jemand daran gedacht hätte, ihnen auch einen Schnappschuss von Barzinsky zu geben,
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