Und dann der Tod
Gott gut. Ich werde dich nicht belästigen, aber du wirst merken, daß ich da bin. Und eines Tages wirst du mich auch brauchen.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Schüttle nicht den Kopf. Genauso wird es kommen.«
»Kann sein. Aber nicht deshalb, weil du mich einschüchterst.«
»Ich schüchtere dich nicht ein. Ich sage dir nur, wie es ist.«
Er zögerte. »Ist es wegen Emily? Machst du mir noch Vorwürfe wegen Emily?«
»Nein, nicht mehr. Du wußtest ja nicht, daß sie nach Tenajo fuhr. Ich werfe dir nicht einmal mehr vor, daß du mich dorthin geschickt hast. Es war falsch, aber ich kann es verstehen. Immer wieder diese verdammten Prioritäten. Yael und du, ihr seid doch besessen davon.«
»Nicht mehr, als ich von dir besessen bin.«
»Ich möchte nicht, daß jemand von mir besessen ist. Ich bin selbst besessen genug.« Womöglich auch von Kaldak. Er dominierte ihr Leben seit dem Augenblick, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war.
»Glaubst du etwa, ich rede von einer perversen Fixierung? Wir passen gut zueinander.«
»Du meinst in sexueller Hinsicht.«
»Ja, zum Teufel, aber auch darüber hinaus. Und das weißt du genau.« Er zögerte. »Du … bedeutest mir viel. Ich will nicht, daß du wieder aus meinem Leben verschwindest. Ich möchte bei dir bleiben, mit dir zusammenleben.«
Und sie wollte bei ihm bleiben. Die Erkenntnis kam plötzlich und deutlich. Sie wollte Kaldak mehr als alles andere, das sie in ihrem Leben gewollt hatte. Aber sie konnte ihn nicht haben.
Noch nicht. Vielleicht nie. »Und willst du mit mir über Nakoa reden?«
Er erstarrte. »Was meinst du damit? Ich habe dir von Nakoa erzählt.«
»Aber du hast mir nichts von deiner Frau und deinem Sohn erzählt. Du hast mir nichts von David Gardiner erzählt. Und erzähl mir nicht, daß du nicht mehr dieser Mann bist. Jeder ist mit einer Seele geboren, aber unsere Erfahrungen machen uns zu dem, was wir sind. Ich kenne Kaldak. David Gardiner kenne ich nicht. Ich habe es verdient, beide zu kennen. Ich gebe mich nicht mit weniger zufrieden.«
Er schwieg einen Moment. »Ich werde es dir erzählen.«
»Aber du willst nicht sprechen. Um Himmels willen, glaubst du vielleicht, ich möchte Geständnisse aus dir herauszwingen?
Ich wünsche mir einfach, daß du in der Lage bist, die Vergangenheit loszulassen. Wenn du zu mir kommst und mir sagst, daß du soweit bist, dann besteht vielleicht die Hoffnung, daß wir –« Sie erhob sich. »Das führt jetzt zu gar nichts. Es ist alles noch zu frisch.«
»Ich weiß, daß du etwas für mich empfindest. Bleib dabei und laß uns alles klären.«
»Ich weiß gar nicht, was ich empfinde im Moment. Ich bin traurig und wütend und dankbar, aber ich –«
»Ich will nicht deine Dankbarkeit. Ich möchte, daß du – Aber ich nehme auch mit deiner Dankbarkeit vorlieb, wenn du damit einverstanden bist.«
»Es ist zu früh.« Sie ging zur Tür. »Ich komme nicht damit klar. Ich komme mit dir nicht klar, Kaldak.«
»Dadurch, daß du wegläufst, wirst du es nicht lernen.«
»Ich laufe nicht weg. Ich habe noch einige Dinge zu erledigen.
Ich fahre wieder nach Collinsville und arbeite weiter mit dem CDC zusammen, um sicherzugehen, daß sie ein Gegenmittel haben für den Fall, daß diese verdammte Anthrax-Mutation irgendwo wieder auftaucht. Ich muß zum Krankenhaus und mich um Josie kümmern. Dann fahre ich nach Kanada zu der Ranger-Station, wo Tom und Julie ihren Wagen abgestellt haben, und werde darauf warten, daß sie aus den Wäldern herauskommen. Das könnte jetzt jeden Tag der Fall sein.« Sie holte Luft, um ihre Stimme zu beruhigen.
»Ich muß dort sein, um ihnen von Emily zu berichten. Ich laufe nicht weg. Mein Leben geht weiter, Kaldak.«
»Meins nicht. Noch nicht. Aber ich werde mir Mühe geben.
Laß mir einfach ein bißchen Zeit, und ich werde es schon schaffen.« Brüsk fügte er hinzu: »Jetzt geh, verschwinde hier.
Aber du kannst dich darauf verlassen, daß wir uns später wiedersehen werden.«
Sie ging hinaus.
Sie liebte ihn, und sie ließ ihn allein zurück. In dem Moment, wo er so einsam war. Was sollte ein Mann tun, wenn die Besessenheit, die ihn jahrelang angetrieben hatte, verschwand?
Sie wollte zurückgehen und ihm sagen – Nein, es war noch zu früh für sie beide. Es gab noch zu viel Schmerz und Reue, die sich nicht an einem Tag überwinden ließen. Vielleicht später.
Wenn es ein Später gab.
Epilog
Scharf stellen.
Abdrücken.
»Wir müssen aufhören, Tante Bess«, sagte Julie
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