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Und dann der Tod

Und dann der Tod

Titel: Und dann der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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einem fremden Planeten gedacht.«
    Er blinzelte. »Ich fasse es nicht. Haben Sie etwa gerade einen Witz gemacht?«
    Sie hatte einen Witz gemacht. Unglaublich. Sie hatte sich nicht nur über die Situation amüsiert, sondern sich auch noch entspannt genug gefühlt, mit Kaldak darüber zu scherzen. »Eine momentane Schwäche.«
    Er verzog das Gesicht. »Keine Sorge, Sie werden schon nicht zuviel Gefallen an mir finden. Zu viele Ecken und Kanten.«
    Ecken und Kanten, eine beunruhigende Auffassungsgabe und beinahe so etwas wie Besessenheit – er besaß all diese Dinge.
    Für einen Moment hatte er Schwäche gezeigt, hatte sich aber blitzschnell wieder gefangen. Sie war verrückt gewesen zu glauben, er wäre auf irgendeine Weise verletzlich.
    »Nehmen Sie Platz. Ich hole das Besteck.« Kaldak stellte die dampfenden Teller auf den Tisch. »Es ist nicht sehr nahrhaft, aber genießbar, und außerdem haben Sie seit gestern nichts gegessen. Auf der Fahrt vom Flugplatz hierher habe ich Ihren Magen knurren gehört.«
    »Es ist unhöflich, das zu erwähnen.«
    »Es wäre unhöflicher, Ihnen nichts zu essen zu geben.«
    Sie war wirklich hungrig. Dennoch, irgend etwas stimmte mit dieser Realität nicht. Wenn man Sorgen hatte oder deprimiert war, sollte der Körper eigentlich aufhören, seine Grundbedürfnisse einzufordern.
    Er kam mit dem Besteck und den Servietten wieder und setzte sich ihr gegenüber. »Langen Sie zu.«
    Sie nahm die Gabel in die Hand. »Hat Ihre Mutter das immer gesagt?«
    »Das sind meine Kanten. Manches ist tief verwurzelt.
    Manches lernt man allein.«
    Aber seine Tischmanieren waren tadellos. »Lebt Ihre Mutter noch?«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie ist schon lange tot. Genau wie mein Vater. Was ist mit Ihren Eltern?«
    »Meine Mutter starb, als Emily und ich noch klein waren.
    Mein Vater kam bei einem Autounfall ums Leben, als ich fünfzehn war.«
    »In dem Alter ist es besonders schlimm, ein Elternteil zu verlieren.«
    »Zum Glück hatte ich Emily. Sie studierte Medizin und hatte eine Wohnung in der Stadt. Wir haben Tyngate verkauft, das Haus, in dem wir aufgewachsen sind. Sie hat mich dann zu sich geholt.«
    »Gab das keine Probleme?«
    Sie verzog das Gesicht. »Ein paar. Ich war nicht gerade ein ausgeglichenes Kind und vermißte Tyngate. Zu Anfang hatte sie es ziemlich schwer mit mir, aber wir haben uns zusammengerauft.«
    »Tyngate«, wiederholte er. »Das klingt wie ein Landgut.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es war einfach nur ein großes altes Haus am Fluß. Nichts Besonderes.«
    Er musterte sie aufmerksam. »Aber Sie haben es geliebt?«
    »Klar. Ich vermisse es manchmal immer noch. Aber Emily hatte recht, wir mußten wegziehen. Es ist falsch, sich an der Vergangenheit festzuklammern.«
    »Erzählen Sie mir von diesem Tyngate.«
    »Wie gesagt, es war nichts Besonderes. Aber gemütlich. Wir hatten einen Steg und ein Boot. Ich weiß nicht, warum es mir so viel bedeutet hat.« Sie blickte auf ihren Teller. »Also, ich habe einmal Katherine Hepburns Autobiographie gelesen, und Tyngate war so was wie der Ort, an dem sie aufgewachsen ist.
    Es war auf eine Art … einmalig. Emily und ich haben als Kinder viel Schönes erlebt. Wir sind geschwommen, haben gesegelt und ein Baumhaus gebaut. Ich habe mich dort immer sicher gefühlt. Egal wie kompliziert und merkwürdig die Welt um uns herum wurde, Tyngate blieb immer so sicher … und unschuldig.«
    »Unschuld ist Mangelware heutzutage. Sie hätten das Haus behalten sollen.«
    Sie hob die Schultern. »Wir hatten nicht viel Geld, und Emily hatte genug Probleme damit, uns beide durchzubringen. Nein, sie hatte recht.« Sie hatte schon lange nicht mehr an Tyngate gedacht und fühlte plötzlich Wehmut. »Aber jedes Kind sollte die Möglichkeit haben, an einem Ort wie Tyngate aufzuwachsen. Das sollte in der Verfassung verankert werden.«
    »Schreiben Sie Ihrem Kongreßabgeordneten«, erwiderte Kaldak. »Die sind immer bereit, sich der Dinge anzunehmen, die mit Kindern zu tun haben. Das ist nämlich politisch korrekt.
    Trinken Sie Ihre Milch. Das ist auch politisch korrekt.«
    Sie war froh, daß er das Thema wechselte. Erinnerungen an Tyngate waren immer mit Emily verknüpft, und sie verstärkten nur die Besorgnis, die sie empfand. »Ich trinke ja schon. Und hören Sie endlich auf, mich herumzukommandieren.«
    »Ich möchte nicht mein Image zerstören, indem ich höflich bin.«
    Er sagte das, ohne zu lächeln, und sie brauchte eine Weile, bis sie begriff, daß es witzig

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