Und dann der Tod
hockte neben ihr.
Gott im Himmel, sie wollte nicht, daß irgend jemand sie in diesem Zustand sah. »Nein. Nichts ist in Ordnung. Gehen Sie.«
»Ich hab’s versucht. Es hat nicht geklappt.« Er setzte sich hin und schlug die Beine übereinander. »Also muß ich irgend etwas unternehmen.«
»Warum? Es geht Sie nichts an. Es wird schon wieder werden.«
»Ist es Tenajo?«
»Haben Sie Schuldgefühle? Nein, es hat mit Tenajo nichts zu tun.«
»Esteban?«
»Glauben Sie im Ernst, ich würde diesen Hurensohn so nah an mich heranlassen?« Sie kniff die Augen fest, um die Tränen zurückzuhalten. »Würden Sie mich jetzt bitte allein lassen?«
»Nein, wenn Sie so weitermachen, wird keiner von uns schlafen. So wie Sie zittern, werden Sie sich noch das Steißbein auf den harten Fliesen brechen.« Mit einer sanften Geste schob er ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie fühlte sich daran erinnert, wie er Josie berührt hatte. »Ich glaube, Sie müssen mit mir reden, Bess.«
»Ich denke nicht dran.«
»Erzählen Sie mir von Danzar.«
Sie erstarrte. »Was?«
»Danzar. Das haben Sie gemurmelt, als ich Sie geweckt habe.«
Sie befeuchtete ihre Lippen. »Warum haben Sie dann nach Tenajo gefragt?«
»Ein Ausschlußverfahren.«
»Wie analytisch.«
»Verzeihung, so bin ich nun mal.« Er sah sich in dem hellerleuchteten Bad um. »Und meine Analyse der Situation ergibt, daß dies hier nicht der geeignete Ort ist, um sich zu entspannen.« Er stand auf, beugte sich hinab und half ihr auf die Füße. »Ins Bett.«
»Was?«
»Keine Sorge, ich habe gemeint, was ich gesagt habe.
Entspannung«. Er trug sie zum Bett und setzte sie ab. »Nicht Sex.«
Sie sah ihn erstaunt an. »Ich habe auch nicht angenommen, daß Sie etwas anderes gemeint haben.«
»Ich weiß, ich wollte einfach nur irgendeine Bemerkung machen, um Sie abzulenken.« Er deckte sie sorgfältig zu.
»Mir ist klar, daß ich kein ausgesprochenes Sexualobjekt bin.
Es sei denn, Sie fahren auf Dracula ab. Solche Frauen soll es ja tatsächlich geben.« Er stand auf und schaltete das Badezimmerlicht aus.
Es wurde dunkel im Schlafzimmer.
Er setzte sich neben sie und berührte ihren Arm. »Sie zittern immer noch, aber es wird schon besser.«
»Dann können Sie ja jetzt gehen.«
»Nicht nach all der Mühe. Ich möchte das heute nacht nicht noch einmal erleben. Ich brauche meinen Schlaf. Reden Sie mit mir. Vorher verschwinde ich nicht. Liegt Danzar in Kroatien?«
»Ja.«
»Wie lange sind Sie dort gewesen?«
»Drei Monate.«
»Ich habe nie von Danzar gehört.«
»Es war ein winziges Dorf.«
»War?«
»Ich nehme an, es ist immer noch da.«
»Sie wissen es nicht?«
»Sie haben es jedenfalls nicht abgebrannt.«
»Was haben sie damit gemacht?«
Die Babys …
»Was haben sie gemacht, Bess?«
»Ich will nicht darüber reden.«
»Stellen Sie sich einfach vor, ich wäre Emily.«
»Ich habe mit Emily nicht über Danzar gesprochen.« Die Einzelheiten hatte sie niemandem erzählt. Nicht einmal dem Seelenklempner im Krankenhaus von Sarajevo. Warum sollte sie es Kaldak erzählen?
»Weil es mir nichts ausmacht. Ich bin für Sie letztlich ein Fremder.« Er las schon wieder ihre Gedanken. »Es wäre, als würden Sie mit sich selbst reden. Was haben sie gemacht, Bess?«
Blut. So viel Blut …
»Sagen Sie es mir.«
»Die Babys …«
»Was für Babys?«
»Es gab da ein … Waisenhaus. Ich machte gerade eine Fotoreportage über die Kriegswaisen und kam nach Danzar. Das Waisenhaus war überfüllt, aber die Kinder … Ich bin immer wieder verblüfft, wie glücklich Kinder trotz aller widrigen Umstände sein können. Gibt man ihnen was zu essen, ein Bett und Gesellschaft, lächeln sie einen an. Es gab da einen kleinen Jungen. Niko. Er war höchstens drei. Er folgte mir überallhin, während ich fotografierte. Er war so –« Sie unterbrach sich. Es dauerte ein bißchen, bis sie fortfahren konnte. »Ich fuhr wieder hin. Zuerst dachte ich, es sei wegen der Story, und dann dachte ich, ich wollte einfach nur etwas Gutes tun. So viele Paare in Amerika können keine Kinder bekommen, und wenn sie die Fotos sähen … Bis mir schließlich klar wurde, daß Niko der Grund war. Ich hatte überhaupt kein Recht, ihn adoptieren zu wollen. Alles war falsch. Ich war allein, ich war ständig auf Reisen, aber dennoch wußte ich, daß ich ihn bei mir haben wollte. Er gehörte zu mir. Ich fing mit dem Papierkram an.«
Die Hunde jaulten.
»Und haben Sie ihn adoptiert, Bess?«
»Nein.«
»Warum
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