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Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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alle in der gleichen Situation. Wir können nur auf unser eigenes Wort vertrauen.»
    Er beugte sich vor.
    «Sie haben alle immer noch nicht begriffen, in welch seltsamer Lage wir uns befinden. Nach meinem Dafürhalten können wir nur auf eine einzige Art vorgehen. Ist jemand unter uns, den wir auf Grund der uns vorliegenden Beweise von jeglichem Verdacht freisprechen könnten?»
    Sofort meldete sich Dr. Armstrong zu Wort.
    «Ich bin ein bekannter Arzt. Die bloße Vorstellung, ich stünde im Verdacht…»
    Wieder unterbrach die Handbewegung des Richters einen Redner, bevor er seine Ausführungen beendet hatte. Richter Wargrave sagte mit seiner leisen, klaren Stimme:
    «Auch ich bin eine bekannte Persönlichkeit! Aber, mein sehr geehrter Herr, das beweist gar nichts! Auch Ärzte können dem Wahnsinn anheim fallen. Es gibt Richter, die verrückt geworden sind. Und», er schaute zu Blore hinüber, «auch Polizisten wurden schon wahnsinnig!»
    «Wie dem auch sei», warf Lombard ein, «die Frauen nehmen Sie doch wohl davon aus.»
    Der Richter zog die Brauen hoch. Seine Stimme hatte jenen ätzenden Klang, den man bei Gericht so gut von ihm kannte, als er fragte:
    «Verstehe ich Sie richtig? Wollen Sie behaupten, Frauen wären frei von Mordgelüsten?»
    Irritiert erwiderte Lombard: «Natürlich nicht. Aber trotzdem scheint es kaum möglich…»
    Er brach abrupt ab. Richter Wargrave wandte sich mit unverändert leiser, säuerlicher Stimme an Armstrong:
    «Ich nehme doch an, Dr. Armstrong, dass eine Frau kräftemäßig dazu fähig gewesen wäre, dem armen MacArthur den tödlichen Schlag zu versetzen?»
    «Absolut», antwortete der Arzt gelassen, «vorausgesetzt, sie benutzt das passende Instrument, einen Gummiknüppel oder einen Totschläger zum Beispiel.»
    «Es würde also keine übermäßig große Kraftanstrengung erfordern?»
    «Überhaupt nicht.»
    Richter Wargrave reckte seinen Schildkrötenhals.
    «Die beiden anderen Todesfälle wurden durch das Verabreichen von Gift verursacht», erinnerte er sie. «Das hätte natürlich, und das wird niemand bestreiten, auch eine Person mit ganz geringen Kräften tun können.»
    «Ich glaube, Sie sind verrückt!», rief Vera wütend.
    Er drehte langsam den Kopf, bis seine Augen auf ihr ruhten. Er musterte sie mit dem leidenschaftslosen Blick des Mannes, der gewohnt ist, die menschliche Natur in der Waagschale der Justiz zu wiegen.
    «Er sieht mich nur als – als Exemplar einer Gattung. Und», der nächste Gedanke überraschte sie, «er mag mich nicht besonders.»
    In ruhigem Ton sagte der Richter gerade: «Liebes Fräulein, bitte beherrschen Sie sich. Ich beschuldige Sie doch gar nicht.»
    Mit einer Verbeugung wandte er sich an Miss Brent: «Ich hoffe, Sie sind nicht gekränkt, Miss Brent, wenn ich darauf bestehe, dass jeder von uns gleichermaßen unter Verdacht steht?»
    Emily Brent strickte. Sie sah nicht hoch. Mit eisiger Stimme sagte sie:
    «Die Vorstellung, mich der Tötung eines Mitmenschen zu beschuldigen – und gar der von drei Menschen – ist selbstverständlich völlig absurd für jeden, der mich und meinen Charakter kennt. Aber ich sehe ein, dass wir Fremde füreinander sind und dass unter den gegebenen Umständen keiner von uns ohne glasklare Beweise davonkommt. Wie ich bereits sagte, ein Teufel ist unter uns.»
    «Dann sind wir uns einig», stellte der Richter fest. «Ausnahmen allein auf Grund von Charakter oder Beruf wird es nicht geben.»
    «Und was ist mit Rogers?», wollte Lombard wissen.
    «Was soll mit ihm sein?»
    Der Richter sah ihn ungerührt an.
    «Also, meiner Ansicht nach scheidet Rogers so ziemlich aus.»
    «Tatsächlich? Und aus welchem Grund?»
    «Zum einen, weil er nicht schlau genug dafür ist, und dann, weil seine Frau zu den Opfern gehört.»
    Wieder zog der Richter die Augenbrauen hoch:
    «Zu meiner Zeit, junger Mann, habe ich mehrfach mit Menschen zu tun gehabt, die des Mordes an ihrer Ehefrau angeklagt waren – und für schuldig befunden wurden.»
    «Ganz Ihrer Meinung. Gattenmord ist sehr gut möglich, liegt schon fast in der Natur der Sache!», schnaubte Blore. «Aber nicht dieser Mord! Ich könnte mir vorstellen, dass Rogers seine Frau umbringt, weil er Angst hat, sie würde zusammenbrechen und ihn verraten, oder weil er sie plötzlich nicht mehr mag, oder weil er sich mit einer kleinen, süßen Maus, die weniger Haare auf den Zähnen hat, zusammentun will. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er dieser wahnsinnige Owen ist, der in seinem

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