Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Vertrauen, Blore, und weil wir beide sowieso bald das Gras von unten sehen werden – Sie haben sich doch damals diesen kleinen Meineid geleistet, stimmt’s?»
    Unbehaglich trat Blore von einem Bein aufs andere.
    «Kommt jetzt sowieso nicht mehr drauf an», knurrte er. «Was soll’s. Also, Landor war tatsächlich unschuldig. Die Bande hatte mich in der Hand, und unter uns gesagt, haben wir ihn dann für eine Weile aus dem Verkehr gezogen. Ich sage Ihnen das jetzt aber wirklich nur so ehrlich, weil…»
    «… weil es hier keine weiteren Zeugen gibt», vollendete Lombard grinsend. «Alles bleibt unter uns. Hoffentlich hat es sich wenigstens für Sie gelohnt.»
    «Hab nicht rausgeholt, was ich hätte rausholen müssen. Ein mieser Haufen, die Purcell-Bande. Aber ich hab meine Beförderung gekriegt.»
    «Und Landor wurde zu Zwangsarbeit verurteilt und starb im Knast.»
    «Ich konnte ja nicht wissen, dass er sterben würde, oder?», erwiderte Blore.
    «Nein, das war eben Ihr Pech.»
    «Mein Pech? Sie meinen wohl eher seins.»
    «Ihres auch. Weil, so wie es aussieht, Ihr Leben als Folge davon unerwartet früh enden wird.»
    «Wie bitte?» Blore starrte ihn entgeistert an. «Glauben Sie etwa, dass man mit mir das Gleiche wie mit Rogers und den anderen machen kann? Nicht mit mir! Ich kann ganz gut auf mich aufpassen, das sage ich Ihnen.»
    «Ich wette nicht gern», sagte Lombard. «Und wenn Sie tot sind, zahlt mir sowieso keiner was.»
    «Und was wollen Sie sagen, Mr. Lombard?»
    Philip Lombard lächelte und entblößte seine Zähne.
    «Mein lieber Mr. Blore, ich meine, dass Sie nach meinem Dafürhalten keine Chance haben!»
    «Was?»
    «Ihr Mangel an Vorstellungskraft macht Sie zu einer wandelnden Zielscheibe. Ein Verbrecher mit der Fantasie eines U.N. Owen kann jederzeit, wenn er – oder sie – es will, die Jagd auf Sie eröffnen.»
    Blores Gesicht lief puterrot an.
    «Und wie sieht’s mit Ihnen aus?», fragte er mit wuterstickter Stimme.
    Philip Lombards Gesicht wurde hart und gefährlich.
    «Ich kenne mich selbst ziemlich gut. Ich saß schon öfter in der Klemme und bin immer wieder herausgekommen! Ich glaube – mehr will ich dazu nicht sagen –, aber ich glaube, auch aus dieser werde ich wieder herauskommen.»
     

V
     
    In der Bratpfanne brutzelten die Eier. Vera toastete das Brot und hing ihren Gedanken nach.
    «Warum habe ich mich bloß mit diesem hysterischen Auftritt lächerlich gemacht? Das war ein Riesenfehler. Bleib ruhig, Vera, bleib ganz ruhig.»
    Auf ihren kühlen Kopf war sie doch immer so stolz gewesen!
    Miss Claythorne war wundervoll – behielt klaren Kopf – schwamm ohne Zögern sofort hinter Cyril her.»
    Warum fiel ihr das ausgerechnet jetzt ein? Das alles war vorbei – vorbei… lange bevor sie den Felsen erreichte, war Cyril schon verschwunden. Sie hatte gespürt, wie die Störung sie erfasste und in die offene See hinaustrug. Sie hatte sich treiben lassen – war mit ruhigen Zügen geschwommen, getragen vom Wasser – bis das Boot sie schließlich erreichte…
    Alle hatten sie für ihren Mut und ihre Kaltblütigkeit gelobt…
    Alle außer Hugo. Hugo hatte sie einfach nur angesehen…
    Gott, wie weh es, selbst jetzt noch, tat, an Hugo zu denken…
    Wo war er? Was machte er? War er verlobt – verheiratet?
    «Vera, der Toast verbrennt», sagte Emily Brent scharf.
    «Entschuldigen Sie, Miss Brent. Wie dumm von mir!»
    Emily Brent hob das letzte Ei aus dem zischenden Fett.
    Vera steckte ein frisches Stück Brot auf die Toastgabel. «Sie sind bewundernswert ruhig, Miss Brent.»
    «Ich wurde dazu erzogen, mich zu beherrschen und kein Theater zu machen», sagte Emily Brent und presste die Lippen zusammen.
    Vera dachte automatisch: «Als Kind unterdrückt… das erklärt einiges…» Laut fragte sie: «Haben Sie keine Angst?»
    Sie hielt kurz inne. Dann fügte sie hinzu: «Oder macht es Ihnen nichts aus zu sterben?»
    Sterben! Wie ein kleiner spitzer Nagel bohrte sich dieses Wort in Emily Brents feste, erstarrte Hirnmasse. Sterben? Aber sie würde doch nicht sterben! Die anderen – ja, die würden sterben – aber nicht sie, Emily Brent. Dieses Mädchen hatte keine Ahnung! Selbstverständlich hatte Emily keine Angst – kein Brent hatte je Angst gehabt. Ihre ganze Sippe hatte in der Armee gedient. Sie hatten dem Tod ohne mit der Wimper zu zucken ins Auge geblickt. Hatten ein aufrechtes Leben geführt, so wie sie selbst, Emily Brent, ein aufrechtes Leben geführt hatte… Sie hatte noch nie etwas

Weitere Kostenlose Bücher