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Und dann gabs keines mehr

Und dann gabs keines mehr

Titel: Und dann gabs keines mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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etwas Kleinholz zum Feuermachen bringen?»
    Die Spuren, die die Hand des Arztes auf ihrer Wange hinterlassen hatten, stachen rot hervor.
    Als sie in der Küche verschwand, sagte Blore: «Das haben Sie gut gemacht, Doktor.»
    «Es musste sein.» Aus Armstrongs Stimme klang Bedauern. «Hysterie ist das Letzte, was wir hier brauchen können.»
    «Sie ist eigentlich kein hysterischer Typ», sagte Lombard.
    «Nein», erwiderte Armstrong. «Überhaupt nicht. Sie ist eine ganz normale, vernünftige junge Frau. Es war nur der plötzliche Schock. Das könnte jedem passieren.»
    Rogers hatte schon einiges an Holz gehackt, bevor er erschlagen wurde. Sie sammelten es auf und trugen es in die Küche. Vera und Emily Brent arbeiteten konzentriert. Miss Brent kratzte die Asche aus dem Herd, Vera schnitt die Schwarte vom Schinken ab.
    Emily Brent bedankte sich für das Holz.
    «Danke sehr. Wir machen, so schnell es geht – sagen wir, eine halbe bis dreiviertel Stunde. Das Wasser muss erst noch kochen.»
     

IV
     
    Exinspektor Blores Stimme klang heiser, als er sich an Philip Lombard wandte:
    «Wissen Sie, was ich glaube?»
    «Da Sie es mir gleich sagen werden, lohnt es sich nicht zu raten.»
    Exinspektor Blore war ein ernster Mann. Ironie war nichts für ihn.
    «Es gab da einen Fall in Amerika», fuhr er ungerührt fort. «Ein alter Mann und seine Frau – beide mit der Axt erschlagen. Am helllichten Vormittag. Niemand im Haus außer der Tochter und dem Dienstmädchen. Das Dienstmädchen konnte es nicht gewesen sein, wie sich herausstellte. Die Tochter war eine respektable Jungfer vorgerückten Alters. Es schien völlig unwahrscheinlich. So unwahrscheinlich, dass sie freigesprochen wurde. Aber sie fanden nie eine andere Erklärung.» Er hielt inne. «Das fiel mir wieder ein, als ich die Axt sah – und später, als ich in die Küche gekommen bin und sie da so ruhig und gelassen arbeiten gesehen hab. Nicht aus der Ruhe zu bringen! Das Mädchen mit ihrem hysterischen Anfall – das ist normal, das ist, was man erwarten würde. Glauben Sie nicht auch?»
    «Kann sein», antwortete Lombard lakonisch.
    Blore schwatzte weiter.
    «Aber die andere! So adrett und stramm mit ihrer Schürze – die hat bestimmt mal Mrs. Rogers gehört –, und wie die das gesagt hat: ‹Das Frühstück ist in einer halben Stunde fertig.› Wenn Sie mich fragen, die Frau hat nicht mehr alle Tassen im Schrank! Viele alte Jungfern werden so. Nicht dass die sich aufs Morden in großem Stil verlegen, das meine ich nicht, die werden einfach nur gaga im Kopf. Und jetzt hat es die erwischt, leider. Religiöser Wahn – glaubt, sie wär Gottes Werkzeug oder so ähnlich! Und hockt in ihrer Kammer und liest die Bibel, stellen Sie sich das mal vor.»
    «Das ist noch lange kein Beweis für einen verwirrten Geist, Blore», seufzte Lombard.
    Aber Blore schwatzte unbeirrt und schwerfällig weiter:
    «Und dann war die draußen, in ihrem Regenmantel, das Meer anschauen – das hat sie jedenfalls gesagt.»
    Sein Gegenüber schüttelte den Kopf.
    «Rogers wurde getötet, während er Holz hackte – das heißt, gleich nachdem er aufgestanden war, ganz früh am Morgen. Miss Brent hätte anschließend nicht stundenlang draußen herumlaufen müssen. Wenn Sie mich fragen, hätte der Mörder von Rogers alles daran gesetzt, gemütlich im Bett zu liegen und selig zu schnarchen.»
    «Sie übersehen das Wichtigste, Mr. Lombard», schnaubte Blore. «Wenn diese Frau unschuldig wäre, hätte sie viel zu viel Angst, um alleine draußen herumzuspazieren. Das tut sie doch nur, wenn sie weiß, dass sie nichts zu befürchten hat. Das heißt, wenn sie selbst die Täterin ist.»
    «Ein Punkt für Sie», gab Lombard zu, «ja, daran habe ich noch nicht gedacht.»
    Mit der Andeutung eines Grinsens fügte er hinzu: «Ich bin froh, dass Sie mich nicht mehr verdächtigen.»
    «Ich hatte Sie tatsächlich erst in Verdacht», gestand Blore etwas beschämt, «der Revolver – und die komische Geschichte, die Sie erzählt – oder besser – nicht erzählt haben. Aber jetzt weiß ich, dass das alles wirklich ein bisschen zu offensichtlich war.» Er hielt inne. «Hoffentlich denken Sie das Gleiche über mich.»
    «Ich kann mich natürlich irren», sagte Philip nachdenklich, «aber meinem Gefühl nach haben Sie für so was nicht genug Fantasie. Ich kann nur sagen: Sollten Sie der Täter sein, dann sind Sie ein verdammt guter Schauspieler, und ich ziehe vor Ihnen den Hut.» Er senkte die Stimme. «Ganz im

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