Und dann kam Ute (German Edition)
zuckte zusammen. Zum einen weil mein Auge wirklich weh tat, zum anderen weil Ute über meinem Schoß kniete und ihre wohlgeformten Brüste unter ihrem dünnen weißen T-Shirt vor meiner Nase baumelten. Das sah nicht nur verdammt gut aus, das roch zu allem Überfluss auch noch wie die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt. Verdrängung und Ablenkung taten jetzt not. Ich versuchte krampfhaft, den Blick nach oben zu richten, doch da sah ich nur, wie zwei vorwitzige hellbraune Strähnen in ihren langen schmalen Nacken fielen. Das sah leider auch sehr sinnlich aus, und meine Synapsen fingen an zu rotieren. Ein weiteres Problem bahnte sich an: Mein ganzes Blut machte sich auf den Weg Richtung Pilgerstab. In einem Anflug von mittelschwerer Panik schloss ich die Augen und zwang mich, an Tante Mias knüppeldicke Krampfadern zu denken, vor denen ich mich als kleiner Junge immer so gefürchtet hatte. Gleichzeitig versuchte ich unbemerkt, ihren süßen Hintern mehr in Richtung Hüftknochen zu verlagern, damit sie meine drohende Erektion nicht gleich zu spüren bekam.
«Halt doch mal still! Zappel nicht so rum. So werde ich ja nie fertig!»
Mit Nachdruck rückte sie ihren anbetungswürdigen Arsch wieder direkt über das tosende Auge des Hurrikans. Ich starb tausend qualvolle Tode. Mein vermatschtes Auge war mir mittlerweile scheißegal. Das Großhirn kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen sämtliche aufsteigenden Säfte. Wenn nicht gleich ein Wunder geschah, würde ich in den nächsten Sekunden gnadenlos auffliegen. Es war zwecklos. Meine rechte Hand meuterte als Erstes und schob sich keck unter ihr T-Shirt Richtung Nippel. Ermutigt durch diesen zivilen Ungehorsam, flutschte auch die linke Pranke fordernd in ihre hintere Jeanstasche. Ich erschrak selbst über diesen wahnwitzigen Vorstoß und rechnete mit drastischen Sanktionen. Ute reagierte prompt: Sie ließ den Tupfer fallen und fing an, mich heftig zu küssen. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, aber ich wehrte mich verständlicherweise nicht.
Wir fielen fordernd übereinander her. Alle Dämme brachen. Eine Monsterwelle der Lust erfasste uns wie zwei willenlose Schiffbrüchige und warf uns in einen Ozean der Leidenschaft: Hände, Lippen, Arme, Haut, heftiges Keuchen. Völlig gedankenfrei versanken wir ineinander und erlebten eine Innigkeit, in der es nur noch unsere beiden verschmolzenen Körper gab. Der Rest der Welt war nicht eingeladen und verschwand schemenhaft im feuchten Nebel der lustvollen Hingabe.
Zwei unendlich lange Stunden später lagen wir immer noch fiebrig und eng umschlungen auf Sivkwist. Schwedischer Kunstfaserteppich, neunundsechzig Euro.
Völlig verwirrt und ungläubig fragte ich vorwurfsvoll: «Ute, wie konntest du das nur zulassen?»
Sie kicherte fröhlich.
«Weiß ich auch nicht. Ich war machtlos. Es fühlte sich einfach zu gut an.»
Dann stand sie auf, zog sich ihr Shirt über und machte uns in der Küche was zu essen. Begeistert schaute ich ihr durch die offene Tür zu. Ich konnte es nicht glauben! Hier saß ich alter Schwerenöter also im Wohnzimmer einer – zugegebenermaßen sehr attraktiven – Waldorfpädagogin und war auf Wolke 7!
Es dauerte nicht lange, und der Teufel meines Unterbewusstseins, ein gewisser Herr Schweinehund, klingelte höchstpersönlich an meine Glückspforte: «Sach mal, Herr Schröder, was gibt das denn hier? Sind wir hier bei Rosamunde Pilcher? Fahren wir ab morgen Volvo Kombi? Ferien auf dem Biohof?»
Ich brüllte innerlich zurück: «Verpiss dich, du Wichser. Lass die Frau in Ruhe. Das machst du mir nicht kaputt.»
Herr Schweinehund blieb ungerührt: «Oh, die große Lovestory. Rührend, mir kommen die Tränen! Bist du jetzt völlig irre? Mann, wo ist der harte Cowboy, der freie Adler, der unbezwungene Berglöwe? Mach dich doch nicht lächerlich. Du eierst ja jetzt schon rum wie ein kastrierter Schmusekater. Wie erbärmlich!»
Ute kam mit ein paar Broten aus der Küche zurück. Sanft setzte sie sich zu mir auf das Sofa und küsste neckisch meinen Hals.
«Na, mein kleiner Schmusekater? Jetzt tut’s doch schon nicht mehr ganz so weh, oder?»
Ach du Scheiße. Ihre Worte trafen mich wie ein Faustschlag in den Magen. Ich zuckte zusammen und rückte ein wenig von ihr ab. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich musste hier weg, aber schnell! Das war nicht meine Welt. Ich wollte kein Schmusekater sein und nach einer scharfen Nummer ein laktosefreies Käseschnittchen mit Ei-Ersatz serviert bekommen.
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