und das Geheimnis der Tuerme
sobald sie aufgewacht war. Trotzdem wollte sie unbedingt wissen, was in der letzten Nacht geschehen war.
Zu Mum jedoch sagte sie: »Ich denke, sie sind einfach nur todmüde, nach all den Nächten im Campingwagen. Dort haben sie bestimmt nicht viel Schlaf bekommen. Den holen sie jetzt nach. Mach dir keine Sorgen, Ottalie. Hier, trink erst mal einen Kaffee.« Sie reichte Mum eine Tasse.
»Wo Charles nur bleibt«, sagte Mum und setzte sich an den Küchentisch.
»Charles rief eben an, um zu sagen, dass er unterwegs ist. Er muss auch ziemlich erschöpft sein«, sagte Grandma. »Er arbeitet sehr hart.«
»Er muss noch einige Bilder fotografieren«, meinte Mum. »Und es wäre schön, wenn er bis Freitag fertig wäre, wenn Anne und ihre Familie kommen.«
»Das wird er bestimmt schaffen«, erwiderte Grandma beruhigend. »Alles wird gut, du wirst schon sehen.« Trotzdem wanderte sie weiter ruhelos durch den Raum.
Das schwarze Notizbuch
Charles Smythson fuhr so schnell es ging nach Cantrip Towers zurück.
Ich muss mein Notizbuch unbedingt wiederhaben, dachte er, schaltete zurück und nahm eine enge Biegung der kurvenreichen Landstraße. Was habe ich mir nur dabei gedacht, es überhaupt mitzunehmen? Sie dürfen es nicht finden. Sie dürfen einfach nicht …
Er bretterte die Auffahrt von Cantrip Towers hinauf und kam mit quietschenden Reifen vor dem Haus zum Stehen.
Dad öffnete gerade die Haustür, als er aus dem Wagen stieg. »Charles!«, rief er ihm gutgelaunt zu. »Wie geht’s? Was macht die Kunst?«
»Guten Morgen, Colin«, erwiderte Charles mit zusammengebissenen Zähnen. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war ein Schwätzchen, das ihn aufhielt. Die Schwestern konnten das Notizbuch jede Minute entdecken …
Dad sah Charles prüfend an. »Alles okay, alter Freund? Du siehst etwas blass aus.«
»Hatte eine unruhige Nacht«, sagte Charles und lächelte schwach.
»Du kannst es sicher kaum erwarten, deine Arbeit endlich abzuschließen«, vermutete Dad. »Beinahe am Ziel, he?«
»Ja«, stimmte Charles zu. »Beinah.«
»Nun, es ist schön, dass du bei uns bist«, sagte Dad. »Wir alle genießen die Zeit mit dir sehr. Seit du hier bist, sehen wir unser altes Haus mit ganz neuen Augen. Ich hoffe wirklich, die Arbeit hier wird deine Karriere voranbringen.«
Charles blickte in Dads freundliche braune Augen und einen Moment lang fragte er sich, wie er sich diesem Mann und seiner Familie gegenüber dermaßen gemein verhalten konnte. Colin Cantrip war einer der nettesten, anständigsten Männer, denen er je begegnet war. Und er, Charles, hatte ihn hintergangen, hatte versucht, seinen Töchtern zu schaden, hatte sogar seine Magie gegen sie eingesetzt und gegen Colins Mutter. Er war mitten in der Nacht in sein Haus eingebrochen. Er hatte versucht, das Familiengeheimnis zu lüften, und – und das war das Schlimmste von allem – er hatte Glenda Glass jedes noch so kleine Detail brühwarm weitererzählt. Was sie mit diesen Informationen anstellen würde, konnte er nur mutmaßen, aber sie würde auf jeden Fall ihre eigenen heimtückischen Interessen wahren.
Charles sah erneut Dad an. Colin war als Cantrip das genaue Gegenteil von Glenda. Sie trug keinen Funken Freundlichkeit oder Anstand in sich. Er besaß beides im Überfluss.
Charles sah die Besorgnis in Dads Augen. Vielleicht sollte ich reinen Tisch machen und ihm alles erzählen, dachte er. Vielleicht sollte ich ihm von der Magie im Haus erzählen. Vielleicht sollte ich ihm erzählen, wie außergewöhnlich seine Töchter sind. Vielleicht sollte ich ihn vor Glenda warnen …
Er wollte etwas sagen – gestehen, sich entschuldigen –, aber die Worte blieben ihm im Halse stecken.
Es war Glendas Stimme, die sich in seinem Hinterkopf Gehör verschaffte. Ihre Drohungen ließen ihn davon Abstand nehmen, sich Colin anzuvertrauen.
»Danke, Colin«, sagte er deshalb nur und senkte den Blick, weil er sich außerstande fühlte, ihm in die Augen zu sehen.
Dad wartete einen Moment ab. Dann sagte er: »Gut, wenn du meinst, dass wirklich alles in Ordnung ist.«
»Ja, ja«, erwiderte Charles und riss sich zusammen. Er lächelte sein strahlendes Lächeln. »Alles bestens.«
»Wir sehen uns dann nachher, ich bin eine Weile in der Stadt, um mich mit ein paar Geschäftspartnern zu treffen«, sagte Dad und ging zu seinem Wagen.
Charles betrat das Haus durch die Vordertür. Sein erster Impuls war, die Treppe hinauf ins Turmzimmer zu laufen, aber er wusste, dass
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