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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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werden.
    Aber ich eile voraus … Du bist so ein wichtiger Teil meines Lebens gewesen, dass ich nur zu leicht vergesse, dass wir uns nie kennen gelernt haben. Du musst sehr verwirrt sein. Ich würde mich entschuldigen, wenn es mir Leid täte, aber ich gebe unum-wunden zu, dass ich keinerlei Gewissensbisse habe.
    Es ist, als beobachtete man jemanden, der ein seltsam geformtes Geburtstagspäckchen bekommt.
    Allein schon die zu erwartende Verblüffung macht die Hälfte des Spaßes aus, besonders wenn man weiß, wie entzückt der Empfänger sein wird, wenn er endlich sieht, was darin ist. Meine Verpackung ist komplizierter als üblich, das stimmt schon, aber schließlich habe ich auch noch nie etwas so Kompliziertes verpackt. Wie wickelt man seine Vergangenheit ein? Wie verpackt man die Zukunft? Ich habe mein Möglichstes getan.
    Aber genug der Rätsel, Dimity, sonst rauft Lori sich tatsächlich noch vor Frust die Haare aus! Also weiter. Sitzt du auch bequem, Liebes? Hast du dir eine Tasse Tee gemacht? Nun, dann fangen wir an.
    Deine Mutter war die allerbeste Freundin, die ich je hatte. Wir lernten uns im Spätherbst 1940 in London kennen, wo ich eine bescheidene Bürokraft im Kriegsministerium war und sie eine bescheidene Bürokraft im Vorzimmer des Generals. Damit meine ich natürlich General Eisenhower, aber ehe du übermäßig beeindruckt wirst, wiederhole ich das Wort »bescheiden«. Wir waren zwei winzige Rädchen in einer riesengroßen Maschine. Das einzig Reizvolle daran lag darin, dass wir jung waren und wussten, dass wir eines der größten Abenteuer unseres Lebens zu bestehen hatten. Ich betrachte es als einen großen Glücksfall, dass ich diese Zeit mit deiner Mutter teilen durfte. Eine bessere Freundin hätte ich mir nicht wünschen können. Ich vermute, dass dir die Geschichte unseres Zusammentreffens bekannt vorkommen wird.
    Hin und wieder hatte ich einen freien Tag, und an einem solchen Tag beschloss ich, in den Zoo zu gehen. Aus irgendeinem Grund wollte ich wissen, was der Krieg dort für Auswirkungen hatte. Ich war so neugierig, dass mir der lange Umweg, den man damals nehmen musste, nichts ausmachte, auch nicht die Tatsache, dass Regen vorhergesagt war. Diese Vorhersage sollte sich auch prompt be-wahrheiten, als ich durchs Tor trat. So schnell ich konnte, steuerte ich auf den nächsten Dachvor-sprung zu, und dabei stieß ich auf deine Mutter.
    Das meine ich wörtlich, denn ich rannte sie tatsächlich um. Es war mir so peinlich, dass ich am liebsten im Erdboden versunken wäre, aber Beth tat etwas sehr Außergewöhnliches. Von unten her sah sie mich einen Augenblick an – und dann fing sie an zu lachen. Und plötzlich wurde auch mir das Ab-surde der Situation bewusst: Was waren schon ein bisschen Regen und ein kleiner Zusammenstoß, verglichen mit dem Krieg, der um uns tobte? Zu lachen war die einzig vernünftige Reaktion. Ich half ihr aufzustehen und lud sie zum Trocknen in meine Wohnung ein. Über einer Kanne Tee verplauderten wir den ganzen Abend – den ersten von vielen, die noch folgen sollten. Wir kamen uns schnell sehr nahe, etwas, das in dieser Zeit nichts Seltenes war.
    So fing unsere Freundschaft an, mit Gelächter. Beth konnte jeder Situation noch etwas Komisches abge-winnen, und nach kurzer Zeit in ihrer Gesellschaft konnte ich es auch. Wie du dir denken kannst, war das im Krieg eine unschätzbare Gabe, aber es hat mir auch später, im »normalen« Leben, immer geholfen. Beth hat mir damit ein großes Geschenk gemacht, und dafür stehe ich bis heute in ihrer Schuld.
    Als der Krieg vorüber war und deine Mutter nach Hause geschickt wurde, begleitete ich sie zum Schiff. Vielleicht ahnten wir beide, dass es das letzte Mal sein würde, dass wir uns sehen würden. Es war nicht einfach, in dieser Situation noch etwas zum Lachen zu finden, aber wir schafften es. Als wir uns der Gangway näherten, drohte Beth damit, einen neuen Krieg vom Zaun zu brechen, wenn ich ihr nicht schriebe, und deshalb schwor ich, um den Weltfrieden nicht zu gefährden, eine treue Korrespondentin zu sein.
    Ich war es, und Beth war es auch. Lange Briefe, kurze Nachrichten, Postkarten – trotz des Meeres, das zwischen uns lag, kamen wir uns persönlich noch näher als während der Zeit, da wir in derselben Stadt gewohnt hatten. Wir sprachen oft davon, uns zu besuchen, aber wir haben es nie getan. Jetzt wundere ich mich darüber, aber damals schien es mir nicht weiter seltsam. Wenn ich jetzt zurückbli-cke, dann kommt es

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