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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Schließlich sah ich aus dem Fenster und betrachtete die Wolken, die vom Mond beleuchtet wurden. Ich stellte mir vor, wie Willis senior prüfend seine neue Landkarte ansah, vielleicht würde er einen der Jurastudenten bitten, ihm das eine oder andere Buch aus der kleinen Bibliothek oben zu holen. Als ich an sein Abschiedsgeschenk für mich dachte, lächelte ich, und noch mehr musste ich lächeln, als ich mir die präzi-se Beschreibung ins Gedächtnis rief, die so typisch für ihn war: »Eine topografische Karte … sie gibt die natürlichen Konturen und Erhebungen in der Umgebung des Hauses wieder.«
    Die natürlichen Konturen und Erhebungen …
    Mit einem schnellen Blick auf Bill vergewisserte ich mich, dass er noch schlief, dann langte ich in meine Tasche und nahm das Foto heraus. Ich ärgerte mich, dass ich nicht schon eher daran gedacht hatte.
    Eine kleine Lichtung auf einem Hügel, von dem man ein weites Tal überblickte. Jenseits des Tals eine Hügelkette, alle Erhebungen ziemlich ebenmä-
    ßig und von gleicher Höhe. Aufgeregt nahm ich mir nun die topografische Karte vor. Wenn die Lichtung in der Nähe des Hauses war, dann müsste es ein Kinderspiel sein, sie zu finden.
    Das Problem war nur, dass das Haus mitten in den Cotswolds stand, folglich war es von Hügeln und Tälern umgeben. In der kurzen Unterweisung durch Willis senior hatte ich jedoch nicht genug gelernt, um einen Hügel von dem anderen unterscheiden zu können. Sowie ich die Karte entfaltet hatte, merkte ich, dass es mindestens ein Dutzend Orte gab, die der Landschaft auf dem Foto entspra-chen. Ich brütete über den Konturlinien, als ob ich ihnen durch bloßes Anstarren ihr Geheimnis entlo-cken könnte. Plötzlich schreckte mich Bills Stimme aus meinem Nachdenken auf.
    »Planst du eine Wanderung?«, fragte er und sah voller Interesse auf die Karte. Noch vor zwei Tagen hätte ich ihn angefahren und ihn gebeten, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Jetzt hob ich die Karte an, damit er sie besser sehen konnte.
    »Ein Abschiedsgeschenk von deinem Vater«, er-klärte ich.

    »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Und hast du es geschafft, dabei ernst zu bleiben?«
    »Mehr oder weniger. Na ja, ich meine, man soll doch lächeln, wenn man ein Geschenk bekommt, nicht wahr?«
    »Ich wünschte, wir hätten eine versteckte Kamera in seinem Büro installiert. Ich hätte alles darum gegeben, sein Gesicht zu sehen, als er seine Karte entdeckte.«
    »Danke, dass du daran gedacht hast, sie in sein Büro zu schmuggeln.« Ich faltete die topografische Karte zusammen und versuchte, mich an die Rede zu erinnern, die ich mir in der vergangenen Nacht zurechtgelegt hatte. »Und, Bill, wegen dem Rahmen. Ich wollte dir noch sagen, dass …«
    »Was ist das denn?« Bill faltete gerade seine Decke zusammen, als er sich bückte und etwas vom Boden aufhob. Als er wieder hochkam, hatte er das Foto in der Hand. »Gehört es dir?«
    Ich nickte, viel zu erschrocken über meine Un-achtsamkeit, als dass ich ein Wort herausgebracht hätte.
    »Es muss heruntergefallen sein, als du die Karte zusammengelegt hast. Sehr hübsch. Wo ist es?«
    »In England«, sagte ich. »Es ist … ein Ort, wo meine Mutter im Krieg einmal war.«
    »Die Aufnahme muss dir viel bedeuten«, sagte Bill. »Ich habe die Fotoalben meiner Mutter oben in meinem Zimmer, und ab und zu sehe ich sie mir an. Tust du das auch?« Er gab mir das Foto. Zusammen mit der Karte verwahrte ich es wieder in meiner Tasche und schloss den Reißverschluss, ehe ich antwortete.
    »Nein«, erwiderte ich in einem Ton, der die meisten Leute davon abhalten würde, weiterzuforschen.
    »Für mich war es anfangs auch schwer«, sagte er.
    »Ich war gerade zwölf geworden und im Internat, als ich es erfuhr – sie wurde von einem Bus angefahren und war sofort tot. Das ist einer der Gründe, warum Vater nichts von öffentlichen Transportmit-teln hält.« Er sah mich von der Seite an. »Das habe ich mir jetzt nicht ausgedacht, weißt du.
    Es ist nie leicht, einen Elternteil zu verlieren«, fuhr er fort, »aber in dem Alter …« Er strich die Falten der Decke glatt. »Das war die Zeit, als ich Edmunds Kuppel zu meinem Reich erklärte. Ich hoffte wohl irgendwie, dass ich sie, wenn ich nur lange genug durch das Teleskop sähe, vielleicht finden würde.«
    Er öffnete seinen Sitzgurt. »Übrigens, danke fürs Zudecken. Es wäre dumm, mit einer Erkältung in England anzukommen.« Er stand auf und

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